Fliegenfischen in allen Bereichen erleben, heißt es bei Bastian Ortner. Hier im ANGLERBOARD wurde Elmar Elfers auf den talentierten Instrumentenbauer aufmerksam. Denn er zupft die Saiten einer ganz bestimmten Gitarre. Was Whisky, ein Kneipentresen oder auch Lachshaut damit zu tun hat, verrät er hier.

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Elmar Elfers (E.E.): Bevor wir zur Gitarre kommen, erst mal die Frage: Wann hat Dich das Fliegenfischen in seinen Bann gezogen?


Bastian Ortner (B.O.): Das hat schon relativ früh angefangen. Eigentlich direkt nachdem ich den Angelschein gemacht hatte, also im Alter von zwölf Jahren. Im Familienurlaub in Irland fischte ich das erste Mal mit der Fliege. Ich besaß ein günstiges Fliegenruten-Set und versuchte die Wurftechnik aus meinem Lehrbuch umzusetzen. Mit mäßigem Erfolg, aber sehr viel Spaß an der Sache. Etwas später konnte ich im Schwarzwald dann die ersten Forellen mit der Fliege fangen. Etwas ausgefeilter wurde die Sache, nachdem ich mit meinen Freunden Johannes und Leon einen Fliegenfischer-Kurs besuchte. Mit der richtigen Technik und mehr Know-how machte das Ganze umso mehr Spaß.
Generell besitzt das Fliegenfischen einfach eine ganz eigene Ästhetik, die mich fasziniert. Die Reduktion auf das Wesentliche und der direkte Kontakt zum Element Wasser und dem Fisch selbst sind einzigartig.

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Bastian lebt das Fliegenfischen in allen Bereichen

E.E.: Dein Beruf ist Instrumentenbauer. Baust Du auch anderes als Gitarren?


B.O.: Ja, ich baue tatsächlich eine relativ große Bandbreite an Instrumenten. Von Akustikgitarren, über Ukulelen bis zu Bassgitarren. Als Customshop, der viele Instrumente nach Kundenwunsch fertigt, stellen wir auch Instrumente her, die es standardmäßig gar nicht gibt. Zum Beispiel Gitarren mit zusätzlichen Saiten oder Hybrid-Instrumente aus Bass und Gitarre. Ein weiteres Projekt von mir sind Gitarren aus Zigarrenkisten, sogenannte Cigar Box Guitars. Dabei ist auch schon eine Drehleier aus einer Angelrolle und einer Kaviardose entstanden.
Abseits vom Beruf baute ich natürlich auch schon das ein oder andere aus dem Angelbereich. So zum Beispiel eine Rute und verschiedene Köder. Gerne auch aus ungewöhnlichen Materialien, wie Fliegen aus alten Gitarrensaiten.

E.E.: Jetzt zu dem schicken Teil, das ich im ANGLERBOARD sah. Wann entstand die Idee?

B.O.: Die Grundidee war, eine Gitarre zu bauen, die meine persönlichen Interessen und Vorlieben in einem Instrument vereint. Es sollte eine Gitarre werden, die klanglich in Richtung Blues geht und vom Material und Design eine Geschichte erzählt. Deshalb ist die Gitarre auch komplett aus Hölzern gefertigt, die schon einmal verbaut wurden. Ein echtes Upcycling-Instrument.

Hochwertige Handarbeit mit besonderen Materialien .jpg

Hochwertige Handarbeit mit besonderen Materialien

E.E.: Du hast den Korpus aus einem Whiskyfass gebaut. Wie kamst Du darauf?

B.O.: Kurz vor dieser Gitarre entstanden bei uns in der Firma bereits drei Instrumente aus einem alten Apfelweinfass. Das Fassholz hat mich dabei wirklich überzeugt, da es von sehr hoher Qualität und durch die intensive Nutzung auch bestens „abgelagert“ ist. Deshalb kam für mich, als Whisky-Liebhaber, eigentlich nur ein Single Malt-Fass infrage. Der Bezug zu Schottland und somit zum Lachs tat sein Übriges.

Eine Blue Dun im Gitarrenhals.JPG

Eine Blue Dun im Gitarrenhals

E.E.: Spannend finde ich auch das Material, das Du für den Hals ausgesucht hast.

B.O.: Das war ein sprichwörtlicher Zufallsfund. Es handelt sich dabei um einen Mahagoni-Tresen aus einer Kellerbar. Er kam zum Vorschein, als ich meinen Vermietern half, ihre Garage auszuräumen. Ein wirklich tolles Stück Holz, dass natürlich perfekt zum Whisky-Thema passte. Das Griffbrett des Halses besteht wiederum aus Räuchereiche. Das Eichenholz, welches von einem Tisch stammt, wird durch das Räuchern dunkler und wirkt sehr edel.

E.E.: Die sogenannte Decke besitzt doch sicher auch eine eigene Geschichte, oder?

B.O.: Sogar eine sehr interessante. Die Decke besteht aus Sitka-Fichte, die aus Alaska stammt. Dort werden aus den Fichten große Lachsfallen gebaut. Und genau aus solch einer Lachsfalle wurde diese Decke geschnitten. Da das Holz lange im Wasser lag, „reifte“ es auf ganz besondere Art. Im Instrumentenbau wird es als Sinker Wood bezeichnet und besitzt außergewöhnlich gute akustische Eigenschaften. Der Bezug zur Fischerei gab natürlich den endgültigen Ausschlag, diese Decke zu verwenden. Außerdem brachte sie mich auf die Idee, die Inlays für die Gitarre aus Lachshaut zu fertigen. Das erschien zwar nicht ganz einfach, aber ich wollte es unbedingt versuchen. Und die fertige Optik entschädigte für alle Mühen.

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Liebe zum Fliegenfischen-Detail

E.E.: Bieten die Hölzer, die verbaut wurden, besondere Eigenschaften für den Gitarrenbau?

B.O.: Auf jeden Fall. Man arbeitet im Instrumentenbau immer nur mit sehr gut abgelagerten Hölzern von bester Qualität. Verwendet man Hölzer, die bereits verbaut wurden, kann man davon ausgehen, dass das Holz vollständig getrocknet ist und nur noch wenig arbeitet. Das ist besonders relevant, da wir es bei einer Akustikgitarre mit Materialstärken von nur zwei bis drei Millimeter zu tun haben. Fassholz erfährt außerdem, wie das schon erwähnte Sinker Wood der Decke, durch die Nutzung eine ganz spezielle Reifung, die es leicht und sehr resonant werden lässt.

E.E.: Wie wurde die Lachshaut für das Inlay bearbeitet?

B.O.: Für das Inlay verwendete ich fertig gegerbtes Lachsleder. Da Fischleder aber doch etwas empfindlicher und dünner als normales Leder ist, verleimte ich die Rückseite mit einem Holzfurnier. Dadurch wurde es stabil genug um den Ring für das Schallloch und die anderen Einlagen zu schneiden. Das Ganze war allerdings dennoch eine recht aufwendige Sache, die mehrere Stunden an Zeit beanspruchte. Das Schallloch, wie auch die Decke, wurde außerdem mit einem Zierstreifen im sogenannten Fischgrät-Muster eingefasst. Zu guter Letzt versiegelte ich das Leder mit einer Schicht Kunstharz, um es zu schützen und schleifbar zu machen.

E.E.: Und was hat es mit der Fliege im Inlay auf sich?


B.O.: Damit wollte ich den Bogen zum Fliegenfischen schlagen. Whiskyfass, Schottland, Lachs – da gehört doch Fliegenfischen einfach dazu! Außerdem ist die Fliege, sozusagen „hinter Glas“ im Griffbrett eingelassen, noch ein tolles optisches Highlight. Die Wahl der Blue Dun hatte dann tatsächlich optische Gründe, da sie ideal mit dem Lachsleder harmoniert.

Die fertige Gitarre, hinter der die spannende Geschichte der Entstehung steht.JPG

Die fertige Gitarre, hinter der die spannende Geschichte der Entstehung steht

E.E.: Erinnerst Du Dich noch an das erste Stück, das Du auf der Gitarre gespielt hast?

B.O.: Ja, das müsste „Lady in Black“ von Uriah Heep gewesen sein. Der Klassiker für Gitarrenanfänger. Dann kam glaube ich „Knockin' on Heaven's Door“ von Bob Dylan. Kürzlich habe ich einen Sampler mit Liedern zum Thema Angeln zusammengestellt. Davon müsste ich mir passend zur Gitarre noch ein paar beibringen.

Bereits andere Projekte mit Angelbezug entstanden .JPG

Bereits andere Projekte mit Angelbezug entstanden

E.E.: Planst Du noch weitere Projekte?

B.O.: Unbedingt! Ein elektrische Gitarre aus den gleichen Hölzern ist auf jeden Fall noch geplant, sozusagen das rockige Schwester-Instrument. Aber je nachdem welche interessanten Hölzer und Materialien mir noch über den Weg laufen, wird es bestimmt weitere Instrumente in dieser Richtung geben!

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Fliegen aus Gitarrensaiten

E.E.: Ich danke Dir für das informative Gespräch!

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Abschalten und ein wenig die Saiten zupfen

Mehr über den fliegenfischenden Instrumentenbauer und Kontaktdaten findet Ihr hier:
Bastian Ortner
Internet: www.blues-bones.de
E-Mail: bastian@blues-bones.de
Internet: www.stollguitars.de
E-Mail: bastianortner@stollguitars.de
Fotos: Bastian Ortner