Reisebericht: Vindelfjäll September 2016

Debilofant

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Zwischendurch kam dann plötzlich wieder eine mir schon bekannte Geräuschkulisse ins Spiel, ja richtig, ein hinter mir über dem Wald recht tief fliegender Hubschrauber, den ich allerdings mit dem Wald im Rücken nicht unmittelbar zu Gesicht bekomme. Was dieser Lärm allerdings nun schon am frühen Morgen sollte bzw. sich ca. 20 Minuten später gar noch einmal in entgegengesetzter Flugrichtung wiederholen sollte, war mir vorerst nicht ganz klar. Wie ich später dann beim Passieren der Tärnasjöstugorna vom Hüttenwirt während eines Smalltalks erfuhr, war es diesmal ein Rettungshubschrauber, der eine ältere deutsche Touristin mit gebrochenem Unterarm ausflog, die sich zeitig auf den Weg in Richtung Syterstugan gemacht hatte und schon auf den ersten paar hundert Metern auf einer Holzbohle ausgerutscht war...

Derweil verfolge ich halt den weiteren Verlauf des Lichtspektakels über dem Westufer des Tärnasjön bzw. mitten im Herzen des Vindelfjälls.

Lights on the Hill


A Noise Severe


The Gloaming


Turn on the Bright Lights
 

Debilofant

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Gegen ca. 9:45 Uhr neigt sich mein Zwischenaufenthalt am See dann dem Ende entgegen, da natürlich die 4. Etappe auf der Tagesordnung stand und die Zeitspanne mit sattem Morgenlicht bei immer höher steigender Sonne und zunehmend aufheiterndem Himmel ohnehin fast vorüber war. Von daher gibts hiermit auch den Abschluss der Bildserie aus der Morgensession vom Zeltplatz.

Fire and Ice


Descending Inner Light


As the Light does the Shadow


Windows and Walls

Die 4. Etappe mit dem Ziel Servestugan sollte schon kurz hinter der von meinem Übernachtungsplatz nicht mehr allzu weit entfernten Tärnasjöstugorna einen knackigen Anstieg bis über die Baumgrenze hinaus als nicht zu knappe Frühsporteinheit bereit halten und sich dann die meiste Zeit des Tages über eine leicht gewellte Hochebene hinziehen. Zum Abschluss wartet dann hinter dem sog. "Elchsee" ein weiterer Anstieg über einen Pass, von dem aus es dann nur noch gut zwei Kilometer Entfernung bis zur Servehütte sind.
 

Debilofant

Well-Known Member
@ Andy: Tack så mycket! Dieser Morgen am Tärnasjön war mit Sicherheit auch eines von mehreren Highlights der Tour, denn von den Rahmenbedingungen her stimmte an diesem Morgen einfach so ziemlich alles. Hätte vom Wetter her aber auch komplett "ausfallen" können, denn mit dem Schmuddelwetter vom Vorabend und nur wenige Stunden/Minuten zuvor aus der Nacht hätte es halt weiterhin nur grau und trostlos ausgeschaut.

... Fortsetzung:

Zurück auf dem Kungsleden hole ich zunächst einmal die gestern liegen gelassenen Meter zur Tänsjostugorna recht schnell wieder auf, denn mein Zeltplatz lag von dieser nur noch einen guten Kilometer weit entfernt. Auf dem Weg dorthin sehe ich von einer der wenigen Waldlichtungen aus erste sich auf dem Tärnasjön auftürmende Schaumkrönchen, sprich der Wind hatte schon wieder zugenommen. Dafür schaffte es die Sonne immer häufiger durch die abziehenden Wolken und just in dem Moment, als ich die kleine Waldlichtung passiere, auch auf den Weg, also zum ersten Mal an diesem Tag sogar direkt auf meine Nase.

Etappenstart bei zunehmendem Sonnenschein ...


... und zunehmend frischer, inzwischen für Schaumkrönchen sorgender Briese

Noch vor Erreichen der Tärnasjöstugorna fliegt mir mitten im Wald ein leuchtend orangefarbenes Pummelchen
a025.gif
über den Weg, das sich für eine ganze Weile auf einer Distelblüte niederlässt. Ja, richtig gelesen, Mitte September blühen in Lappland auch noch ein paar Disteln und es schwirrt und schlürft hier und da auch noch die ein oder andere dicke Hummel durch die Gegend, und nein, ich hatte keinen Schlaf mehr in den Augen bzw. infolge der vielmehr weitgehend schlaflosen Nacht auch keine sonstigen Wahrnehmungsstörungen oder mir nunmehr als tagträumenden Ersatz gar ein unidentified flying object zusammenfabuliert. Die nachträgliche Recherche ergab aufgrund der leuchtend orangefarbenen Rückenpelz -und auch Hinterleibspartie (nach meinem Dafürhalten), dass mir da (und auch im weiteren Verlauf der Tour noch desöfteren) eine Mooshummel (Bombus muscorum) begegnet ist.

Eine zottelige Bumblebee ...


... namens Mooshummel (på svenska: Mosshumla)

An der Tärnasjöstugorna mache ich nur einen kurzen Stopp und vergesse während des mit dem Hüttenwirt geführten Smalltalks doch glatt, dass ich eigentlich auch dort noch kurz zum direkt am Seeufer gelegenen Saunahäuschen hinuntergehen wollte. Das habe ich irgendwie total verdaddelt, aber nun gut, Bilder vom Tärnasjö hatte ich ja eigentlich schon am frühen Morgen genug geschossen. Da war der Bedarf an weiteren Bildern vom Tärnasjön-Ufer wohl schon unbewusst gestillt.
 
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Debilofant

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Hinter der Tärnasjöstugorna heißt es dann rechts abbiegen, obwohl das in Anbetracht der dort verlaufenden Wege gar nicht mal so eindeutig auszumachen ist, denn relativ dicht neben dem Kungsleden verläuft rechts von der Hütte zunächst auch noch ein anderer Weg weiter nach Norden den Tärnasjön entlang, auf dem man Ammarnäs ebenfalls erreicht, sofern man das Ammarfjäll komplett umrunden oder erst deutlich später kurz vorm Ammarfjäll rechts abbiegen und unmittelbar an dessen Südflanke laufen möchte. Mit dem Rechtsschwenk beginnt auch gleich der recht lange Anstieg in Richtung Osten, der nicht mehr nur durch reinen Birkenwald, sondern durch zunehmend bunt gemischten Laubwald mit u.a. rot bzw. zwischendurch rotgrün/rotgelb verfärbten Ebereschen führt.

The Autumn Red


Eberesche in der Farbvariante "Sunburst" ...


... als Durchgangsstadium

Den Einstieg zum Anstieg habe ich der in sattem Gelb und Grün leuchtenden und zudem tunnelartig anmutenden Überdachung wegen auch gleich mit abgelichtet, wobei es mir trotz wiederholter Rechercheversuche und diverser zu Rate gezogener Bestimmungsbücher bis heute leider nicht gelungen ist herauszufinden ab51, was das eigentlich für eine Baumart ist, deren eiförmig geformte Blätter mit sowohl ziemlich glatter Oberfläche als auch relativ glatten Blatträndern sich im Herbst von Quietschgrün nach Quietschgelb verfärben. Diese Bäume gibt es dort zwar nicht im Massen, aber an den Berghängen stehen sie eben doch regelmäßig in nennenswerter Stückzahl. Ich tendiere zu irgendeiner Traubenkirschenart, aber wie gesagt, irgendwie stimmte das von mir gesichtete Vergleichsmaterial mit den von mir gesichteten Bäumchen nicht so wirklich überein. Vielleicht kennt sich von den Mitlesenden ja jemand besser damit aus und wäre so freundlich, das für mich bislang nicht zu knackende Rätsel hier aufzulösen.

In the Woods ...

Weiter oben sind in der Waldüberdachung dann immer öfter auch ein paar einzelne Sichtfenster "eingebaut", durch die hindurch man die Baumwipfel des in diesem Bereich auffallend bunt gemischten Laubwalds zusammenhängend überblicken kann und auch ein letztes Mal ein Stück vom Tärnasjön sieht.

Bye, bye Tärnasjön
 
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Debilofant

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Für den steilsten Teil des Anstiegs brauche ich einschließlich 10-minütiger Fotopause immerhin eineinhalb Stunden und laufe anschließend bei nur noch moderatem Steigungswinkel auch noch eine weitere Stunde durch den Wald. Dort begegne ich links des Weges einer weiteren Eberesche, die mir mit ihrem vollroten Herbstkleid inmitten des Birkenwaldes als zudem etwas freier stehendes Exemplar nur so ins Auge sticht. Aus der germanischen Mythologie ist immerhin bekannt, dass die Eberesche dem Gott des (Donner)Wetters, Thor, das Leben gerettet hat und insgesamt als heiliger Baum verehrt wurde. Dass es diese Verehrung auch bzw. schon zuvor bei den Sami gab bzw. noch immer gibt, welche die Eberesche als Weltenbaum zwischen Dies- und Jenseits verehrten, und die alten Germanen die Verehrung dieses Baumes damit letztlich von den Sami übernommen hatten, ist dagegen nicht abschließend verifiziert, wird aber als naheliegend vermutet:


Heiliger Baum der Sami: Die Eberesche

Wie auf dem letzten Bild unschwer am oberen Bildrand zu erkennen, hatte sich das Wetter in den letzten zweieinhalb Stunden zu einem ausgesprochen heiteren Tag gemausert, wodurch das rostige Gelb des Birkenwaldes und der Moorflächen unter dem stellenweise sogar nahezu wolkenfreien blauen Himmel in wieder sehenswertem Kontrast stand.

Fields of Gold

Das Höhenniveau des weiteren Wegverlaufs pendelte fortan immer schön an der Baumgrenze entlang, die aus einer Mixtur verstreut stehender Birken, wegsäumender Zwergbirkensträucher und Lappland-Weiden sowie immergrüner Koniferensträucher bestand. Ich hatte den Wald noch gar nicht lange hinter mir gelassen, da "erspähten" meine Ohren auch schon den zweiten Elch der Tour, jedoch wiederum in (zu) großer Entfernung aus dem nördlichen Bereich des Tärnasjön per Hubschrauber abtransportiert, weshalb es auch von diesem Manöver kein Foto gibt.

bunt gesprenkelte Strauchheide zwischen den Seen Tjärven und Siejdáge


Nur wenige hundert Meter weiter "stolpere" ich dann über eine für den in Schweden beheimateten Kungsleden etwas atypische Wegmarkierung. Die Sommermarkierung besteht zwar zumeist aus Steinen mit roten Punkten (die Holzpfähle mit den querliegenden Andreaskreuzen in roter Farbe markieren den Winterweg, der nur hier und da vom Sommerweg abweicht), aber wie kommt denn so ein dicker Hinkelstein nach Schweden in so ein abgelegenes Fjällgebiet? ab52

Bis nach Gallien sind es ja immerhin auch ein paar tausend Kilometer, und da glaube ich es im Leben nicht, dass der hyperadipöse Obelix
e050.gif
von den Römern dereinst so dermaßen gelangweilt war, dass er sich sozusagen als Nebenbeschäftigung auch noch mit den Wikingern anlegen wollte und für diese Mission auch noch leichten Fußes ins Reich der Wikinger geschlichen ist, um dort einen seiner geliebten Hinkelsteine als Reviermarkierung zu hinterlassen. Bleibt als einzig halbwegs plausible Erklärung dann doch nur wieder die berüchtigte Kelle zuviel des Zaubertranks und eine dadurch beim heimischen Hinkelstein-Weitwurf mit viel zu viel Wumms ausversehen durch die Decke geschossene Flugbahn des gallischen Wurfsportgeräts mit dann halt zufälligem Niedergang außerhalb des angestammten Wettkampfgebiets im schwedischen Vindelfjäll ...

ungültiger Hinkelstein-Weitwurf-Versuch
 
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Debilofant

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Bei bestem, also auch nicht zu warmem Spätsommerwetter ging es bei zumeist makelloser Rundumfernsicht ziemlich exakt immer weiter nach Osten. Und selbst dort, wo ausnahmsweise mal ein kleiner Hügel die Fernsicht ein wenig einschränkte, hatte man zur Abwechslung den nie langweilig ausschauenden Farbenmix der zusätzlich von zumeist auch ein paar Birken durchzogenen Strauchheide vor Augen.

spätsommerlicher Farbrausch

Auf dem Plateau läuft es sich dank geringer Höhenprofilunterschiede eigentlich recht easy, wenn da nicht immer wieder auch ein paar hundert Meter mit etwas höher gewachsenem und dichter als sonst stehendem Strauchwerk zu durchqueren wären. Das bremst nämlich zum einen die Schrittgeschwindigkeit merklich und läuft sich zum anderen auch deshalb, erst recht mit Trekkingstöcken, ziemlich bescheiden, weil die Hose und die Trekkingstöcke ständig irgendwo am Geäst hängen bleiben bzw. permanent daran langschaben und man bei fast jedem Schritt zusätzlich kraftraubend und nach einer Weile dann halt schon schlauchend zunächst einmal den Weg freischieben und bahnen muss. Sollte man eigentlich nicht denken, dass es trotz der hohen Frequentierung des Kungsleden noch derart stark zugewachsene Passagen gibt.

Auf einem normal begehbaren Streckenabschnitt liegt irgendwann fein säuberlich ein ganzer Haufen Federn mitten auf dem Weg. Die stammten offensichtlich von einem relativ frisch und so ziemlich komplett gerupften Schneehuhn, jedoch lag kein Schneehuhnkadaver mehr da. Was mit dem Schneehuhn genau passiert war, ließ sich allein anhand des Federhaufens natürlich nicht mehr sagen, aber ich tippte auf eine Greifvogelmahlzeit, wenngleich es im Vindefjäll noch eine kleine Population von Polarfüchsen gibt (neben Rotfuchs, Luchs, Hermelin, Vielfraß, Braunbär und als ganz seltenen Durchzügler evtl. auch mal einen Wolf).

Als höchste Erhebung entlang der über das Hochplateau führenden Wegstrecke passiert man den Jårbbatjåhkka an seinem Südhang, der mit einer Höhe von absolut 960 m aber auch nicht sonderlich weit aus der Umgebung herausragt. Sobald man dessen Südflanke vollständig passiert hat, befindet man sich auch schon kurz vor dem Elchsee, dem Servvejávrrie.

Stájnnavárrie und Jårbbatjåhkka Südwestflanke


Jårbbatjåhkka Südostflanke


Hole in the Earth


Servvejávrrie
 
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Christian.Siegler

Administrator
Teammitglied
Irre! Wird ja immer besser hier. Richtig tolle Bilder. Da bekommt man direkt Reiselust...
 

Debilofant

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@ Christian: Danke! Die entfachte Reiselust in die Tat umzusetzen ist nur leider etwas schwierig momentan, aber da geht es mir ja genauso. Träumen und auf bessere Zeiten hoffen, das bleibt aber zum Glück weiterhin möglich und erlaubt.

... Fortsetzung:

Nach Erreichen des Elchsees bin ich noch eine gute halbe Stunde bis zu dessen Nordspitze weitergelaufen, um dann für diesen Tag bereits gegen ca. 17:00 Uhr vorzeitig Feierabend zu machen. Das Wetter lud ja geradezu zum Zelten ein und gemäß meiner imaginären Vorschau auf den kommenden Tag hätte es mir fototechnisch ohnehin nichts gebracht, auch noch die letzten ca. 3 km zur Servestugan durchzulaufen und dabei über den ca. noch einen Kilometer entfernten kleinen Pass, von dem aus ich zum späten Vormittag bei dann hoffentlich passendem Lichteinfallswinkel eine größere Fotopause schon im Voraus geplant hatte, hinwegzulaufen und dafür dann am nächsten Tag von der Servehütte extra wieder ca. 2 km zurück und bergauf zu laufen. Außerdem war der ganze zu Etappenbeginn in noch einigermaßen klammem Zustand in den Rucksack gestopfte Krimskrams, also vor allem Zelt und Schlafsack, mit Sicherheit noch nicht so ganz trocken, weshalb das restklamme Zeug dann zumindest auch noch 2 Stündchen in der herrlich brezelnden Abendsonne nachtrocknen können sollte.

Blauwe Ruis


Innenzelt- und Sockennachtrocknung

Die außerordentlich "professionell" zum Schweißauslüften aufgehangenen Socken waren im Übrigen aus Merinowolle, also kein Anlass für Mitleidsbekundungen, denn dank der Merinowolle gab es keine dem äußeren Anschein nach die Idylle trübenden Geruchsimmissionen ... ab106

Still Life


The Mirror Waters

Den Schlafsack habe ich dann noch gerade so bis zum Sonnenuntergang, den ich von der Servestugan aus im Übrigen auch nicht mit freiem Blick zur Tafel hätte mitverfolgen können, trocken bekommen.

Schlafsacknachtrocknung

Ab ca. einer Stunde nach Sonnenuntergang habe ich meine Nase dann immer wieder mal aus dem Zelt gestreckt und zum nahezu wolkenlosen Himmel geschaut, in der vagen Hoffnung auf tanzende Polarlichter, aber es tat sich bis ca. 22:00 Uhr nichts.

Das war dann also die (wiederum leicht verkürzte) 4. Etappe.
 
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Debilofant

Well-Known Member
Zwischenaufenthalt an der Servestugan (16.09.2016):

Ob es nach 22:00 Uhr in der Nacht dann doch noch Polarlichter gab oder nicht, kann ich leider nicht berichten, denn mit schlaflosen Nächten lässt sich das Tagesprogramm einer Trekkingtour gewiss nicht (unfallfrei) bewältigen. Obwohl ich mich an und für sich zu den Nachteulen zähle, habe ich es nach dem täglichen Laufprogramm mit Ausnahme der wetterbedingt unruhigen und lauten Nacht am Tärnasjön problemlos geschafft, noch weit vor 24:00 Uhr einzuschlafen. Eine insoweit störende und nicht zu unterschätzende Lärmquelle stellen im Übrigen aber auch die zahlreichen Gebirgsbäche dar, die schon bei wenigen Gefällestufen bzw. Stromschnellen/Miniwasserfällen und erst recht bei generell stärkerem Gefälle zum Teil güterzugartig dahindonnern und darniederrauschen. Entgegen der gemeinhin vorherrschenden Empfehlung, sich bei der Zeltplatzauswahl zwecks Wasserversorgung ein Plätzchen mit möglichst nahe liegendem Wasserlauf zu suchen, habe ich es zur Reduzierung des Lärmpegels vorgezogen nach Möglichkeit einen Abstand von mindestens 100 m, besser 200 m einzuhalten, die ich zum "Tanken" dann lieber hin und her gelaufen bin.

Der Himmel war jedenfalls auch am frühen Morgen nahezu wolkenfrei und es hatte über Nacht sogar leichten Frost gegeben. Um ca. 9:30 Uhr war ich dann startklar und habe wiederum als Frühsporteinheit gleich den ca. 1 km langen Aufstieg zu dem schon bei der Reiseplanung als Aussichtspunkt vorgemerkten kleinen Pass absolviert. Bis zum Erreichen des Scheitelpunkts schieb ich hin und wieder eine 180°-Drehung dazwischen, um die mit jedem Höhenmeter reizvoller werdende Aussicht auf den Elchsee und das nun wieder sichtbare Norra Storfjället zu genießen.

Elchsee ohne Elch (und das ausgerechnet frühmorgens in Schweden...)


Rückschau zum Norra Sytertoppen mit nunmehr auch sichtbarem Gletscherkessel

Beim Überschreiten des Scheitelpunkts, der nur wenige Meter lang bzw. breit ist, ist es dann schlagartig vorbei mit der schönen Aussicht zum Norra Storfjället, aber dafür bekommt man postwendend ein noch schöneres Aussichtspanorama Richtung Nordost auf die Südostflanke des Ammarfjället mit dem Suvlåjvvie spendiert.

Ammarfjället Südostflanke
 
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Debilofant

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Wie geplant nehme ich mir auf dem Pass etwas mehr Zeit, um die Chance auf ein Bild mit möglichst passenden Zutaten und stimmigem Gesamteindruck zu erhöhen. Währenddessen ziehen aber immer mehr (harmlose) Wolken auf, die ich als Zutat nicht unbedingt auf meiner Wunschliste hatte. Meine Befürchtungen, dass die Wolken sich im Bild mit großflächig abgeschatteten Bereichen zu dominant bermerkbar machen würden, haben sich zum Glück als unbegründet erwiesen, denn die Wolkenschatten brachten letztlich mehr Kontrast und strukturbetonende Plastizität in den Bildvordergrund, sofern man von einem solchen bei Teleaufnahmen sprechen kann, sowie insgesamt mehr Tiefenwirkung.

Suvlåjvvie


The Gate (Suvlåjvvie links, Tjeärruo rechts)


Abyss


Yellow Light

Nach einer guten Stunde hieß es dann Marsch fortsetzen in Richtung Servestugan. Weiter wollte ich vorerst nicht laufen, denn die nächste Etappe von der Servestugan zur Aigertstugorna ist die längste und relativ gesehen auch die schwierigste des Kungsledenabschnitts zwischen Hemavan und Ammarnäs.
 

Debilofant

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Auf dem letzten Kilometer vor der Hütte treffe ich seit längerer Zeit auch mal wieder auf Gegenverkehr. Wie sich herausstellen sollte, handelte es sich nicht um einen Etappenläufer wie mich, sondern um den Hüttenwirt. Der war nicht etwa in Erwartung meiner Ankunft stiften gegangen, sondern, wie er mir glaubhaft darlegte, auf einer seiner nahezu täglichen Erkundungstouren mit schwerpunktmäßigem Interesse für die im Vindelfjäll ganzjährig oder zeitweise beheimatete Vogelwelt. Der gute Mann heißt Nils Karlsson, ist pensionierter Lehrer und arbeitet nebenher auch noch als Guide für das Ammarnäs-Guidecenter für interessierte Vogelbeobachter. Das Einchecken in die Hütte vollzog sich somit "im Vorbeigehen", denn er hieß mich nach einem kurzen Plausch Willkommen und meinte nur, ich solle mir in der zu diesem Zeitpunkt völlig leeren Hütte ein genehmes Zimmer/Bett aussuchen und es mir bequem machen.

Välkommen till Servestugan

Ich tat also wie mir "befohlen" und machte mich nach dem Einquartieren und einem kleinen Mittagssnack für den Rest des Tages mit der Leichtgepäckvariante zu einer Erkundungstour auf die Socken. Ziel war ein kleinerer, gleich nördlich der Servestugan gelegener Berg namens Givnjuovárrduo, auf den es sich von Südwesten aus bei lediglich geringem bis allenfalls moderatem Steigungswinkel recht entspannt hinauflaufen lässt, wenngleich komplett weglos. Noch am Fuße des Berghangs sehe ich abseits des Kungsleden zumindest auch mal ein wenig Getier, nämlich eine Bekassine und zwei von mir aufgescheuchte Schneehühner davonflattern, allerdings ohne Chance das auf die Schnelle im Bild festzuhalten. Weiter oben bekomme ich dann zwischendurch eine Ahnung davon, was es heißt, sich weglos im Fjäll zu bewegen. Ein Vorankommen durch weitläufig dicht bewachsene Strauchheide ist megaätzend und nach bereits gefühlt 50 m, deren Durchquerung schubweise im zähflüssigen Zeitlupentempo verläuft und sich an den Hosenbeinen wie Drahtbürstenmassage anfühlt, bin ich zu den Einsicht gelangt, dass man, wann immer es irgendwie geht, solche dschungelartigen Areale besser meidet und dafür mit einem ggf. auch größeren Umweg vorlieb nimmt. Als ich dann bereits oben auf dem Bergrücken angekommen war, fand ich zu meiner Verwunderung ein weitverzweigtes Netz aus "Trampelpfaden" vor, welche das weitere Vorankommen dann wieder spürbar erleichterten. Egal welchem der sich gefühlt alle 10 m neu verzweigenden und später dann wieder auf neue Tretspuren stoßenden Trampelpfade ich auch folge, es scheinen auch hier alle Wege letztlich nur nach Rom zu führen, sprich, man kommt letztlich irgendwie ans Ziel. Angelegt wurde dieses Trampelpfadlabyrinth nicht von Menschenmassen, sondern, das wird mir anhand von flächendeckend verteilten Köttel-Hinterlassenschaften recht schnell klar, von Rentieren. Vom Bergrücken aus, den ich dann von West nach Ost bis zum höchsten Punkt hin ablaufe, hat man bereits eine gute Aussicht auf die nach Norden hin zahlreich vorhandenen Talsenken mit hier und da besonders farbenfrohen Berghängen und natürlich auch wieder auf das Ammarfjället.

Farbtupfer im Birkenwald am Berghang


Rerrogaise mit Gletscherfront

Am östlichen Ende des Bergrückens hat man vom Givnjuovárrduo aus einen exklusiven Ausblick auf das Tjulträskdalen mitsamt den beiden namensgebenden Seen Stor-Tjulträsket sowie den Lille-Tjulträsket, dem vorgelagerten Mündungsdelta von mehreren kleineren Bächen/Mini-Flüssen, u.a. dem Servvejuhka, und zur Rechten im Hintergund den Berg Stuor-Ájgart mit seiner markanten Abbruchkante. Ok, ich befinde mich dort nicht auf dem Skierffe mit dem urzeitlichen Laitaure-Delta zu Füßen bzw. dem ungleich bekannteren Rapadalen und dem Sarek zur Rechten, aber hey, die herrliche Aussicht auf das nicht schon zig-tausendfach abgelichtete oder gar nahezu "totgeknipste" Tjulträskdalen mit den beiden Seen und dem vorgelagerten Delta habe ich in diesem Moment ganz für mich allein, ganz ohne Schlange-Stehen und hektisches Gedränge. Unbezahlbar!

Aussicht aufs Tjulträskdalen vom Givnjuovárrduo aus
 
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Debilofant

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Bei dem weiterhin gnädigen Wetter habe ich, wo ich doch extra dorthin gestiefelt war, auch an diesem Platz etwas länger ausgeharrt. Weiter nach Osten laufen ging nicht mehr (bzw. wäre es dort nur noch (zu) steil bergab gegangen), und inzwischen war es ohnehin schon wieder später Nachmittag, weshalb es keine wirkliche Option mehr gab, für die bis zum Sonnenuntergang noch verbleibende Zeit eine andere Ecke anzusteuern.

Von daher gibt es noch ein wenig Nachschlag von demselben Spot nebst ein paar von dort oben einsehbaren Landschaftsdetails.

Garden of Light



Fireball



Vuomemyran


Shadowland
 

Debilofant

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Um kurz vor 17:00 Uhr saß ich dann vollends im langgedehnten Schatten der Bergkuppe, Zeit, den Rückweg anzutreten. Da mir der Strauchdschungel von der Hintour unangenhem in Erinnerung geblieben war, wollte ich diesen Bereich mit einem etwas größeren Bogen nach zunächst Nord und dann weiter nach West umschiffen und hierbei auch schon früher an der Nordflanke tiefer heruntersteigen. Der Plan geht zunächst auch ganz gut auf, denn auf etwa Höhe der Baumgrenze gab es tatsächlich deutlich weniger Bodengestrüpp. Beim Abstieg entlang der Nordseite habe ich noch für eine ganze Weile das Ammarfjället und das vorgelagerte Achterbahnprofil aus Talstreifen und Waldhügeln im Blick, jeweils in sattes Abendlicht getaucht.

Aufbruch zur Rücktour im Bergschatten ...


... entlang der Nordseite des Givnjuovárrduo ...


... bis wieder hinunter zur Baumgrenze


"Laterne"

Nachdem ich dann um die Ecke zur Westflanke des Givnjuovárrduo abgebogen war, stellte sich das mit dem Vorankommen jedoch erneut ein wenig problematisch dar, weitläufiges Sumpfgebiet ... So musste ich dann nach halbwegs begehbaren Passagen suchen, in der Hoffnung, zumindest nicht mehr als knöcheltief durch den Matsch zu latschen. Das brachte es mit sich, hier und da dann doch wieder besser umzukehren und es an einer anderen Stelle zu probieren, wodurch später im Ergebnis halt doch wieder geschlagene zweieinhalb Stunden für den Rückweg bis zur Hütte auf dem Tacho stehen sollten. Zurück an der Hütte waren meine Füße, auch wenn es mehrfach ziemlich knapp war und ich die letzte dreiviertel Stunde des Rückwegs schon beinahe die Kopflampe gebraucht hätte (die ich für die kleine Bergtour aber gar nicht erst mitgenommen hatte ... ab139 ), beiderseits noch trocken. Vom Sonnenuntergang hatte ich unterwegs aufgrund des Geländeprofils direkt nichts sehen können (und hätte ihn auch von der Hütte aus ebenfalls der recht tiefen Lage wegen nicht zu sehen bekommen), aber der Abendhimmel sah ein Weilchen nach dem Sonnenuntergang auch so ziemlich schick aus.

Broken Glass

Das war es dann auch schon mit dem 16.09.2016.
 
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Debilofant

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Wandertag im Umfeld der Servestugan (17.09.2016):

Nach der gestrigen Mini-Bergtour stand mir der Sinn nach ein wenig Kontrastprogramm, also sollte es diesmal mit wiederum Leichtgepäck ein paar Stockwerke tiefer ins Tal und damit dann u.a. zum gestern noch von oben überblickten Mündungsdelta gehen. Gestartet bin ich beizeiten noch vor 8:00 Uhr mit zunächst Kurs nach Osten für ca. 2 km vorerst dem weiteren Verlauf des Kungsleden folgend. Den ersten Stopp des Tages lege ich an der frisch erneuerten Hängebrücke über den Servvejuhka ein, hinter der das Wasser in nur wenigen Stufen einen immerhin ca. 15 m hohen Wasserfall hinunterrauscht und anschließend ein kleines "Planschbecken" bildet, das im Sommer bei passendem Wetter von abgehärteten Zeitgenossen gar nicht mal so selten für ein Erfrischungsbad genutzt wird. So richtig passendes Wetter für einen Sprung ins kühle Nass hatte ich an diesem Tag aber nicht erwischt, sprich es war leider doch wieder einmal wolkenverhangen und tröpfelte bei einstelligen Temperaturwerten zunächst auch etwas vor sich hin. Zudem war ich etwas überrascht, dass in diesem Bereich ein Großteil der Birken ihr Laub zu guten Teilen schon abgeworfen hatte, obwohl das gestern von oben nur wenige Meter weiter nordöstlich entlang des Tjulträskdalen noch durchgehend bzw. ganz überwiegend schick gelb aussah.

Grey Heavens


Hängebrücke über den Servvejuhka-Wasserfall

Am Ufer des Servvejuhka führen links wie rechts für ein paar Meter sowohl stromauf als auch stromab noch kleinere Trampelpfade entlang, die ich auch jeweils kurz inspiziere. Ein paar Meter östlich hinter der Hängebrücke befindet sich auch noch ein vielfach empfohlener Zeltplatz, der aufgrund seiner Nähe zum Wasserfall über Nacht aber definitiv nichts für für meine Ohren gewesen wäre.

Servvejuhka upstream


Servvejuhka downstream
 
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Debilofant

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Am Wasserfall bin ich dann nach einer kurzen Ablichtung der in Gestalt von Alpen-Bärentrauben leuchtend gelb-rot unter dem Brückengestell wuchernden Bodenvegetation auch schon wieder umgekehrt, um den Kungsleden an der nur knapp 100 m zurück entfernten Weggabelung zu verlassen. Da dieser vor der Ostflanke des Givnjuovárrduo talwärts führende Weg mehr als ohnehin üblich viele Moraststellen aufwies, bin ich immer wieder mal in den Wald ausgewichen und querfeldein marschiert. Dort im Wald standen dann neben ungewöhnlich zahlreichen Ebereschen im knalligsten Herbstkleid hier und da sogar auch noch im September blühende Exemplare des Wald-Storchschnabels.

Metamorphosis


blühender Wald-Storchschnabel im September


Zauberwald


allmählich ins Blickfeld rückendes Tjulträskdalen

Auf dem Weg lag neben einigem Rentiergeköttel mit einmal auch eine deutlich voluminösere und auch noch relativ frische Hinterlassenschaft eines Vierbeiners, ein original schwedischer Elch-Köttel. Große Hoffnungen, den Elch zu Gesicht zu bekommen, machte ich mir aber trotzdem nicht, denn in der Jagdsaison sind die Großhirsche gegenüber Zweibeinern wohl noch vorsichtiger und scheuer als ohnehin.
 
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Debilofant

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Je weiter hinunter ich gehe, desto dichter wird auch der Wald wieder, also wieder mehr und höher gewachsene Bäume mit noch weitestgehend vollzähligem Arsenal an Laubblättern. Die nach Norden hin gelegenen Berghänge waren dementsprechend auch wieder flächendeckend mit noch ordentlich gemusterter "Farbtapete" ausgestattet.

Confetti


All the Trees

Unten im Talboden angekommen gabelt sich der Weg vor einer Brücke erneut. Geradeaus bzw. über die Brücke hinweg geht es auf einer Alternativroute nach Ammarnäs in zumeist Reichweite der Seeufer weiter durch den Wald. Ich hatte ursprünglich damit geliebäugelt, diesen unterwegs an ein paar verstreuten Samenbehausungen (u.a. Geunja) vorbeiführenden Weg bis ca. zur Eng- und Verbindungsstelle zwischen Lill-Tjulträsket und Stor-Tjulträsket bzw. bis zum gegenüberliegenden ehemaligen Rentierzüchterhof Matsokudden weiter zu gehen, aber das habe ich nach bereits ca. 300 m geknickt. Der deutlich seltener als der Kungsleden genutzte Weg nach Ammarnäs war leider von Kraut- und Buschwerk arg zugewuchert und auf Dschungelsafari hatte ich für den Rest des Tages dann doch keine Lust. Entlang dieser kurzen Strecke habe ich auch eine Schleife der sich durchs Mündungsdelta schlängelnden Wasserläufe passiert, an deren Ufer mir recht frische Knabberspuren eines Bibers unter die Augen gekommen sind. Dass in Schweden nicht zu knapp Biber hausen, war mir natürlich bekannt, aber ein wenig überrascht war ich trotzdem, denn schließlich war ich irgendwo mitten im Gebirge und nicht im Flachland.

frisch zerspahntes Kleinholz


Guckschneise am Westrand des Vuomemyran auf den Berg Servvetjåhkka


Biberrevier

Zurück an der Weggabelung folge ich dann dem anderen trampelpfadähnlich nach Nordwesten wieder etwas ansteigenden Weg und habe alsbald eine immer stärker rauschende Schlucht zu meiner Rechten. Das Rauschen stammte auch dort von einem mittelgroßen Wasserfall, dem ich ebenfalls einen Besuch abgestattet habe. Dafür musste ich jedoch zunächst einmal den etwas steileren Hang zur Schlucht herunterkraxeln, was zwar keine wirkliche Schwierigkeit war, aber unter den von mir gewählten Rahmenbedingungen halt doch ziemlich riskant hätte werden können. Ein Missgeschick, und man wird im Falle einer ernsthafteren Verletzung in solch eher abgelegener Lage mit Sicherheit nicht so schnell von jemandem gefunden, was man bei einer Solo-Tour halt immer im Hinterkopf haben sollte, auch wenn man das vor Ort nur allzu schnell ausblendet bzw. ganz gern auch mal vergisst. Der Wasserfall schien jedenfalls einer von der wilderen Sorte gewesen zu sein, denn zu seinen Füßen lagen nicht gerade kleine, scharf gezackte Felsbrocken, die es offenbar vor noch nicht allzu langer Zeit einmal während der Schneeschmelze dorthin befördert haben muss.

Monoliths & Dimensions
 

Debilofant

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Inzwischen war es auch schon wieder Nachmittag und die Wolkendecke hatte mit einmal recht zügig großflächige Auflösungserscheinungen bekommen, worüber ich mich nicht beklagen mochte.

Wetterumschwung über der Wasserfallschlucht

So lief ich dann bei überwiegend Sonnenschein den Wasserlauf weiter entlang, vorbei an weiteren (jedoch noch schlechter zugänglichen) Wasserfällen, bis der Höhenunterschied zwischen Weg und dem Bachlauf nahezu angeglichen war. Der Wald bekam auch wieder deutlich mehr Lichtungen, wodurch das gesamte Ambiente geradezu lauschig wirkte.

der schon tags zuvor vom Berg aus abgelichtete Farbcluster noch einmal aus anderer Perspektive


Chill Out Zone

Auf der anderen Seite des Baches steht ein paar Wegminuten später ein mittlerer Trupp Rentiere mang den Birken und weidet friedlich vor sich hin, bis eines der Spähtiere mich schon aus größerer Entfernung erblickt und Alarm schlägt. Ein Teil der Tiere zieht sich dadurch gleich wieder weiter in den Wald zurück, ein paar treten jedoch auch die Flucht nach vorn an und ziehen nach einer forschen Bachdurchquerung schräg an mir vorbei, selbstredend mit gebührendem Sicherheitsabstand. In den Wäldern scheinen sie sich jedenfalls vor den Hubschraubern unbehelligt und sicher zu fühlen.

Waldgeister

Als der Abend so langsam naht, habe ich mich an einem weiteren Wasserfall versucht, diesmal mehrstufig und seitlich versetzt. Da inzwischen nicht eine Wolke mehr am Himmel war, hatten die Strahlen der schon wieder tief stehenden Sonne freie Bahn auf die Ufervegetation. Unterhalb des Wasserfalls fanden sich noch größere Flächen von im Sommer bzw. auch noch im Herbst frei- bzw. trockenliegenden Flussfelsen, die an mehreren Stellen auffallend kreisrunde Vertiefungen aufwiesen. Diese sahen so aus, als habe jemand mit einem überdimensionierten Zahnarztbohrer bzw. Dremel Hand angelegt, aber das war alles das Werk der Jahr für Jahr beständig im Frühsommer niedergehenden Schmelzwassermassen mit ausgeprägter Strudelkraft.

Wasserfall Nr. 3 des Tages


The Sound of Water

Nach diesem Stopp war dann Feierabend, denn so schnell der blaue Himmel mit Sonne am Nachmittag gekommen war, so schnell war es damit auch wieder vorbei, sprich es gab zum Abend und auf dem Rückweg doch tatsächlich wieder einen vollkommen bedeckten Himmel mit Nieselregen. Letztlich bin ich an diesem Tag eine komplette Runde um den Givnjuovárrduo gelaufen und dabei zum Schluss mit einem zusätzlichen Anstieg zum westlichen Fuß des Givnjuovárrduo dann wieder querfeldein so ziemlich dieselbe Route wie am Vortag durch das Sumpfgebiet zurück.

Soviel dann vom 17.09.2016.
 
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Debilofant

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5. Etappe (18.09.2016):

Nach zwei Tagen Erholungsaufenthalt stand mit der 5. Etappe von der Servestugan zur Aigertstugorna die längste und anstrengendste vor mir. 19 km Laufweg mit mehreren Auf- und Abstiegen der handfesten Sorte, darunter der mit 1080 m zweithöchste Punkt des gesamten Kungsleden, der nur 20 m niedriger liegt als der Tjäktja-Pass im Kebnekaisegebiet. Grundsätzlich bietet diese Etappe wohl erstklassige Aussichten auf das Ammarfjället und das Norra Storfjället, aber das Wetter meint es mit mir an diesem Tag nicht gut. Gleich zu Tagesbeginn tiefhängende Wolken und mäßiger Regen. Das sah ganz nach einem Blindflug durch die Wolken aus mit aller Voraussicht um die 10-50 m Sichtweite. Bei zu schlechten Witterungsbedingungen weichen manche Kungsledenwanderer zwar auf den Alternativweg durch das Tjulträskdalen aus, aber da ich mich gestern von dessen zugewuchertem Zustand überzeugen konnte, war dies für mich keine Option, denn dort hätte ich mich zusätzlich zum Regen auch noch durch nasses Gestrüpp/Gras, etc. durchschlagen müssen und längere Strecken auf nassen Holzbohlen mussten auch nicht unbedingt sein.

An der Hängebrücke mit dem Wasserfall brauche ich aufgrund des bereits am Vortag erledigten Programms keinen Zwischenstopp mehr einschieben und laufe somit bis ca. Mitte des ersten Langanstiegs ohne Päuschen durch. Unter diesen Bedingungen sah die Umgebung bzw. das, was davon noch zu sehen war, reichlich trostlos aus. Einzig die Ebereschen hoben sich wohltuend von der grauen Einheitssoße ab.

The Red Tree


Grey Day

Nach dem Anstieg wird der Regen noch einmal stärker und ich stecke mitten in den Wolken. Das Laufen ohne schöne Ausblicke hatte zumindest auch ein Gutes, denn ich konnte mich mehr auf den nassen Parcours und meine Füße konzentrieren. Nicht einmal die Rasthütte, die auf etwa Höhe des Berges Vuomatjåhkka ca. 100 m neben dem Kungsleden steht, bekomme ich zu Gesicht. Den ersten richtigen Stopp mache ich somit erst für das obligatorische Mittagspäuschen gegen ca. 13.00 Uhr. Während ich mir meine Riegelportion und eine Salami reindrücke, lichtet sich der Wolkenschleier für einen kurzen Moment etwas, sodass ich zumindest im Ansatz die Schlucht in Richtung Dårrauden erkennen kann und ungefähr wusste, wo ich mich befand.

Mittagspause irgendwo im Nirgendwo ...


... bzw. gegenüber der Dårrauden-Schlucht
 
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Debilofant

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Obwohl die halbe Tagestrecke damit bereits geschafft war, lag der gröbste Spaß noch vor mir. Knapp 3 km Anstieg zum Juovvatjåhkka-Pass mit ein paar zusätzlichen Zwischenab- und Wiederanstiegen über teilweise Geröllfelder und noch gröberes Blockgestein im Wolkenvorhang bei Regen - traumhafte "Aussichten". Immerhin war die Wegmarkierung auch dort oben vorbildlich und selbst bei der maximal bescheidenen Sicht stets erkennbar. In unmittelbarer Passnähe sprossen inmitten der Geröll- und Blockfelder wieder die bereits auf der zweiten Etappe kennen gelernten "Bäume" alias Kraut-Weiden aus dem Boden, die unwirtliche Klimabedingungen zuverlässig anzeigen bzw. halt eine monatelang geschlossenen Schneedecke benötigen.

Into the Void


Ghost Trail


A Caress of the Void


Stonegarden

Oben auf dem Pass steht auch noch eine weitere Wetterschutzhütte, an der ich bei diesen Sichtverhältnissen jedoch ebenfalls unbemerkt vorbeilaufe. Eine Ausschilderung wäre hier sicher sinnvoll und ergänzungswürdig, denn im Notfall wäre es schon eine bittere Ironie des Schicksals, wenn man auf der Zuflucht vor übelstem Wetter wetterbedingt die Wetterschutzhütte erst gar nicht findet...
 
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