Reisebericht: Vindelfjäll September 2016

Debilofant

Well-Known Member
Hinter dem Pass schien sich die Sicht mit jedem herunter gestiegenen Meter wieder ein wenig zu bessern. Einmal glimmt hinter dem Wolkenpaket sogar die Sonne hindurch, deren genauen Standpunkt ich gleichwohl allenfalls grob erahnen als wirklich sehen kann. Auf Höhe der Bergseen laufe ich bereits etwas unter den Wolken hindurch und kann vom Ufer des Sees Tjålmure sogar die Hütte der Rentierwacht klar und deutlich erkennen. Da es seit einigen Kilometern keine nennenswerten Wasserläufe gab, habe ich meine Wasservorräte ausnahmsweise am Tjålmure aufgefüllt, der ja schließlich kein Moddertümpel war.

To Shiver in Empty Halls


Hütte der Rentierwacht am Tjålmure

Noch bevor ich den See auf kompletter Länge passiert habe, quälen sich doch tatsächlich ein paar Sonnestrahlen geradeso direkt bis auf die Erdoberfläche durch, die sogar dieser Mondlandschaft ein wenig Farbe einhauchen. Das Sonnenintermezzo währte zwar nur kurz, aber letztlich hatte ich das bislang tagesfüllende Wolkodrom auf diesem Abschnitt endgültig verlassen und zu regnen hatte es auch endlich aufgehört.
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Crossing Over

Ein paar hundert Meter später, als ich vor dem Berg Dåriestjåhkka nach links in Richtung des letzten Berges dieser Etappe, den Uhtsa-Ájgart bzw. Lill-Aigert, einbiege, bekomme ich zwar keine wärmenden Sonnenstrahlen mehr auf die Nase, aber in gar nicht mal so großer Entfernung sehe ich doch tatsächlich ein Loch mit einem für diesen Tag schon gänzlich verschollen geglaubten blauen Himmel, beinahe wie abgezirkelt mutmaßlich so ziemlich genau über Ammarnäs.

Ein Lichtblick
 
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Debilofant

Well-Known Member
Für den Rest des Tages geht es dann spätestens ab der Engstelle zwischen dem Dåriestjåhkka und dem Uhtsa-Ájgart nur noch bergab. Als ich mich anschicke, das vorerwähnte Nadelöhr zu passieren, kommt mir rechts um die Ecke eine recht große Herde Rentiere entgegen. Für Gegenverkehr ist diese Stelle denkbar schlecht geeignet, weshalb ich mich ein paar Meter hangaufwärts bewegt und dort für die kommenden Minuten einfach "auf die Tribüne" gesetzt habe, um den Rentieren die Vorfahrt zu gewähren. Ich bin den wenig zutraulichen Fjällbewohnern als Fremdling mit obendrein auch schon wieder Fotoapparat in der Hand natürlich nicht entgangen, aber anstatt umzudrehen gehen sie ohne großen Bogen, den die Platzverhältnisse an dieser Stelle halt nicht zuließen, weiter ihrer Wege, allerdings mit einer gehörigen Portion Misstrauen. Nicht alle auf einmal, sondern zumeist nacheinander in kleineren Trupps, und ein paar Nachzügler gab es natürlich auch noch.

Rentierparade


Umdrehen oder Weiterlaufen?


Nachzügler

Von meiner während des Vorbeimarschs der Rentiere eingenommenen Sitzwarte aus habe ich einen immerhin bis zum Stuor-Ájgart zurück reichenden Blick, dessen Gipfel und Rücken noch immer in Wolken gehüllt bzw. eingetrübt waren. Das ergab im Zusammenspiel mit der weitläufigen Einöde ein wiederum einiges an Tristesse versprühendes Fotomotiv.

Throne of Void (Stuor-Ájgart)
 

ralle

Leichtangler
Teammitglied
Hallo Raik

Ich ziehe nochmals den virtuellen Hut für Deinen geilen Bericht.
 

Debilofant

Well-Known Member
Moin Ralle,

vielen Dank für den anerkennenden Hut-Move aus Deiner Tastatur!
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Es freut mich sehr, dass es Dir weiterhin gefällt, und ich gebe mir Mühe, dass es auch noch bis zum Schluss so bleibt. Bis dahin kommen noch so manche Beiträge und einiges an Bildern mehr, denn nach Überschreiten der Ziellinie in Ammarnäs, soviel sei vorweg schon verraten, war nämlich doch noch nicht Schluss. Trotz meines Bummeltempos und der mehrfach eingelegten Zwischenaufenthalte blieben ein paar Tage Zeit über, die schließlich auch noch genutzt werden wollten.

Fortsetzung:

Nur einen guten Kilometer weiter sehe ich in einiger Entfernung auch schon die nächste Ansammlung von Rentieren, diesmal mitten auf dem Weg herumliegend bzw. sitzend. Bevor ich aber schussbereit war, hatte sich die Sitzblockade von selbst aufgelöst, denn mein unvermitteltes Aufkreuzen wurde mit einer kurzen Flucht quittiert. So stand der gerade noch dösende Rentiertrupp etwas bedröppelt ca. 30 m links neben dem Weg und guckte nahezu geschlossen zu mir rüber, was das jetzt wohl werden würde. Geheuer war ihnen die Situation offenbar nicht, weshalb sich der Rentiertrupp nach einem der Formation nach beinahe schon an Streichelzoo erinnernden Gruppenfoto wieder in genau die entgegengesetzte Richtung in Bewegung setzte, ohne nach links und nach rechts zu schauen über den Kungsleden rannte und dann ca. 30 m rechts vom Weg erneut und diesmal dann auch bis auf Weiteres zum Stehen kam.

Bitte alle recht freundlich - "klick"!


Verkehrsrowdys


Zieh endlich Leine"!

Der Abstieg zur Aigertstugorna, die man nach Durchquerung der Engstelle zwischen dem Dåriestjåhkka und dem Uhtsa-Ájgart schon aus weiter Ferne sieht, zog sich und zog sich und zog sich, d.h. einschließlich der kurzen Sitzblockade mit den dazu eingefangenen Bildern und einiger Ministopps dauerte es noch gut zwei Stunden, bis ich vor der Hütte stand und mich für die Nacht einquartieren konnte.

Farbcollage vom Wegesrand


Die Aigert-Hütten aus größerer Entfernung


Flames


letzter Rückblick auf den Stuor-Ájgart kurz vor den Hütten

Das war es dann mit den Eindrücken vom 18.09.2016.
 
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Debilofant

Well-Known Member
6. Etappe (19.09.2016):

Das letzte Stück von den Aigert-Hütten nach Ammarnäs ist mit lediglich 8 km die kürzeste Etappe, die in der von mir gelaufenen Richtung zudem fast nur noch bergab verläuft. Bis Ammarnäs würde ich daher wohl nur wenige Stunden benötigen, weshalb ich mir für die erste Tageshälfte zunächst noch eine kleine Inspektion der näheren Hüttenumgebung vorgenommen hatte. Eine Anfrage beim Hüttenwirt ergab, dass ich bzw. besser gesagt mein Krempel ohne Zusatzkosten problemlos bis zur Mittagszeit in der Hütte verweilen konnte.

Pünktlich zum Sonnenaufgang war ich dann auch schon auf den Beinen und fand am Trinkwassertümpel der Hütte auch ein Plätzchen, von dem aus man die aufgehende Sonne über leicht vernebeltem Wasser einfangen konnte, wenngleich an diesem Morgen zunächst nur für einen kurzen Moment durch eines der wenigen und dazu noch reichlich schmalen Wolkenfenster. Während die Sonne über dem Trinkwasserbecken aufging, stand auf der gegenüberliegenden Seite hoch über dem Abkühltümpel der Sauna und einer auch dort im Hintergrund herumwabernden Nebelbank noch der Mond am nach Westen hin hingegen fast wolkenlosen Firmament.

Eastern Glow


Even the Spirits are Afraid

Nur ein paar Meter nordwestlich der Hütte befindet sich ein kleiner Hügel, von dem aus man das Tjulträskdalen so ziemlich komplett überblickt und darüber hinaus auch nach Osten hin bis zum Horizont schauen kann. Als ich mich dorthin begebe, staune ich nicht schlecht, denn das gesamte Tjulträskdalen ist in Nebel gehüllt bzw. werden dort riesige Nebelschleier von einem leichten Windhauch über den Bergrücken des mehr hügelartigen Ruovdatje gewälzt. Unmittelbar von der Hütte aus war von diesem Spektakel noch nicht einmal etwas zu erahnen.

Old Mornings Dawn


Ruovdatje
 
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Debilofant

Well-Known Member
Die beiden Seen Stor-Tjulträsket und Lill-Tjulträsket liegen zu meiner Linken unter einer fein säuberlich übergestülpten XXL-Nebelglocke, deren zunächst zäh anlaufende, gegen Ende hin dann aber ratzfatz verlaufende Auflösung ich während meiner Anwesenheit Stück für Stück von oben mitverfolgen kann. Der besseren Nachvollziehbarkeit des gut einstündigen Nebelauflösungsgeschehens halber habe ich innerhalb der folgenden Bilder die letzten den Auflösungsvorgang dokumentierenden Bilder von der Chronologie her etwas vorgezogen, d.h. es werden danach noch ein paar vor der Nebelauflösung entstandene Bilder mit anderen Motiven von der Nebelverpackung folgen.

Lake of Tears



Steam Will Rise


Climbing Up the Walls


Season of Mist


Blow it All Away



Nebelreste vorm Stuor-Ájgart
 

Debilofant

Well-Known Member
Dank der langsam dahin- bzw. hangaufwärts kriechenden Nebelbänke ließen sich mit dem Telezoom einigermaßen unwirklich anmutende Momentaufnahmen einfangen, vor allem dann, wenn die Nebelschleier bereits kahle Baumskelette zu umarmen begannen. Ob diese weitgehend kahlen Bäume dem zu Beginn der Tour in der Viterskalsstugan von mir abgewetterten Sturm geschuldet waren oder dies das Werk von Fjäll-Birkenspannern war, vermag ich nicht aufzulösen. Zu übersehen waren sie jedenfalls nicht.

Land of the Dead

Was von oben bei zunehmendem Sonnenschein sowohl insgesamt als auch im Detail äußerst reizvoll anzusehen war, dürfte unten am Seeufer ein leidlich nassklammes und zudem reichlich trübes Vergnügen gewesen sein. Ich hätte meinen Standpunkt nicht tauschen wollen.

22 Below


Notes from the Underground


Wanderer Above the Sea of Fog


Your Heaven, My Underworld

In der Hoffnung, dass man nach der Bildverkleinerung die auch im Originalformat nicht sofort ins Auge stechenden fünf schwarzen Minipunkte im unteren Bilddrittel (mittig bis rechts) noch sehen kann, sei erläuternd angemerkt, dass dies kein Sensordreck ist und auch keine just im Moment der Aufnahme unmittelbar vor der Linse umherschwirrenden Insekten waren. Es handelt sich um fünf in größerer Entfernung frei über dem Nebelmeer umherjagende Piepmätze, deren sporadische Lautgebungen die einzigen weit und breit wahrnehmbaren Töne waren, sprich es herrschte ansonsten absolute, ja geradezu gespenstische Stille.

Angel by the Wings
 
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ralle

Leichtangler
Teammitglied
Hallo Raik

Dein Bericht und die Mühe die dahinter steckt, ist alle Ehren wert.

Du kannst Dir sicher sein, das ich Deinen Bericht bis zum Ende verschlinge !!
 

Debilofant

Well-Known Member
Moin Ralle,

gut drei Tage Berichterstattung sind noch in der Pipeline, womit die Ziellinie langsam aber sicher näher rückt. Anschauungsmaterial gibt es jedenfalls bis zum Schluss, denn zum Glück hat mein Pi mal Daumen kalkulierter Vorrat an Kamera-Akkus bis zum Wiedereinstieg in die Zivilisation durchgehalten.

... Fortsetzung:
Da der Vormittag mit dem Verschwinden des Nebels noch nicht rum war, habe ich die bis zum Mittag verbleibende Zeit noch für ein paar bodennahe Aufnahmen genutzt, von denen ich bislang irgendwie deutlich zu wenig eingetütet hatte. Bezeichnenderweise kam das immerhin mitgeschleppte Makro-Objektivs hierbei auch erst zum zweiten Mal während der Tour zum Einsatz, neben dem Weitwinkel-Objektiv. Farblich präsentiert sich im Herbst gerade die Bodenvegetation als bunter Teller mit zig Farbkombinationen und -variationen.

Alpen-Bärentraube in schmutzig Gelb/Rot


Alpen-Bärentraube in Bordeauxrot


Alpen-Bärentraube, Krähenbeere, Preiselbeere und Zwerg-Birke


Alpen-Bärentraube, Krähenbeere und Rentiermoos


Alpen-Bärentraube, diverse Moose, Preiselbeere, Myrsine-Weide
 

Debilofant

Well-Known Member
So ziemlich genau 12:00 Uhr verlasse ich die Aigert-Stugorna bei inzwischen heiterem bis leicht bewölktem Wetter in Richtung Ammarnäs. Da der Kungsleden auf den ersten 2-3 km dieser Etappe noch nicht gleich in den Wald hinabführt, bekomme ich noch ein paar letzte Aussichten auf den Stuor-Ájgart und nach Osten hin eine Fernvorschau auf Ammarnäs und den See Gautsträsket.

Bye, bye Aigert-Hütten


Morphine Cloud


Feuchtgebiet im Abflussbereich des Ruovdatjjávvrie


Ammarnäs und Gautsträsket in Sicht

Einen richtigen Plan, was ich nach der Ankunft in Ammarnäs mit dem Rest des Tages bzw. den paar zusätzlich zur Verfügung stehenden Tage noch anstellen könnte, habe ich zu diesem Zeitpunkt nicht. So bin ich die letzte Etappe dann einfach nur vor mich hin gelaufen.
 
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Debilofant

Well-Known Member
Bereits aus der Ferne lässt sich nicht übersehen, dass die Wälder rund um Ammarnäs nicht nur aus Birkenwald bestehen, sondern vielfach Mischwald mit gar nicht mal so wenigen Nadelbäumen vorherrscht und stellenweise sogar fast ausschließlich Nadel(ur)wald vorhanden ist. Ebenfalls bereits von oben zu sehen sind ein paar landwirtschaftlich genutzte Wiesenbereiche, was mitten in den Fjällgebieten auch nicht die Regel ist.

Mischwald um Ammarnäs


bewirtschaftete Wiesen gleich neben einem weiteren Biberrevier

Im Waldabschnitt warten zwei Bachüberquerungen, die dank Brückeninstallation wiederum kein Problem darstellen. An der ersten Brücke rauscht das Wasser des Ruovdatjjuhka durch eine nicht allzu große Felsspalte ca. 10 Meter senkrecht in die Tiefe, wohingegen es sich oberhalb der Brücke noch vergleichsweise gemächlich über kleinere Felstreppen talwärts ergießt.

Ruovdatjjuhka oberhalb der Brücke


Ruovdatjjuhka unter der Brücke kurz vor dem kleinen Wasserfall

Als zweiter Bachlauf wartet weiter unten dann der hübsch im Wald eingebettete Slagerbäcken, dessen (wie sollte es anders sein) glasklares Wasser mit eher moderater Geschwindigkeit kaskadenartig dahinplätschert.

Slagerbäcken

Kurz vor Ammarnäs verlasse ich den eigentlichen Kungsleden, der links über den kleinen Fluss Tjulån gleich weiter auf den nächsten Etappenabschnitt zur Rävfallsstugan über den Näsberget führt, und biege auf den Kungsledsvägen ab, einem kurzen Zubringerweg von der im "Zentrum" von Ammarnäs nach fast 90 km von Sorsele aus als Sackgasse endenden Straße 363. Das markante "Ortseingangstor", das zugleich die mit dem Polarfuchs als Symboltierart verzierte Eintrittspforte ins Vindelfjäll Naturreservat darstellt, bekommt man zwar auch von dort aus nicht zu Gesicht, wenn man sogleich links zum Ortskern abbiegt, aber wenn man ortsauswärts nach rechts abbiegt, sind es vom Abzweig des Kungsledsvägen nur ca. 700 m auf der Straße 363 bis zum "Holzzelt".

Ortseingangsschild der liebevollen Sorte und zugleich offizielle Eintrittspforte ins Vindelfjäll

In Ammarnäs ist es - anders als in dem mit Flugplatzanbindung am Blåvägen (E12) gelegenen Startpunkt Hemavan - verdammt ruhig, ein abgeschiedenes Bergdorf halt, zumindest auf den ersten Blick. Ich überlege kurz, ob ich mich für eine Nacht in Ammarnäs einquartiere, aber danach war mir dann irgendwie doch (noch) nicht. Stromtanken musste ich jedenfalls noch nicht und genügend Verpflegung hatte ich bereits in den Hütten nachgekauft, weshalb ich auch den kleinen Supermarkt vorerst links liegen gelassen habe.

Eine Option für den Rest des Tages und die kommenden Tage wäre sicherlich gewesen, dem Verlauf des Kungsleden weiter in Richtung Rävfallsstugan zu folgen und von dort am Vindelälven entlang wieder nach Ammarnäs zurück. Dafür hätte ich aber den Näsberget hinauf gemusst, worauf ich ob des steilen und langen Anstiegs schlicht keine Lust hatte. Von daher habe ich mich für einen ebenfalls weiter nach Norden führenden Abstecher ins Björkfjället entschieden, wofür ich zumindest an diesem Tag keinen steilen Berg mehr hinauf musste, sondern "nur" einmal komplett durch Ammarnäs durch bis nach Norra Ammarnäs, von dort aus auf die nach Norden führende Schotterstraße immer den Vindelälven entlang bis zum Abzweig Höbäcken und von dort aus weiter bis zunächst zur Rentierschlachterei Biergienas. Zelt hatte ich ja dabei und irgendwo entlang des Vindelälven würde sich bis zum Dunkelwerden schon noch ein Plätzchen zum Übernachten finden, so mein grober Plan.

So mache ich mich kurz nach 16:00 Uhr auf und erreiche Norra Ammarnäs kurz nach 17:00 Uhr. Auf der dort über den Vindelälven führenden Brücke bietet sich ein selten wilder Anblick, denn der Vindelälven, einer von insgesamt nur noch vier unregulierten Flüssen Schwedens und obendrein Schwedens Nationalfluss, jagt in diesem "Vindelåforsen" genannten Abschnitt von Stromschnelle zu Stromschnelle mit urgewaltigem Highspeed die Felswände entlang bzw. hinunter.

Vindelåforsen
 
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Schwedenangler

Hechtfänger
Es sind einfach tolle Bilder und es macht Spass deine Berichte zu lesen. Die Farbenpracht der Bäume, Sträucher und Pflanzen ist wunderschön
anzusehen thumbsup !
Gruß Ralf
 

Debilofant

Well-Known Member
Moin Ralf,

merci für Deine anerkennenden Worte!
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Die Ruskazeit ist schon ein faszinierendes Naturschauspiel. Darin wenigstens einmal so richtig ein- bzw. abzutauchen, war ein für mich schon allein erstrebenswertes und zudem alle Einschränkungen oder gar Unannehmlichkeiten rechtfertigendes Reiseziel. Ich hoffe, dass sich dies anhand von Text und Bild auch zu guten Teilen nachvollziehen lässt.

... Fortsetzung:

Meine Grobplanung in Sachen Übernachtung zerschlägt sich jedoch schon kurz nach Verlassen der Ortschaft nach nicht einmal 20 Minuten auf der Schotterpiste. Wider Erwarten kam hinter mir ein älterer Transporter angerauscht, der mich nicht umkachelt, sondern mit heruntergekurbeltem Fenster neben mir anhielt. Dessen Fahrer fragte mich, wo ich denn um diese Zeit noch hinwolle, und wie sich schnell herausstellen sollte, hatte der gute Mann, ein Einheimischer aus Norra Ammarnäs, das gleiche Ziel, nämlich die Rentierschlachterei Biergienas. Das mir spontan unterbreitete Angebot, einzusteigen und die immerhin gut 13 km mitzufahren, habe ich dankend angenommen.

Also, Rucksack und Trekkingstöcke schnell durch die Hecktüre in den Transporter geworfen, auf dem Beifahrersitz Platz genommen und während der gebührenfreien Taxifahrt über die Rumpelpiste ein authentisch interessantes Gespräch mit einem Sami geführt. Ich erfuhr, dass mein Sitznachbar im Begriff war, so eine Art traditionellen Kurzurlaub anzutreten, nämlich per Quad eine Woche Wildniscamp mit der Familie (und Hunden) zur Elchjagd und zum Fischen irgendwo am Laisälven in der Umgebung von Adolfsström, nachdem die Herbstarbeiten der in Ammarnäs ansässigen Rentierzüchter einschließlich der Schlachtungen allesamt erledigt waren. Nach Ankunft an der Rentierschlachterei, wo dann auch die Schotterpiste als Sackgasse endet, wurde der Transporter auf dem dortigen Parkplatz gegen ein geländegängiges Quad mit Anhänger getauscht und die zur Errichtung des familiären Wildniscamps benötigten Utensilien umgeladen. Für mich hieß es am Parkplatz nach einem großen Dankeschön Abschied nehmen und zu Fuß mit Kurs nach Osten weiterlaufen.

Summa summarum hatte ich soeben fast einen ganzen Tag Laufweg gespart und befand mich dadurch noch vor Sonnenuntergang fast am Ziel, also am Rande des Björkfjället. Um einen möglichst über der Baumgrenze liegenden Zeltplatz zu finden, musste ich die von Biergienas aus in Richtung Adolfsström verlaufende Quadspur zwar noch ein Stück weiter hinauf, aber das war innerhalb von 20 Minuten auch erledigt. Anstelle eines im Bergschatten liegenden Schlafplatzes entlang der Schotterpiste stand ich nun mit einer vorzüglichen Aussicht auf das Ammarfjället im Schein der Abendsonne wieder mitten im Fjäll - sauber gelaufen!

Abendsonne über dem Ammarfjället


Daylight Dies


Skebleskalet im letzten Streiflicht


"Tack så mycket"


Sunset of the Age


Red Ran Amber


Vanished

Für den 19.09.2016 war es das.
 
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Debilofant

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@ Andy: Gern geschehen, und ein Dankeschön von mir zurück! Den Abreisetag nicht mitgezählt, umfasst die Berichterstattung jetzt noch drei Tage, in deren Verlauf das ein oder andere sehenswerte Bild noch entstehen sollte.

20.09.2016:

Die Nacht im Zelt verlief ohne Zwischenfälle, wenn ich davon absehe, dass es zwischendurch auch mal ganz ordentlich gewedelt hat. Vom Sonnenaufgang sehe ich vom Zeltplatz aus erstmal nichts, denn dafür war ich den Hang gestern nicht weit genug hoch gelaufen. Immerhin stehe ich nicht im Nebel, der unten im Tal in dünnen Schwaden über und neben dem ebenfalls noch im Schatten liegenden Vindelälven und den angrenzenden Moorflächen schwebt.

Blackwater Park

Bereits kurz vor halb acht ertönten aus der Ferne schon wieder Motorengeräusche, welche jedoch nicht von einem Hubschrauber, sondern von zwei Quad-Mobilen mit jeweils Hund im Schlepptau stammten. Es handelte sich augenscheinlich um die Verwandschaft des freundlichen Herrn von gestern, die mit restlichem Gepäck auf dem Weg zum Wildniscamp waren.

Familienausflug auf samisch

Währenddessen schieben sich die ersten Sonnenstrahlen bis ins Tal hinab und lassen den Nebel auch dort allmählich in höhere Stockwerke verschwinden. Trotz Sonnenscheins war ich mir um diese Zeit über die weitere Wetterentwicklung aber noch nicht ganz im Klaren, denn in Richtung Nordwest standen ordentlich dicke Wolken über und im Ammarfjället.

Lifted


Frühstückszeit
 

Debilofant

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Um ca. 9:00 Uhr war ich mit dem Frühstück und Klamotten packen durch und startbereit. Ich folge der weiter nach Nordosten hinaufführenden Quadspur und erreiche bald den Höbäcken. Beim Wasserauffüllen merke ich, dass ich an diesem Morgen nicht der Einzige war, der sich am Wasser des Höbäcken bediente, denn ca. 30 m stromabwärts von mir saßen vier Schneehühner im Halbschatten des Bachufers. Die hatten mich zwar ebenfalls längst bemerkt, waren aber immerhin so freundlich, noch nicht die Flucht ergriffen zu haben. So habe ich dann versucht, mich auf eine für ein Foto brauchbare Nahdistanz anzupirschen, was trotz maximaler Brennweite von lediglich 200 mm auch einigermaßen klappte.

auf der Quadspur weiter durchs Fjäll


Schneehuhnversammlung am Höbäcken

Von Björkfjället aus sieht man vom Ammarfjället zur Linken wieder den Suvlåjvvie aus so ziemlich genau entgegengesetzter Richtung und daneben an der Ostflanke des Ammarfjället eine Steilwand namens Stuvbiebákttie.

Suvlåjvvie und Stuvbiebákttie

Nach dem Wassertanken überlege ich, ob ich der Quadspur weiter in Richtung des Sees Dautajaure folgen soll oder ich ohne Rucksack einen kleinen Abstecher auf die nach Südosten hin auslaufende Bergkuppe des Dåruothjåkka machen soll. Ich entscheide mich für Letzeres und bekomme so von weiter oben einen bis weit nach Norwegen reichenden Aus- und Überblick über das, obwohl der Name Gegenteiliges vernuten ließe, gänzlich baumlose Björkfjället. Einöde so weit das Auge reicht, nur unterbrochen von zahllosen Zaunstangen, die noch vom Rentierabtrieb im Fjäll standen.

Viva Emptiness
 
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Debilofant

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Vom Dåruothjåkka aus bekomme ich auch noch einmal die Rentierschlachterei von oben ins Bild.

Biergienas

Da weit und breit auch keine Rentiere (mehr) zu erspähen waren, beschloss ich, den schon der Zaunstangen wegen nicht sonderlich schön anmutenden Weg durchs Björkfjäll nicht weiter zu gehen, zumal, wie bereits angeklungen, das über mir praktisch wolkenlose Wetter nur ein paar Kilometer weiter nordwestlich alles andere als gemütlich aussah.

dicke Wolken über und hinter dem Skebleskalet ...


... bzw. über und hinter dem nördlichen Ammarfjället

Während ich den Dåruothjåkka wieder hinunterlaufe, sehe ich hoch oben am Himmel einen inzwischen über dem Tal des Vindelälven kreisenden Steinadler, den ersten und bis heute zugleich letzten, den ich jemals zu Gesicht bekommen habe. Für ein Foto langt es jedoch nicht, denn selbst mit der maximalen Brennweite von 200 mm wäre bei der Entfernung nicht viel mehr als ein kleiner schwarzer Fleck zu sehen gewesen, also völlig aussichtslos.

Zurück am Höbäcken sammle ich meinen Rucksack wieder ein und mache vor dem Abstieg zurück ins Tal des Vindelälven noch eine letzte Aufnahme von der tollen Panoramaaussicht auf den südöstlichen Teil des Ammarfjället.

Hallowed Land
 
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Debilofant

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Für den Abstieg bietet sich ein rechts am Höbäcken vorbeiführender Wanderpfad an, der irgendwann auf die zur Rentierschlachterei hinaufführende Schotterpiste bzw. bergab dann bis zum Rast- und Parkplatz Höbäcken an den Vindelälven zurückführt und mir noch aus dem Vorbereitungsstudium des Rother Wandeführers "Lappland" präsent war.

Bye, bye Höbäcken

Bis zur Schotterpiste geht es ausschließlich durch den Wald mit nur ganz wenigen und obendrein sehr kleinen Sumpf-Lichtungen. Gleichwohl bietet sich zwischendurch von einem dieser Minifenster aus nach Nordwesten hin ein toller Ausblick auf die Aitenjas-Steilwand.

Rückmarsch durch den Wald


Aitenjas-Steilwand aus südöstlicher Richtung

Nach dem Einbiegen auf die Schotterpiste gerät dann auch das Ammarfjället allmählich aus dem Blick, denn je weiter ich mich dem Talboden des Vuodnávággie nähere, desto mehr versperren die vorgelagerten Hügeln die Sicht nach Westen. Demgegenüber bleibt die Fernsicht nach Norden hin auch von der Schotterpiste aus und später dann auch aus dem Vuodnávággie heraus weitgehend erhalten, u.a. auf den Berg Ájtelsnástjåhhka.

auf der Schotterpiste hinunter ins Vuodnávággie


Ájtelsnástjåhhka

 

ralle

Leichtangler
Teammitglied
Großes Kino !!
 
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