@ Snash: Ist vermutlich einfach noch ein bisschen kühl.
Bei 12 Grad sind die Friedfische wieder aktiv. Normalerweise geht es bei mir schon in der zweiten Märzhälfte wieder los, die dicken Rotaugen-Klopper zwischen 1 und 2 Pfund. Gestern war ich das erste Mal in diesem Jahr draußen. Mein Problem war, dass ich wegen der Corona-Schließung des Angelbärs keine Maden hatte. Um diese Zeit angel ich mit Maden und feiner Posenmontage, aber jetzt musste ich auf meinen Sommer- und Herbstköder Mais ausweichen. Posenangel ging auch nicht gestern Nachmittag, weil ich seit etwa letztem Jahr nicht mehr länger auf die Wasseroberfläche schauen kann ohne dass mir abends, und auch noch am nächsten Tag, die Augen schmerzen. Ob das daran liegt, dass ich älter werde oder ob die Strahlungsintensität zunimmt - würde gerne wissen, wie es Euch damit geht.
Hier die die ganze Story:
Am Spätnachmittag fahre ich mit Fahrrad und Anhänger durch Corona-Frankfurt. Ist etwa wie sonntags, wenig los auf Straßen und Bürgersteigen. Die Leute sind ruhig, gelassen, keine Huperei, keine Schreierei. Hier und da ist auch eine blaugrüne Maske zu sehen.
Am Mainufer ist aber mehr los als sonst: Fahrradfahrer, Skater, Liebespaare, umherschweifende Männer, oft allein. aufgedonnerte junge Frauen, meist zu zweit, Familien, Jogger und Joggerinnen, Flanierende, Konsumierende, Schauende, Sprechende. Ununterbrochenes Hintergrundgemurmel. Hinter mir fährt geräuschlos ein Polizeiwagen vorbei, hält neben einem bärtigen Passanten. "Personenkontrolle, Hände an die Wand". Genau an der Stelle, wo ich beim Nachtangeln immer den Efeu dünge. Jetzt steht da einer, die Hände an der Wand.
Ein weiterer Streifenwagen hält oben auf Straßenebene und nimmt Mann mit. Die Zierkirschen stehen in voller weißer Blüte, der Himmel ist strahlend blau. Es hat zu lange nicht geregnet, nur träge fließt der Main.
Seit 13 Jahren ist dieser Platz, mein Platz, das erste Mal besetzt, und zwar von einem, der, ja der...
genauso angelt wie ich: Gleiches Gerät, gleiche Methode, gleiche Köder, gleiche Art zu hantieren, sogar gleiche Altersklasse, Ü50.
Das darf nicht wahr sein!
Ich baue meins 15 Meter weiter rechts auf.
Posenangeln hat sich hier erübrigt, auch wegen der Sonne am Spätnachmittag, Neben die Futterkorbangel montiere ich die leichte Stipprute des Sohnes mit einem 5 Gramm Birnenblei und angel damit auf Grund in Ufernähe. Ich halte die in der Hand, spüre, warte auf das verheißungsvolle Tock-Tock. Ja, natürlich, Anfutter muss sein.
Der Freund kommt, wir haben uns lange nicht gesehen. Handschlag oder Umarmung entfallen wegen Corona.
Meine Stimmung ist nicht besonders. Müde, alt.
Becks und Tsingtao lösen die Probleme nicht wirklich.
Kein Fisch.
Wir essen. Brot, Käse, Datteln. Das vom Freund mitgebrachte Crackerzeug geht heute nicht an mich.
Kein Fisch.
Beim Kollegen nebenan auch nicht. Regelmäßig schleifen bei dem die leeren Futterkörbe über die Wasseroberfläche, das wars.
Ab und zu schauen der andere und ich uns an. Sein Gesicht ein breites Oval, das Haar etwas schütter. Das Gute am gemeinsamen Misserfolg ist das Gemeinsame.
Die Sonne geht unter. Sehr schön. Rosa, rot, hellorange, violett.
Der Freund erzählt was. Ich kann mich nicht konzentrieren, bin müde, muss den kleinen Haken aufs 12er Vorfach bringen. Muss den Mais an den Haken bringen.
Ich tue so als höre ich zu, simuliere Aufmerksamkeit mit "mmh, mmh".
Er merkt das, beklagt sich nicht, kein Vorwurf.
Ein Freund ist ein Reichtum.
Es wird dunkel. Die Straßenlaternen beginnen ihre Arbeit ohne viel Aufsehen. Es sind bescheidene zuverlässige Typen.
Ich würde gerne wissen, welcher Art diese Spinnen sind, die am Ufergeländer im Laternenschein jede Nacht neu ihre Netze stricken.
Tagsüber sieht man sie nicht. Ich glaube, sie wohnen im Geländer. Das Geländer hat Löcher.
Uups, plötzlich ein Widerstand an der Rute, die ich in der Hand halte.
Uups, nicht ganz klein, der zieht sogar etwas Schnur von der Bremse.
Der Freund und ich hantieren mit dem großen Kescher unprofessionell. 4 Hände an einem Kescher. Was soll der Kollege nebenan denken?
Ein silbriges Rotauge liegt drin. Der Freund macht viele Fotos. Ich mache auch eins. Dann muss es schnell gehen.
Es ist ein Weibchen, 33 cm lang und genau ein Pfund schwer. Über 100 Gramm davon sind Eier, die ich mir später in Olivenöl braten werde. Wertvoll, enthalten alle Kraft des Winters. Danke.
Noch drei Grundeln ebenfalls auf Mais, das wars.
Der Freund ist mittlerweile wieder weg, der Kollege nebenan auch.
Ich schaue auf die Uhr: 00:14.
Hänger beladen, Lichter montieren und zurück geht's durch die Nacht.
Durchs Bahnhofsviertel. Dunkle Gestalten, meist in kleinen Grüppchen, hager, ausgezehrt. Einer hat seinen Hemdsärmel hochgerempelt, dreht seinen Arm nach oben. Andere sitzen, kauern, stehen in seltsam verkrümmter Haltung.
Die Stimme einer Frau, die einmal schön gewesen sein muss, krächzt über die Straße: "10 Euro hat der vorher gesagt."
Jeder von uns kann da hin kommen. Ich auch. Du auch.
Aber Hoffnung gibt es. Ich fahre weiter. Mir fällt ein: Übermorgen ist Karfreitag.
Nein, morgen ist Karfreitag. Jetzt ist es ja schon Donnerstag 01:00 Uhr morgens.
Dann Leute.....
Schöne Feiertage!
Rotaugen-Marc
Und: Snash, lass dann hören, was bei Eurem Ansitz auf Wels und andere morgen rausgekommen ist....