südlicht
90% Fliege
Hallo Wedlergenossen!
Seit einiger Zeit fischt ein guter Bekannter von mir an einem Rheinhafen auf Karpfen. Immer mit 2 Grundruten und Boilies.
Soweit so gut, nur was hat das mit Fliegenfischen zu tun?
Ich wills erklären.... Mike, mein Kumpel verbringt als z.Zt. wöchentlich mehrere Abende beim Ansitz auf Karpfen. Am selben Gewässer und ein paar Meter weiter, am Rhein, fische ich abends öfter mal mit Spinn- und Fliegenrute.
Auf dem Rückweg oder einfach mittendrin mal, sitze ich oft bei Mike zum Klönen... Und immer wieder beschwert er sich über die Karpfen die sich an der Oberfläche zeigen, aber zu selten an seine Köder gehen. Immer hin hat er aber dieses Jahr unter anderem schon einen stattlichen Spiegler von 42 Pfund landen können.
Heute Abend sitze ich also wieder bei ihm, stopf mir ein Pfeifchen und schaue so durch meine Polbrille aufs Wasser.
Es ist gerade 18:40 Uhr und die tiefstehende Sonne blendet doch ein wenig. Beim Umdrehen in Richtung Mike sehe ich aus den Augenwinkeln eine Bewegung. Schaue genauer hin und in diesem Moment schraubt sich ein wahres Monstrum von Karpfen in voller Länge aus dem Wasser. Erschrocken schauen wir uns an und Sekunden später lässt Mike wieder seine Tirade über die verfluchten Karpfen, die nicht so recht beissen wollen, los.
Grinsend drehe ich mich wieder um in Richtung Wasser und sehe einen Karpfen, 4 Meter vom Ufer entfernt, wie er genüsslich irgendwelche kleinen Insekten von der Oberfläche schlürft.... Moment mal.... Die 6 er Fliegenpeitsche liegt neben der Treppe, die Rolle schön auf einem Grasbüschel platziert.... Schon habe ich sie in der Hand, doch der Blick auf die Fliege lässt mich erst zweifeln. Vorhin versuchte ich mein Glück mit einer selbstgebunden 8er Grashüpfer-Imitation auf Döbel oder Rapfen in der Strömung. Leider ohne Erfolg. Was solls, denke ich und ziehe ein paar Klänge der 6er Cortland von der Rolle...
"Das wird doch eh nichts, die sch*** Viecher beissen nicht!", brummelt Mike, als ich den ersten Wurf sauber gestreckt auf dem Wasser ablege. Na, etwas kurz, denke ich und will die Schnur schon wieder von der Wasseroberfläche abheben, als ein zweiter Karpfen aus dem trüben Wasser im Hafenbecken aufsteigt und mit einem kleinen Ring die Fliege nimmt. Völlig verdattert stehe ich da, unfähig einen Anhieb zu setzen, als der Karpfen dies für mich unternimmt.
Beim Abtauchen spürt er scheinbar die Schnur, spuckt die Fliege aber Gott sei Dank nicht wieder aus sondern rast knapp unter der Oberfläche ins offene Hafenbecken hinaus. In Gedanken bin ich froh, dass hier an dieser Stelle vorgestern noch ein kleiner Sandfrachter lag, denn als dieser ablegte und Fahrt aufnahm, entfernte er einen großen Teil der zähen Krautfelder, die sich den Sommer über entwickelten. Schon will der Karpfen auf Tiefe und ich bange um meine 0,22er Vorfachspitze. Gut, dass ich auf Rapfen immer dieses 22er Fluocarbon nehme, der Durchmesser gibt in dieser Situation doch mehr Sicherheit als ein 14 Häärchen...
Gefühlvoll drehe ich die Bremse meiner Rolle etwas weiter zu und halte vorsichtig dagegen. Nun will er seitwärts, also parallel zum Ufer ausbrechen. Ich gehe ein Stück mit und gewinne wieder ein paar Meter kostbares Backing zurück. Sogar die Hälfte der Fliegenschnur befindet sich schon auf der Rolle, als der Karpfen eine Kehrtwende macht und wieder in Richtung Mike schwimmt. Langsam jetzt,aber mit bulliger Kraft...
"Sieht aus, als wenn du Gassi gehst..", höhnt Mike, als er vorsichtshalber seine Ruten einholt. "Mach lieber den Kescher fertig!", rufe ich gereizt.... Wenn ich diesen Fisch verliere... Andererseits, denke ich, dieser Drill wird sowieso unvergesslich bleiben und wenn es dem Karpfen gelingen sollte, nun denn...
Gemächlich zieht der Fisch nun seine Bahnen. Fast kommt es mir so vor, als wenn er mich nicht ernst nehmen würde... Ganz ohne Stress....
Pustekuchen!!...
Als wenn er mich einlullen wollte, denn plötzlich folgt ein Abtauchen und wieder eine Flucht hinaus in Richtung Fahrrinne... Hoffentlich läuft er nirgends rein.... Nein, da kommt er schon wieder hoch.... Will oder kann er nicht mehr? "Naja, viel macht er ja nicht...!", lästert Mike und klettert mit dem Kescher in der Hand die Steinschüttung hinunter. Jetzt kann ich den Fisch das erste mal richtig sehen... ein Schuppenkarpfen, relativ hell... aber groß!
Mensch, das ist ja ein Brocken.... Jetzt nur keinen Fehler machen!
Ganz langsam pumpe ich den träge an der Oberfläche treibenden Fisch in Richtung Netz. Als der Schuppi den Kescher spürt, mobilisiert er nochmal alle Kräfte und lässt die Bremse noch mal aufheulen.
Jetzt kann ich aber relativ schnell und leicht die verlorene Schnur wieder zurück gewinnen und endlich umschliessen die Netzmaschen den Kontrahenten.
Ich schliesse die Augen und setze mich auf einen Stein... Mike schleppt den Kescher samt Fang auf den schmalen Weg am Rande der Böschung und legt ihn vorsichtig auf seiner Karpfenmatte ab. Kurz die Waage an das Netz und etwas unverständliches in den Bart gebrummelt. Während ich den Haken löse, fällt mir etwas Laich auf, der am Netz klebt. Ich schaue nach und erkenne, dass diese Dame wohl bald fällig ist. Also nur kurz aus dem Netz gehoben, schnell vermessen und vorsichtig wieder ins nasse Element entlassen.
Als er mit langsamen Flossenschlägen im trüben Wasser verschwindet fühle ich mich leer.... und unendlich leicht.... War das eben Realität? Oder nur ein sehr intensiver Traum?
"94cm hatte er", brummelt Mike, "und 32 Pfund... Zufall!" - Mag sein, aber mein erster Fliegenkarpfen....
Hier die Lady:
Und das fängige Muster (leider etwas unscharf):
Seit einiger Zeit fischt ein guter Bekannter von mir an einem Rheinhafen auf Karpfen. Immer mit 2 Grundruten und Boilies.
Soweit so gut, nur was hat das mit Fliegenfischen zu tun?
Ich wills erklären.... Mike, mein Kumpel verbringt als z.Zt. wöchentlich mehrere Abende beim Ansitz auf Karpfen. Am selben Gewässer und ein paar Meter weiter, am Rhein, fische ich abends öfter mal mit Spinn- und Fliegenrute.
Auf dem Rückweg oder einfach mittendrin mal, sitze ich oft bei Mike zum Klönen... Und immer wieder beschwert er sich über die Karpfen die sich an der Oberfläche zeigen, aber zu selten an seine Köder gehen. Immer hin hat er aber dieses Jahr unter anderem schon einen stattlichen Spiegler von 42 Pfund landen können.
Heute Abend sitze ich also wieder bei ihm, stopf mir ein Pfeifchen und schaue so durch meine Polbrille aufs Wasser.
Es ist gerade 18:40 Uhr und die tiefstehende Sonne blendet doch ein wenig. Beim Umdrehen in Richtung Mike sehe ich aus den Augenwinkeln eine Bewegung. Schaue genauer hin und in diesem Moment schraubt sich ein wahres Monstrum von Karpfen in voller Länge aus dem Wasser. Erschrocken schauen wir uns an und Sekunden später lässt Mike wieder seine Tirade über die verfluchten Karpfen, die nicht so recht beissen wollen, los.
Grinsend drehe ich mich wieder um in Richtung Wasser und sehe einen Karpfen, 4 Meter vom Ufer entfernt, wie er genüsslich irgendwelche kleinen Insekten von der Oberfläche schlürft.... Moment mal.... Die 6 er Fliegenpeitsche liegt neben der Treppe, die Rolle schön auf einem Grasbüschel platziert.... Schon habe ich sie in der Hand, doch der Blick auf die Fliege lässt mich erst zweifeln. Vorhin versuchte ich mein Glück mit einer selbstgebunden 8er Grashüpfer-Imitation auf Döbel oder Rapfen in der Strömung. Leider ohne Erfolg. Was solls, denke ich und ziehe ein paar Klänge der 6er Cortland von der Rolle...
"Das wird doch eh nichts, die sch*** Viecher beissen nicht!", brummelt Mike, als ich den ersten Wurf sauber gestreckt auf dem Wasser ablege. Na, etwas kurz, denke ich und will die Schnur schon wieder von der Wasseroberfläche abheben, als ein zweiter Karpfen aus dem trüben Wasser im Hafenbecken aufsteigt und mit einem kleinen Ring die Fliege nimmt. Völlig verdattert stehe ich da, unfähig einen Anhieb zu setzen, als der Karpfen dies für mich unternimmt.
Beim Abtauchen spürt er scheinbar die Schnur, spuckt die Fliege aber Gott sei Dank nicht wieder aus sondern rast knapp unter der Oberfläche ins offene Hafenbecken hinaus. In Gedanken bin ich froh, dass hier an dieser Stelle vorgestern noch ein kleiner Sandfrachter lag, denn als dieser ablegte und Fahrt aufnahm, entfernte er einen großen Teil der zähen Krautfelder, die sich den Sommer über entwickelten. Schon will der Karpfen auf Tiefe und ich bange um meine 0,22er Vorfachspitze. Gut, dass ich auf Rapfen immer dieses 22er Fluocarbon nehme, der Durchmesser gibt in dieser Situation doch mehr Sicherheit als ein 14 Häärchen...
Gefühlvoll drehe ich die Bremse meiner Rolle etwas weiter zu und halte vorsichtig dagegen. Nun will er seitwärts, also parallel zum Ufer ausbrechen. Ich gehe ein Stück mit und gewinne wieder ein paar Meter kostbares Backing zurück. Sogar die Hälfte der Fliegenschnur befindet sich schon auf der Rolle, als der Karpfen eine Kehrtwende macht und wieder in Richtung Mike schwimmt. Langsam jetzt,aber mit bulliger Kraft...
"Sieht aus, als wenn du Gassi gehst..", höhnt Mike, als er vorsichtshalber seine Ruten einholt. "Mach lieber den Kescher fertig!", rufe ich gereizt.... Wenn ich diesen Fisch verliere... Andererseits, denke ich, dieser Drill wird sowieso unvergesslich bleiben und wenn es dem Karpfen gelingen sollte, nun denn...
Gemächlich zieht der Fisch nun seine Bahnen. Fast kommt es mir so vor, als wenn er mich nicht ernst nehmen würde... Ganz ohne Stress....
Pustekuchen!!...
Als wenn er mich einlullen wollte, denn plötzlich folgt ein Abtauchen und wieder eine Flucht hinaus in Richtung Fahrrinne... Hoffentlich läuft er nirgends rein.... Nein, da kommt er schon wieder hoch.... Will oder kann er nicht mehr? "Naja, viel macht er ja nicht...!", lästert Mike und klettert mit dem Kescher in der Hand die Steinschüttung hinunter. Jetzt kann ich den Fisch das erste mal richtig sehen... ein Schuppenkarpfen, relativ hell... aber groß!
Mensch, das ist ja ein Brocken.... Jetzt nur keinen Fehler machen!
Ganz langsam pumpe ich den träge an der Oberfläche treibenden Fisch in Richtung Netz. Als der Schuppi den Kescher spürt, mobilisiert er nochmal alle Kräfte und lässt die Bremse noch mal aufheulen.
Jetzt kann ich aber relativ schnell und leicht die verlorene Schnur wieder zurück gewinnen und endlich umschliessen die Netzmaschen den Kontrahenten.
Ich schliesse die Augen und setze mich auf einen Stein... Mike schleppt den Kescher samt Fang auf den schmalen Weg am Rande der Böschung und legt ihn vorsichtig auf seiner Karpfenmatte ab. Kurz die Waage an das Netz und etwas unverständliches in den Bart gebrummelt. Während ich den Haken löse, fällt mir etwas Laich auf, der am Netz klebt. Ich schaue nach und erkenne, dass diese Dame wohl bald fällig ist. Also nur kurz aus dem Netz gehoben, schnell vermessen und vorsichtig wieder ins nasse Element entlassen.
Als er mit langsamen Flossenschlägen im trüben Wasser verschwindet fühle ich mich leer.... und unendlich leicht.... War das eben Realität? Oder nur ein sehr intensiver Traum?
"94cm hatte er", brummelt Mike, "und 32 Pfund... Zufall!" - Mag sein, aber mein erster Fliegenkarpfen....
Hier die Lady:
Und das fängige Muster (leider etwas unscharf):
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