Kleine Story aus vergangenen Zeiten - A Zwanzgpfünder siebzeh hot dä bestimmt (schriftdeutsch: Ein Zwanzigpfünder - siebzehn hat er bestimmt)

Lajos1

Well-Known Member
Es war so um 1966 herum also vor so gut 55 Jahren.
Wir, vier befreundete Angler aus unserm Verein im Alter von 18-20 Jahren, beschlossen ein Wochenende an der Wörnitz zu verbringen. Dazu fuhren wir nach Dinkelsbühl und parkten in der Nähe des Eisenstegs südöstlich der Altstadt, etwa dort, wo heute ein Supermarkt ist. Damals war dort noch Brachland. Wir fischten vom frühen Nachmittag bis zum Abend, nicht gerade mit großem Erfolg, wie ich mich noch erinnern kann. Dann gingen wir in ein Wirtshaus und anschließend schliefen wir im Auto um die Fischerei in den frühen Morgenstunden fortzusetzen.
Es war schon fortgeschrittene Morgendämmerung, als ich durch Hilferufe wach wurde. Ich sah mich um und bemerkte. daß wir nur zu dritt im Auto waren. Daraufhin stieg ich aus, - die zwei anderen begannen auch sich zu rühren - und ging zur nahen Wörnitz, wo die Hilferufe herkamen.
Jetzt konnte ich die Rufe auch verstehen: "Helft mer halt, helft mer halt, a Zwanzgpfünder, siebzeh hot dä bestimmt" schallte es durch den frühen Morgen.
Unser vierter Mann, der Erich, war als erster aufgestanden und hatte mit dem Fischen am gegenüberliegenden Wörnitzufer schon begonnen und offensichtlich eine Monsterkarpfen im Drill.
Und wieder schallte es: "Helft mer halt, helft mer halt, a Zwanzgpfünder, siebzeh hot dä bestimmt", als er mich bemerkte, rief er rüber: "Na endlich kommt einer von euch Trantüten, komm rüber und hilf mir." Ich rannte über den Eisensteg und kam bei ihm an, als er gerade entweder über seine eigenen Füße stolperte oder im taufrischen Gras ausrutschte und mit einem Bein bis zum Knie in die Wörnitz rutschte, was er mit einem: "Hosters gsegn, neizuugn hot er mi fast", kommentierte (schriftdeutsch: hast du es gesehen, reingezogen hat er mich fast).
Mittlerweile waren unsere beiden Kameraden ans gegenüberliegende Ufer gekommen, um nachzusehen, was da eigentlich los ist. Worauf ihnen der Erich klarmachte, daß er einen Zwanzigpfünder, der bestimmt siebzehn Pfund hatte, an der Angel hatte. (Heutigen Karpfenspezialisten sei gesagt, daß ein Zwanzigpfünder so Mitte der 1960er Jahre etwa den Stellenwert eines heutigen zwanzig Kilo schweren Karpfens hatte).
Der Fisch hatte sich in die dort reichlich vorkommenden Teichrosen begeben und war nicht zu bewegen, herauszukommen. Einer unserer Kumpels vom gegenüberliegenden Ufer zog sich aus und ging mit einem Kescher bewaffnet in die Wörnitz, und, als er die Schnur unseres Großkarpfenfängers erreicht hatte, an dieser entlang bis zum vermeintlichen Monsterfisch, um ihn aus den Teichrosen herauszutreiben. Auf einmal fing er das Lachen an, stieß mit dem Kescher ins Wasser und hatte eine schönen Portionskarpfen von etwa 40-45 cm im Kescher, hob ihn über die Teichrosen hinweg ins Wasser und rief dem Erich zu: "Hier hast Du Deinen Zwanzigpfünder, der bestimmt siebzehn Pfund hat!" Merklich kleinlaut holte unser vermeintlicher Monsterfänger seinen Karpfen an Land. Wahrscheinlich machte der nach dem Anhieb eine starke Flucht in die Teichrosen und der Kontakt war weg, und warum auch immer Erich annahm, dass er ein wirklich großen Karpfen dranhatte, wir konnten es nicht ergründen.
Ich brauche wohl nicht zu sagen, dass er jahrelang mit dem Ausspruch, "Helft mer halt, helft mer halt, a Zwanzgpfünder, siebzeh hot dä bestimmt!", aufgezogen wurde.

Gruß

Lajos
 
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