AW: Senja 2005 - Die Schöne Wilde im Norden
Nun also der Bericht:
Am 16.06.2005 starteten wir zu viert Richtung Norden.
Wie letztes Jahr ging die Anreise über Kiel-Göteborg dann durch Schweden hoch durch Lappland und von Narvik rüber nach Senja.
Erlebten wir diese Insel letztes Jahr im April als sehr "harmlos" mit schönstem Wetter, so wurden wir diesmal gleich belehrt, in welcher Klimazone wir uns aufhielten. Es war erstmal nicht wärmer als 8 bis 9 Grad, auf den Bergen lag noch Schnee und die Seen waren zum Teil noch gefroren.
Dazu kam teilweise ne wirklich nicht zu verachtende Brise aus Nord.
"liten kyling pa kysten" - das ist manchmal nicht nur "liten".
Auch das Angeln war die ersten Tage erstmal ne Sucherei. Wir stellten uns ja darauf ein, dass wir - wie April letztes Jahr - einfach bei 8 Meter an den springenden Seelachsen angeln können und unsere Dorsche wieder fangen.
Pustekuchen!
Die Seelachse sprangen diesmal nicht, weil sie vor Dorschen flüchten, sondern weil sie den kleinen Fischen nachstellten und reine Fressorgien veranstalteten.
Beim Angeln waren genau diese Seelachse eine reine Plage.
Man konnte mit 12/0-er Haken angeln - sie stiegen ein.
Jeder Beifänger und sei er noch so groß, wurde angegriffen von ihnen.
Seelachse ók - aber in dieser Größe wäre das Kindesmord gewesen.
Die Vermieterin sprach davon dass der größe Seelachs der letzten Tage 4,5 kg war, aber das Wasser jetzt wärmer würde und dann die größeren Sej ankommen. Naja - sie sollte Recht behalten.
Bei einem Angeln vor der Küste bekam ich denn auch beim Einholen des Pilkers einen harten Biss - direkt unter der Wasseroberfläche. Ein Sej von 6,4 kg und 95 cm. Das war schonmal ganz ok.
Die Dorsche übrigens waren manchmal nur zum Beissen zu bewegen, wenn wir die Seelachse einfach nach dem Beißen nen Moment am Haken ließen. Dann knallte es gewaltig und der Dorsch hing dran.
Nach dem dritten Angeltag hatten wir so langsam einige Anlaufstellen, wo Fisch zu finden war.
Ein erster Höhepunkt war der 22.06.05. Endlich sollte mein langersehnter Steinbeisser an den Haken gehn. Unser Nachbarfjord, der Sifjord, war an diesem Abend ziemlich aufgewühlt. Am Horizont - gegen die Vesteralen - sah man erst, welche Wellenberge sich da aufgebaut hatten.
Wir fischten vor einer Abbruchkante und ich ließ nen schwarz-silbernen 125gr "Kieler Blitz" in ca. 35 Metern auf dem Boden entlanghoppeln. Ein Ruck, ne kurze Flucht und dann ließ sich etwas wie ein Sack hochkurbeln, wurde aber kurz vorm Boot wieder relativ lebendig. Tatsächlich: mein erster Seewolf - ich musste verbal meiner Freude ausdruck verleihen (also nen Schrei übers Wasser).
Er hatte vielleicht nur 2,5 kg, aber ich freute mich wie ein Schneekönig.
Ansonsten bestand die tägliche Ausbeute in den ersten Tagen aus schönen Dorschen von 3 bis 10 Pfund, tiefer unten die immer aktiven Lumbs und einmal erwischten wir in 90 Metern auf einem Plateau eine sehr ergiebige Rotbarsch-Stelle. Es kamen wirklich schöne Fischlis hoch, die gierig unsere dicken Eigenbau-Pilker angriffen.
Dann erhielten wir den alles entscheidenden Tipp:
Ein Plateau im Sifjord, von einer Rinne durchzogen, ca. 80 Meter tief - ziemlich ruhiges Wasser.
Wir fuhren also dahin, kaum waren unsere Pilker unten, waren alle Ruten gleichzeitig krumm - hier waren wir also richtig.
Einem Steinbeisser von 4,5 Kg folgten sehr schöne Dorsche, die meisten von 5 bis 7 kg, aber auch einer von 16,6 kg, den unser "Onkel Heinz" im Mittelwasser fing. Und zwar an einem Mini-Beifänger, von dem alle glaubten, dass mit diesem kleinen Haken niemals was zu fangen sei. Doch genau damit fing er diesen Riesen, den er vollkommen ruhig und souverän ins Boot beförderte. Glückwunsch!
Im Mittelwasser konnten wir nach kurzer Zeit schöne feiste Sej überlisten.
Meistens beim Hochholen des Pilkers stiegen diese Granaten ein.
Der größte war an diesem Tag 7,6 kg und machte einen Heidenlärm.
Es kamen noch 2 Dorsch von 12,5 und 13 kg und vorallem auffallend schöne Schellfische von bis zu 4,5 kg.
Bei mir selbst liefs an diesem Tag eher be....., weil ich mehr mit Verknotungen, Auf- und Umbau von Montagen usw. beschäftigt war.
Am 26.06. war erstmal ein schöner Sturm angesagt.
Es fegte ums Haus und selbst in unserer wirklich geschützten Bucht tummelten sich die Schaumkronen auf dem Wasser. Diejenigen, die nur ne Woche blieben, waren ziemlich enttäuscht. Gott sei Dank hatten wir genug Schwarzwälder Torte und Käsekuchen dabei, so dass es sich bei ner schönen Tasse Kaffee und dickem Pulli gut aushalten ließ.
Auch der Regen - bisher unser ständiger Begleiter - trommelte mit unverminderter Kraft auf dem Hüttendach und unseren Nerven rum.
Absolut klasse war übrigens diese Helligkeit - immer, tags, nachts - egal wann. Um 13.00 Uhr mittags wars genau so hell, wie nachts um 1.00.
So waren wir - was unsere Angelzeiten anging - absolut unabhängig.
Abends ließ der Sturm übrigens noch nach und einige besonders Mutige sind noch raus. Wieder schöne Dorsche - nix ganz riesiges- aber schöne Fische bis 9 kg und ein schöner Schell von 4 kg.
27.06.
Heute waren aufgrund des besseren Wetters 2 Ausfahrten geplant.
Erstmal liefs bei mir wieder mies. Wieder Vertüddelungen, Knoten auf der Multi, langsam machte sich Missmut breit!
Alle anderen fingen wieder gut - vorwiegend Dorsche bis 10 kg.
Die Ausfahrt abends war besser.
Während die anderen vorwiegend in 80 Meter mit schwerem Gerät den Grund abklopften, zupfelte ich mit 70gramm-Pilker und vorgeschalteter Rot-Gelber Dorschfliege im Mittelwasser rum. In ca. 7 Meter stieg am leichten Gerät ein 21 pfündiger Dorsch ein, der mir einen königlichen Drill bescherte. Wie ein dicker Seelachs schoss er erstmal in die Tiefe, dann dieses dumpfe, schwere Klopfen-meine leichte Rutenspitze war mehrmals unter Wasser.
Es folgte - auch ganz oben - ein schöner 5kg Sej und - nachdem ich ein wenig "umstellte" mit der 30 lbs.-Ausrüstung in 70 Meter ein Dorsch von 20 Pfund. Unser "Chef" - der Heinzelmann, schlug im Mittelwasser mit einem Dorsch von 33 Pfund zu. Schöne Leistung!
Gegen 1.00 Uhr die Nacht, machten wir Schluss, die Flitetier-Jungs bekamen nach getaner Arbeit noch ne Brotzeit und - wie so oft - wurde es ca. 3.00 Uhr die Nacht, bis wir im Bett lagen. Draussen lag die Sonne auf den Bergspitzen!
28.06.
Das Wetter hat sich wesentlich gebessert.
Es pustet nur noch ein laues Lüftchen und die Vesteralen sind wieder in voller Pracht zu sehn. Man sieht deutlich die verschneiten Berge.
Auch fischmäßig gings wieder rund.
Da unsere Gefrierkapazitäten langsam ausgereizt waren, war heute nur ein kleines, 4-Std.-Programm angesagt.
Mit "Grobzeug" kamen auch bald wieder schöne Dorsche, ich musste einen so um die 20 Pfd. aus 115 Metern hochbefördern. Was heisst "musste", es machte ja Spaß!
Auf dem Weg nach unten wurden die dicken Pilkers oftmals von prächtigen Sej von 4-6 kg. angegriffen, was eine schöne Abwechslung beim Pilken darstellte. Da unsere 2. Gruppe nachts wieder zurückflog, angelten die Jungs nicht mehr mit. Die Anderen fingen großartig. Nachts brachten Onkel Heinz und ich die Männers nach Tromsö zum Airport. Zweimal drei Stunden Fahrt - auch wenn die Landschaft noch so toll ist - schlauchen ganz schön. Deswegen: erstmal pennen!
29.06.
Ich schick´s voraus: das war für mich bisher der beste Angeltag!
Nachdem wir uns von der nächtlichen Flughafen-Tour erholt hatten, gings ganz gemütlich ab zum Plateau. Mit der "universal-Pilk-Methode" (150-250 gramm Pilker und vorgeschaltetes Großfisch-Paternoster) gabs wieder Dorsch reichlich , auch Lumb und Seelachs - heute allerdings nicht so riesig.
Irgendwann kam mir die Idee, gar nix mehr vorzuschalten, nur ne nackte 350-gramm Selbstbastel-Eisenstange mit 10/0-er Drilling zu montieren. Ich spürte deutlich jeden einzelnen "Auftupfer" auf dem Grund, der 80 Meter unter uns lag.
Auf einmal ein heftiger Ruckler - ganz kurze Gegenwehr und wieder das Gefühl, ein - diesmal sehr dicker - Sack hängt am Haken. So einen "Drill" erlebte ich schon einmal ........... ?!
Und tatsächlich: ich starrte ganz angespannt in die Tiefe, der "Kilometerzähler" meiner Rolle zeigte noch 5 Meter, noch 3 und dann sah ich "ihn" - den Grauen mit offenem Maul und den Kopf heftig rüttelnd. Ein wirklich schöner Seewolf! Wie ein Wilder biss er nach dem Gaffen um sich.
In der Fischkiste kriegte er nen Sej zu fassen und biss ihm erstmal in den Nacken, dass es deutlich krachte. Wir hatten schon Angst, er schlängelt sich wieder aus der Kiste raus. Ich steckte ihm nen dicken Knüppel zwischen die gefährlichen Zähne, es knirrschte. Nachdem er tot war, merkte ich erst, dass ich vollkommen neben der Spur war. So ein Fisch! Später stellte sich heraus, dass er 22 Pfund schwer und 1.15m lang ist. Mein Seewolf-Traum hat sich verwirklicht! Bald darauf erwischte ich noch einen sehr schönen, der allerdings nur mit den 2 Vorderzähnen sehr knapp an einem Haken des Drillings hing. Er verabschiedete sich kurz vorm Gaffen, aber das war mir an diesem Tag alles ziemlich egal. Da ich Probleme mit dem Bilder-Reinstellen hab: Wenn ihr den Fisch sehen wollt, geht unter "www.draugen.no", dann unter "havfiske", da schwirrt er irgendwo rum.
Abends - weil das Wetter so toll war - gings nochmal kurz raus.
Es wurde wieder mit leichtem Zeug geangelt - wieder zuckelte ich, (warum wohl??
mit ner 150-Gramm-Stange am Grund rum. Und nochmal hatte ich Glück. Wieder ein Seewolf, aber ein kleinerer. Vielleicht 3 kg.
Sonst gabs auch wieder Dorsch und Sej, aber nicht mehr so groß, wie die vorherigen Tage. Die Dicken scheinen sich verflüchtigt zu haben.
Aber - wie gesagt- unsere Fische waren weitgehend gefangen!
30.06.
Vorletzter Angeltag!
Das Wetter wurde jetzt so schön, dass es uns noch schwerer fiel, uns wieder verabschieden zu müssen.
Dieses goldene Licht der Mitternachssonne. Wie sie die Berge anstrahlt; einfach wunderschön! Und dazu der milchig-blaue Himmel und im Dunst am Horizont die hohen Berge. Einfach klasse!
Angelmäßig machten wir es uns heute gemütlich.
Mit ganz leichtem Zeug noch ein paar Dorsche und Sej gezockt und abends nen dicken Fischauflauf aufgebruzzelt - mit frisch gefangenem Schellfisch.
Was will man mehr? Hinterher gabs noch von sehr netten Norwegern, die aber aus Oslo kamen und sehr dankbar für unsere Angeltipps waren, "norsk is" mit allerhand Zuckerperlen und Lebensmittelfarbe.
01.07.
Heute letzter Angeltag.
Langsam reichts auch. Alle Klamotten stinken irgendwie nach Fisch, die Dorsche haben auf allen Angelhosen und -anzügen ihre hellen Spuren hinterlassen - und trotz aller Schönheit sind alle froh, wieder was anderes als Fisch um sich zu sehn.
Wir fuhren nochmal an die wohl schönste Stelle "unseres" Angelgebietes, in einen ganz kleinen Seitenarm des Sifjords, an einen Wasserfall.
Hier hat man das Gefühl, irgendwo im Schwarzwald oder in Bayern auf nem See zu sein. Überall rundherum unzählige kleine Seelachse und Dorsche, man kann sie im Wasser sehr gut sehn. Alle so um 300 Gramm. Hier muss wohl das Kinderzimmer sein. Allerdings - wie wir mit unseren Pilkern feststellten - mit Aufpassern! Schöne Dorsche und nochmal ein fetter Seelachs kamen an Bord.
Der schwerste übrigens unserer Reise hatte über 9.00 kg und ist auch bei
www.draugen.no zu bewundern.
Es war wieder einmal ein rundum gelungener Urlaub, auch wenn nicht nur Harmonie herrschte. Wie auch, bei 8 Kerlen, von denen fast jeder seinen eigenen Kopf hat. Aber im Großen und Ganzen klappte alles sehr gut.
Wir handhabten es so, dass wir uns selbst eine hochgesteckte Grenze setzten, ab der wir Dorsche und auch Seelachse mitnahmen.
Es landeten in unseren Boxen:
340 Dorsche bis 33 Pfund,
83 Lumb bis 10 Pfund
13 Steinbeißer bis 22 Pfund,
150 Seelachse bis 19 Pfund.
Die bis 9 Pfund schweren Schellfische wanderten meistens gleich in die Pfanne oder die Auflaufform.
Wir erlebten Senja diesmal nicht als die "milde Wilde", wie letztes Jahr, sondern wirklich als die "Schöne Wilde im hohen Norden", die jederzeit wieder eine Reise wert sein dürfte
|wavey: