Schonzeiten-(schwach)Sinn?!

In weiten Landesteilen herrscht seit ein paar Wochen „Saure-Gurken-Zeit“ für Raubfischangler. Hechte und Zander können sich in Ruhe um das Laichgeschäft kümmern. Es ist Schonzeit! Jedes Bundesland geht hier seinen eigenen Weg und setzt befristete Schonzeiten für bestimmte Fischarten fest. Da ich in Nordrhein-Westfalen wohne, heißt das für mich, dass Hechte von 15. Februar bis 30. April und Zander vom 1. April bis 31. Mai nicht beangelt und entnommen werden dürfen. Diese Zeiten können durch die Angelvereine verlängert werden, sodass das erste Halbjahr meist eine Raubfischfreie Zeit ist. Werfe ich ein Blick über die Landesgrenze nach Niedersachsen, zeigen sich andere Vorschriften. Dort beginnt die Schonzeit für Hecht bereits am 1. Februar und geht bis zum 15. April. Auf diese Weise kann es an Grenzflüssen zu besonderen Situationen kommen: Während auf der einen Uferseite Schonzeit gilt, ist auf der anderen Seite die Angelei noch oder schon wieder erlaubt. Außerdem drängt sich eine Frage auf: Woher sollen die Fische wissen, wann sie „laut Gesetzgeber“ laichen sollen?

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Jedes Bundesland legt eigene Schonzeiten fest

Es ist nachvollziehbar, dass sich die Fische nicht an die vorgegebenen Zeiträume halten. Schließlich sind sie Fische! Vielmehr spielen äußere Faktoren eine wichtigere Rolle: Wetter und Temperaturen beeinflussen beispielsweise Hecht und Zander, wenn es um die Fortpflanzung geht. Haben wir einen milden Winter ohne Schnee, Eis und lange Kälteperioden kühlt sich das Wasser weniger ab. Dieses kann dazu führen, dass sich die Laichzeiten der Fische nach vorne verschieben. Der umgekehrte Fall ist auch denkbar. Bei einem harten und langen Winter kann sich die Laichzeit nach hinten verschieben. Denken wir nur an die beiden letzten Winter zurück, fehlen lange und eisige Kältephasen – zumindest in meiner Region. Wandelt sich das Klima, passen sich die Fische in den Gewässern den neuen Gegebenheiten an.

Wäre es demnach nicht sinnvoll, flexible Laichzeiten unter Berücksichtigung der regionalen, äußeren Einflüsse festzulegen?
 
Der aktuelle Umgang gerade der Bundesländer mit den Schonzeiten und nachfolgend den individuellen Maßnahmen der Bewirtschafter ist doch sehr zu hinterfragen.
Die Bespiele mit geteilten Gewässern wurden reichlich genannt.

Teilweise verständlich aus der Vor-Internet-Steinzeit, als es eben mit allgemeinen Aushängen bekannt gemacht werden musste, Anschlag am schwarzen Brett und allgemeinverständlich für die gemeine Bevölkerung, und somit ein Jedermann-Paragraph umgesetzt werden musste.

Heute hat sich vieles geändert, so ist die Gewässerbewirtschaftung und Gewässernutzung schon sehr unterschiedlich.

Beispiel Forellengewässer, in 2 Ausprägungen a) Naturlaicher Bachforelle, b) Besatzgewässer Regenbogenforelle+Bachforelle.
In a) ist die richtige Schonzeit sehr sinnvoll, in b) aber nicht.

Zudem ist in a) und b) eine Schonzeit für Hecht, Zander, Barsch, Döbel etc. nicht sinnvoll. Die müssen raus was nur geht ... gerade Hechte vor und in ihrer Laichzeit.
Denn die Alternative Vollvergiftung mit Rotenon oder Vollablassen, ausbuddeln und aussieben sind pfui und nicht besonders fein.

Eine Schonzeit für eine Fischart ist dann wichtig und richtig, wenn bestimmte Faktoren gegeben sind:
a) Die Fischart ist von der Bewirtschaftung oder dem Naturrefugium (Biosphäre) her erwünscht.
b) Die Fischart ist nicht überreichlich vorhanden, sondern wird durch Fischerei im Bestand bedroht.
c) Die Fischart kann sich im Gewässer erfolgreich fortpflanzen.
d) Die Fischart wird im Gewässer nicht hauptsächlich durch Besatz gestützt, d.h. bei Raubfischen frisst der Besatzfisch nicht eh die Brut weg.

Wenn a)+b)+c)+d) ergeben, dass die Fischart geschont werden muss, muss dieses auch richtig getan werden, d.h. in den richtigen Monaten und mit den richtigen Maßnahmen.
Aber nur dann, ansonsten ist es in meinen Augen eher Schikane für die Angler und Faulheit der zuständigen Behörden, Verwalter usw..

Machbarkeit: Gewässertemperaturen und Statistik sind breit verfügbar, eine Verschiebung der Wassertemperaturlage wirkt sich großflächig aus.
Heute per Internet ist es ein leichtes, für jedes einzelne Angelgewässer die Daten aktuell bekannt zu geben und verfügbar zu machen.

Ich kenne von meinem einen Verein (in Niedersachsen) genügend Beispiele für besondere Regeln, Karpfen Schleie keine Schonzeit weil zu kalt, Satzregenbogenforellen eh nicht, der Hecht kann in einzelnen Gewässern entschont werden. Das geht also.

In wiefern sich der Prozess bei den unteren und oberen Fischaufsichtbehörden eine Freigabe zu erwirken, wie aufwendig oder damit leicht oder schwer machbar gestaltet, entzieht sich meiner Kenntnis, und wird sehr unterschiedlich sein was die Individuen der Verwaltung betrifft. Was aber einer flexiblen Festlegung durch die Vereine und Bewirtschafter sehr effektiv im Wege steht.

Es ist aber mehr als kurios, dass in Bayern sehr breit eine Wurmangel ja - Kunstköder nein - Raubfischschonzeit im Frühjahr existiert,
und in Niedersachsen Harz gerade anderes herum, Kunstköderangelzeit im Frühjahr ja, Hecht+Zander aber geschont, weil eben der erste Wirtschaftsfisch, die Forelle den Unterschied macht und dem alles angepasst (geopfert) wird. Wurmangeln etc. erst nach 15.05. und Ablauf von Hecht+Zanderschonzeit.

Was mich am meisten ärgert, ist der meist regionsfremde Zander und seine besondere Schutz+Schonzeit. Denn der ist dort gewässerfremd und dem herrschenden Hecht untergeordnet. Also sollte besser raus bzw. gehört nicht mehr hinein und nicht mehr besetzt.
Dass der Hecht seine Schonzeit durch Beißdesinteresse selber regelt, wurde schon gesagt. Und von mir während der Forellenangelei selber reichlich beobachtet.
Der Zander wird zudem oft in Hechtgewässer intensiv jährlich besetzt, und da hört für mich die Sinnhaftigkeit einer erweiterten Zanderschonzeit dann auf. Und er ist damit ein Entnahmefisch, der egal an welchem der 365 Tage im Jahr gefangen Vermehrungsunwirksam ist.

Überhaupt ist es eine verbreitete Unsitte, dass nach dem Gießkannenprinzip besetzt wird, also überall alles rein.
Dabei ist es sowohl von der Biosphäre her sehr wichtig, es sollte für ein Gewässer festgelegt und ausgewiesen werden,
ob ich einen eher nordischen Hecht-Schlei See mit Barsch+Rotauge+Ukelei habe, der weitgehend selbstvermehrend funktioniert,
einen mehr südlichen Warmwassersee haben tue, in dem Zander und Brassen viel besser passen, moderat Karpfen nicht schaden usw.
Oder reine Entnahme-Puffs (auch in den Angelvereinen) gestaltet werden, nach dem Motto eine Fischart reinkippen und wieder rausangeln. Sei es Karpfen oder Regenbogen oder sonstwas.
Oder ein Zandersee mit kühlen Tiefen, flachen Sandbänken und viel kleinem Weißfisch, mit sehr weiter Schonzeit für den "künstlichen" Zander und ausgelegt auf seinen Bruterfolg. Der Hecht wäre dort als sekundär oder unerwünscht zu erklären.

Alles durcheinander gewurschtelt ist in meinen Augen einfach nur Mist.
 
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