Die optimale Spinnkombi

vermesser

Well-Known Member
Die ideale Spinnkombi, eine Hilfestellung für Anfänger und Fortgeschrittene.

Da es ja hier im Board und im richtigen Leben immer wieder die Frage nach der Rute und Rolle für die Spinfischerei auf das, das und das, am besten auf alles, gibt, möchte ich im Folgende eine kleine Anleitung für Anfänger und Fortgeschrittene geben, wie man aus meiner bescheidenen Sicht die richtige Spinrute und Rolle findet. Da ich in meinen anderen Anleitungen auch immer wieder mal nach Geräten gefragt werde und mich schwer tue, das konkret zu beantworten, möchte ich hier eine kurze Einführung geben, wie man zu gut geeignetem Gerät kommt.
Bevor man überhaupt einen Laden betritt oder in einem der zahlreichen Onlineshops bestellt oder in verschiedenen Foren ein Thema für Empfehlungen veröffentlicht, stellt man sich die folgenden Fragen. Und immer daran denken:

ES GIBT KEINE RUTE VON BARSCH BIS ZANDER MIT GUTEN FÄHIGKEITEN FÜR HARD- UND SOFTBAITS!

Und aus meiner Sicht macht es mehr Sinn, ggf. zwei optimierte, preiswerte Kombis anzuschaffen als für viel Geld die berühmte eierlegende Wollmilchsau zu kaufen. Das vorab. Nun zum Thema.

I. RUTE:
I.I Welche Ködergewichte und –arten möchte ich mit der Rute fischen?
Es ist ein himmelweiter Unterschied, ob man einen Jerkbait, einen fetten Crankbait, einen schmalen Gummi mit Jigkopf, einen Blinker oder einen Spinner derselben Gewichtsklasse benutzt. Während ein Blinker oder ein Gummifisch im Wasser kaum Widerstand bieten, kann ein gleichschwerer Wobbler oder Spinner die Rute hoffnungslos überlasten.
Während Wobbler und Blech eher eine weichere, durchgehende Aktion benötigen, darf eine Rute für Gummi sehr straff ausfallen.
Bei Zugködern wie Blinkern und Wobblern ist die Bisserkennung kein Problem. Bei Gummis dagegen u.U. schon.

I.II In welchem Gewässer möchte ich mit der Rute vorwiegend angeln?
Da Strömung und benötigte Wurfweite sowie der Uferbewuchs einen ganz erheblichen Einfluss auf die optimale Spinrute habe, bedenke man vorm Kauf diese Fragen. Ein dicker Wobbler, der womöglich gegen die Strömung eingeholt werden muss, macht viel mehr Druck als ein schlankerer im See und erfordert damit auch eine andere Rute.
Ein kleiner See mit viel Uferbewuchs ist auch mit einer noch so tollen langen Spinrute nicht vernünftig zu beangeln, wenn man ständig in den Bäumen hängt.
Und mit einer zu kurzen megasuperdupertollen Rute ist man am großen Strom oder am Ostseestrand möglicherweise nicht optimal aufgestellt.

I.III Welche Art von Ruten mag ich?
Diese Frage ist von großer Bedeutung und grade für Anfänger schwer zu beantworten. Aber sie ist immanent wichtig für die Zufriedenheit mit der Rute beim Angeln. Also welche Charakteristik einer Rute mag ich? Eher brettharte Stöcker oder eine geschmeidige Aktion? Eher etwas länger oder ein Stöckchen? Am besten man beantwortet sich das anhand der bisherigen Lieblingsrute, wenn man etwas Erfahrung hat.

I.IV Zielfisch ( e )
Erst jetzt sollte man sich Gedanken über den Zielfisch machen. Auch wenn Anfänger anders denken- auch große Hechte oder Zander sind problemlos an UL-Kombis zu landen. Allerdings würde ich beispielweise für Barsche und Forellen tendenziell eine weichere Aktion der Rute wählen als für Hecht und Zander. Letztlich ist der Punkt „Zielfische“ aber relativ unwichtig, wenn die vorherigen Fragen vernünftig geklärt sind. Eine Ausnahme machen sicherlich große Welse, die an nicht darauf ausgelegten leichten Kombis nur mit Glück zu landen sind.

II. ROLLE
Grundsätzlich gelten hier die gleichen Fragen sinngemäß wie für die Rute. Dicke Köder erfordern eine robustere Rolle als Kleinkram, viele Hänger, Salzwasser usw. belasten die Rolle, eine größere Rolle bringt aufgrund des größeren Durchmessers auch mehr Wurfweite.
Daneben sollte man sich über die gewünschte und benötigte Übersetzung klar werden. Eine schnelle Köderführung ist mit einer höhen übersetzen, größeren Rolle einfacher, schwere Köder lassen sich mit niedriger Übersetzung kraftschonender führen.

Auch eine Ersatzspule ist ein Kaufargument, weil man die Rolle vielfältiger nutzen kann und sich leichter tut, die Rolle selbst mit Schnur zu füllen inklusive Unterwicklung.

Die Anzahl der Kugellager ist kein Argument! 22 schrottige Lager sind schlechter als ein vernünftiges. Es gibt preiswerte, langlebige Rollen.

Wichtiger ist eine saubere Schnurverlegung und eine vernünftig anlaufende Bremse!


III. SCHNUR
Immer wieder die gleichen Fragen, auch hier wird man sich erst über Gewässer, Ködergröße und Zielfisch klar. Tendenziell reicht die dünnere Schnur immer aus. Wer es nicht glaubt, versuche mal seine gewählte Schnur über gebogene Rute bei zugedrehter Bremse abzureißen. Selbst eine 5kg Schnur ist mit einer Hechtrute von 80 Gramm Wurfgewicht nicht abzureißen! Nur durch direkten gradlinigen Zug!
Daneben ist aus meiner Sicht die Farbe der Schnur ein wichtiger Faktor. Die Sichtigkeit der Schnur kann den Unterschied zwischen Fang und Schneider ausmachen. Eh irgendeine Rückmeldung der Rute kommt, sieht man Bisse manchmal in der Schnur, insbesondere bei Barschen.
Andererseits gibt es sicherlich Gewässer, wo eine grellgelbe Schnur suboptimal ist.

Der Blick auf den Durchmesser bei geflochtener Schnur ist nahezu sinnlos, da hier gelogen wird, was der Messschieber hergibt. Realistischer sind die Angaben der Tragkraft. Und nein, die nominell dünnere 5kg Schnur ist nicht wirklich real dünner als die realistisch angegebene ;) .

Eine sauber und fest geflochtene Schnur ist wichtiger als eine unrealistisch hohe Tragkraft. Abriebsresistenz ist wichtiger als eine beim Kauf super glatt beschichtete Schnur!

Gleiches gilt für die heute selten verwendete Mono. Die sind alle mehr oder weniger gleich stark bei gleichem Durchmesser. Wichtig ist möglichst wenig Dehnung, eine passende Farbe und dass sie geschmeidig und ohne Perücken auf der Rolle liegt.

IV. BUDGET
Bitte auch diese Frage vernünftig für sich beantworten. Es gibt unendlich viele Ruten und Rollen auf dem Markt. Von ganz billig bis unendlich teuer. Da jeder andere Möglichkeiten hat, sollte man sich im Vorfeld klar werden, was man bereit ist, für die neue Kombi zu zahlen. Einen Prozentsatz für die Aufteilung zwischen Rute und Rolle zu nennen, ist nicht möglich. An einer sehr teuren Rute kann auch eine sehr günstige Rolle ausreichen. Andererseits gibt es Anwendungen, wo die Rolle sicherlich teurer wird als die Rute, weil die Anforderungen an die Rute nicht sehr hoch sind, an die Rolle dagegen schon. Man muss auch bedenken, dass die Köder, die Schnur und weitere Ausrüstung teilweise sehr ins Geld gehen. Insgesamt finde ich, dass es für sehr wenig Geld sehr gut brauchbare Kombis gibt.

V. WO KAUFEN?
Das ist eine Glaubensfrage. Onlineshops bieten weitaus mehr Auswahl und teilweise bessere Preise als jeder Laden. Und man kommt online an Gerät für wirklich jede noch so kleine Nischenanwendung. Es fehlt aber der haptische Eindruck. Insgesamt würde ich für erfahrene Angler, die wissen was sie wirklich brauchen, den Onlinekauf für eine sehr gute Möglichkeit halten. Anfänger dagegen fahren mit zusätzlicher Beratung durch einen erfahrenen Kollegen oder guten Verkäufer häufig besser. Aber auch Anfänger sollten im Vorfeld wissen, was sie ungefähr benötigen. Sonst ist qualifizierte Hilfe kaum möglich! Und immer im Hinterkopf behalten, dass der Typ im Laden Verkäufer und nicht Berater ist! Im Optimalfall verkauft er etwas, dass auch passt. Gern aber auch den Ladenhüter.

SCHLUSSWORT
Jeder hat an sein Gerät andere Anforderungen, hat andere Erfahrungen und unterschiedliche Voraussetzungen am Gewässer.

Letztlich fangen der Angler in Form seiner Gewässerkenntnis, einer gekonnten Köderführung usw. sowie der Köder den Fisch. Nicht die Rute, nicht die Rolle, nicht die Schnur! Ausbleibender Erfolg liegt selten bis nie am Gerät!

Auch Beratungsresistenz, unklare Definition der Wünsche bzw. unrealistisches Abschätzen der Möglichkeiten und falsches Setzen der Prioritäten führt zu viel Frust. Wenn die Rollen einer bestimmten Marke bei vielen kaputt gehen, ist das Risiko hoch, dass das auch bei mir passiert. Wenn man eine Zanderrute für einen verschlammten Teich nahezu ohne Zander sucht, wird das die Fänge nicht verbessern.

Namen bzw. Marken sind Schall und Rauch. Natürlich gibt es Anbieter, die einen guten Namen haben und gutes Gerät liefern und andere, die eher im Bereich der Discounterware unterwegs sind. Aber der Preis bzw. die Marke allein sagen nichts aus, ob man das Gerät gebrauchen kann! Es gibt Kombis für 50€, die harmonischer und brauchbarer sind als welche für 500€ .

Und um noch einen unausrottbarem Irrglauben zu widersprechen: Man kann eine massiv kopflastige Rute nicht über die Rolle ausbalancieren! Wenn dann hilft nur ein Kontergewicht im Griff. Letztlich ist Balance deutlich wichtiger als das Gesamtgewicht!

Wenn man das Gewässer nicht kennt, ändert auch eine Aufrüstung nichts am unzureichenden Fangerfolg.

Und man überlegt sich gut, ob man das Geld nicht sinnvoller investieren kann. Beispielsweise kann ein kleines Belly die Fänge signifikant verbessern, weil man an andere Stellen kommt. Eine neue Rute oder Rolle fürs gleiche Geld ändert am eingeschränkten Radius vom Ufer nix.

Und vielleicht investiert man das Geld auch lieber in eine Angelkarte für ein Gewässer, wo es die gewünschten Zielfische ausreichend gibt, anstatt Phantome mit High End zu jagen ;) .
 
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AW: Die optimale Spinkombi

Tolle Zusammenfassung .

Den letzten Satz finde ich persönlich echt am besten,denn genauso ist es mir ergangen.

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RuhrfischerPG

Guest
AW: Die optimale Spinkombi

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Das Schlusswort sollte Pflichtlektüre werden
 

Rannebert

coin operated boy
AW: Die optimale Spinkombi

Gefällt mir.
Sollte ruhig hier im Bereich auch mal angepinnt werden!
 

Hänger06

Well-Known Member
AW: Die optimale Spinkombi

Moin Moin Vermesser,

herzlichen Dank an dich, für den , wie ich finde, tollen Beitrag hier.

Zum Inhalt, da bin ich ganz bei dir!.Super geschreiben.

Gerne lese ich immer wieder deine tollen und wie finde fundierte Beiträge!!! Respekt.#6

Um Das ganze noch auf zu Pimpen...ein kleines Rollen ABC sowie Ruten Abc. Gerne würde ich(sicher auch andere) da bei helfen (als PDF).

Danke erst mal.

Jens
 
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