AW: Carp Talk November: Karpfenangeln unter schwierigen Bedingungen
Ach ja, auf geht’s zur nächsten Runde…
Schwierige Bedingungen. Wer kennt denn das nicht? Die besten Spods sind leider auch die, die am schwierigsten zu beangeln sind. Gott sein Dank, komme ich aus einer Region, in der Karpfenangler nicht eingeschränkt werden und somit muss ich mich nur mit den natürlichen Schwierigkeiten herumplagen.
Worum geht’s denn dann in meinem Teil?
Ich schreibe übers so genannte Snagfishing, also das fischen am, bzw. im Hindernis. Da Spaltkarpfen sich mit dem Fischen am Kraut auseinandersetzt, werde ich andere Hindernisse bewältigen müssen.
Mein Hausgewässer ist leider ein einziges großes Hindernis. Mit Kraut zu gepflastert und vernagelt mit Totholz gibt es eigentlich nur zwei Möglichkeiten:
1. Es lassen… aber aufgeben ist nicht so mein Ding
2. Oder sich eine gute, sinnvolle Strategie zu recht zu legen, die auch die Fische nicht in Gefahr bringt
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Der Grund warum ich hier nicht aufgeben will
Nun anfangs habe ich die Bereiche, an denen die Hindernisse zu extrem sind gemieden, es hat sich aber herauskristallisiert, dass eben diese Bereiche sehr ergiebig sind. Deshalb sind wir angefangen diese Bereiche intensiver zu befischen und so konnte ich mir Stück für Stück, ein genaues Bild von den Hindernissen und deren Attraktivität für die Fische machen. Mittlerweile beherrsche ich diesen Bereich so gut, dass ich nur noch tagsüber direkt am Hindernis fische und nachts, wenn die Fische das Hindernis verlassen, auf den direkten Zugrouten, abseits vom Hindernis.
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Genau am Ufer verläuft die Zugroute
Erst galt es herauszufinden, was die Fische denn hier im Totholz suchen? In dem weit überhängenden Baum, war das überhaupt kein Problem, da ich direkt über die Fische in den Baum klettern konnte. Stunde um Stunde saß ich direkt über den Fischen, ohne Rute nur mit wachem Verstand, habe die Fische beobachtet und gezählt. Stundenlang standen die Fische seelenruhig da, bewegten sich, wenn überhaupt, nur minimal. Würde ich diesen trägen Haufen zum Fressen überreden können?
Ich fing an, einzelne Boilies direkt vor die Mäuler zu werfen, und siehe da, es kommt Bewegung in den trägen Haufen. Gerade die beiden größten Fische waren auch am gierigsten und verdrängten sogar die anderen Fische über dem eingebrachten Futter. Super Sache, aber wie an die Fische rankommen? Im Baum angeln unmöglich.
Also legte ich einen goßen Futterplatz etwas abseits des Baumes an, in der Hoffnung die Fische würden ihre Deckung verlassen und mich besuchen kommen… denkste!! Verlassen habe die Fische den Baum garantiert (ich konnte mich ja leicht überzeugen), aber meinen Futterplatz haben sie vermutlich nur kurz aufgesucht, bevor sie weiterzogen. Lediglich die Brassen hatten Gefallen an dem Futter gefunden.
Also mussten die Montagen direkt an den Baum, so richtig wohl fühlte ich mich anfangs nicht. Deshalb hielt ich einen gewissen Sicherheitsabstand zum Baum. Da große Futterplätze an dieser Stelle nicht optimal waren, warf ich per Hand je 5 Boilies und 5 Pellets hinterher. Bei jeder neuen Session verlegte ich eine Rute, um Informationen über das Zugverhalten der Fische zu erhalten. Je mehr Fische ich fing, desto näher traute ich mich nun auch an den Baum, da ich mich nun auch auf das Fluchtverhalten der Fische einstellen konnte.
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Der Baum, man kann seine wirklichen Ausmaße nur erahnen...
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...im Herbst sieht man es schon deutlicher...
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...und erst unter Wasser merkt man, die Tür ist zu!
Das Problem war nicht nur der Baum über Wasser, sondern gerade unter Wasser war der Baum ein garantierter Abriss, da viele der Äste bis runter auf den Grund gehen. Das Setup muss also stimmen, damit die Kollegen gar nicht den Baum erreichen können. Meine harten Ruten waren, was die Wurfdistanz von knapp 7 m angeht eigentlich nicht nötig, aber ich brauche ihr kräftiges und recht steifes Rückrat um kurz, aber intensiv auf Biegen und Brechen drillen zu können. 3 lbs mit der Tendenz zur Spitzenaktion sind hier keines Falls fehl am Platze. Freilaufrollen sind bei dieser Art zu fischen auch nicht nötig, bzw. sinnvoll, besser sind Rollen mit einer kräftigen Kopfbremse, dazu aber später mehr. Zu dem ist ein Boot ein absolutes Muss fürs Snagfischen!! Ohne ist es ein NO GO!
Hinter die Monofile Hauptschnur schalte ich einen mindestens 0.55, besser 0.60er dicken monofilen Snagleader (hier von SCHLAGschnur zu sprechen finde ich falsch und eine andere sinnvolle Übersetzung kenne ich nicht), die Länge passe ich genau der Angeldistanz an, so dass der Schnurknoten so gerade eben die Rutenspitze verlassen hat, aber im Drill möglichst schnell wieder auf der Spule ist. Die dicke Mono hat gleich mehrere Vorteile:
1. Sie schneidet sich nicht ins Holz ein
2. Sie lässt sich notfalls auch mit der Hand greifen ohne fiese Schnittwunden
3. Sie hat eine hohe Tragkraft und ist enorm abriebsfest.
Ich benutze schwere Bleie (ab 5 oz), zum einen weil ich mir erhoffe, das die Fische etwas schneller an die Oberfläche kommen (und so im schlimmstem Fall, leichter zu befreien sind) zum anderen benötigt der harte Drill wirklich dickdrahtige Haken. Mit filigranen, dünnen Haken braucht man es gar nicht erst versuchen, die sind schneller gerade als einem lieb ist. Dickdrahtige Haken brauchen aber etwas mehr Druck um einzudringen. Ich persönlich bevorzuge kleine Haken (Größe 6 – 10) was die Wahl nicht einfacher macht. Auch wenn ich das öfter sage, bitte, wenn ihr nicht gewährleisten könnt, den Fisch zu befreien, dann lasst es!
Das bei dieser Methode zu Fischen, ausschließlich Bleie am Safety Clip zum Einsatz kommen ist logisch, oder?
Große Futterplätze an dieser Holding Area, haben mir wenig Erfolg gebracht, besser funktionieren PopUps ohne Beifutter, bzw. Sinker mit ein paar Pellets oder Boilies direkt neben dem Hakenköder. Man muss sich vor Augen halten, dass die Fische hier nicht zum Fressen sind, sondern eher Schutz und Ruhe suchen. Ich denke deshalb sprechen große Futtermengen die Fische nicht so an.
Da ich im Drill jede Freiheit, die ich bekommen kann, nutzen will, fische ich anstatt mit den erlaubten 3 Ruten lieber mit einer oder höchsten zwei Ruten am Hindernis, wobei diese dann so weit wie möglich auseinander liegen sollten. Also bei zwei Ruten, jeweils eine Rute links und eine Rute rechts am Baum.
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Alle Ruten sind genau ausgerichtet, eine auf die Zugroute und jeweils eine links und rechts vom Baum
Fische ich nur eine Rute am Hindernis (was eigentlich auch am sinnvollsten ist) kommt diese direkt mittig vor den Baum. Ich lege die Ruten beim Snagfischen immer auf Bankssticks ab, um eine möglichst direkte Bissanzeige zu haben. Anfangs habe ich die Ruten abgesenkt, aber auch hier leidet die Bissanzeige zu sehr darunter, so dass ich auf das Absenken verzichte. Lieber richte ich die Rute genau auf den Köder aus und lasse die Schnur leicht durchhängen und nutze deshalb nur leichte Swinger/Hänger. Diese sind auch unseren wichtigsten Bissanzeiger. Jedes zucken des Swinger/Hänger muss absolute Aufmerksamkeit bekommen. Die Rollenbremse ist übrigens dicht (schon deshalb sollte man sehr aufmerksam sein, ansonsten ist die Rute weg
). Setzt sich der Bissanzeiger dann deutlich in Bewegung muss sofort die Rute hoch, Hand auf die Spule (vorsichtshalber) und dann zwei große Schritte rückwärts (besser drei).
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Ob zwei Schritte reichen?
Ich möchte hier aber betonen, dass man seinem Gerät und auch seinen Knoten zu 100% Vertrauen können muss. Ist das nicht der Fall gibt es unschöne Überraschungen. Der Fisch muss merken, dass es nur die Flucht in Richtung Freiwasser geben darf. Egal wie groß der Fisch ist, er darf keine Schnur bekommen!
Schafft der Fisch es doch ins Hindernis, gibt es zwei Möglichkeiten:
- Sitz der Fisch fest, öffne ich sofort die Bremse und gebe per Hand ein paar Meter Schnur, so dass keine Spannung mehr auf der Schnur ist.
Nun heißt es wachsam zu warten, denn nicht selten schwimmt der Fisch von alleine wieder aus dem Hindernis heraus. Sobald er das tut, beginnt das Spiel von vorne, also Schnur reinholen, Hand auf die Spule und zwei Schritte zurück (alles eine Bewegung, hat man es erstmal verinnerlicht geht’s wie von alleine)
- Die andere Möglichkeit, man muss sobald der Fisch hängt, ins Boot so Nah wie möglich ans Hindernis ran und den Snagleader greifen, um dann mit der Hand Druck zu machen. Gestaltet sich nicht immer einfach, aber ist absolut notwendig. Ich habe im Boot für den Fall der Fälle eine kleine Säge, mit der richtigen Ausrüstung und Strategie fristet sie zwar ein Schattendasein, aber sie gibt mir Sicherheit. Sollte aber auch eben nur selten passieren.
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Kollege Metty weiß: Stimmt die Strategie, stimmt auch das Grinsen!
Ich möchte an dieser Stelle auch nochmal betonen, dass es nur sinnig ist so zu fischen, wenn man sein Gewässer und die Reaktionen der Fische kennt wie seine Westentasche. Dem Fisch zur Liebe. Ich habe alle Montagen zurückbekommen und kein Fisch schlörrt auch nur ansatzweise ein Stück Schnur von mir mit! Und damit das auch so bleibt, fische ich nur am Hindernis, wenn ich wach bin und auch wirklich konzentriert neben den Ruten sitzen kann. Denn die Fische beissen eben dann, wenn man nicht aufpasst, was im diesem Fall den Fischverlust bedeutet. Nachts lege ich die Rute immer auf die Zuglinien der Fische, abseits vom Hindernis. Trotzdem heißt es nach dem ersten Piepser an der Rute zu stehen, egal wie müde man ist!! Auch wenn das Angeln am Hindernis ungeheuer spannend ist, angelt niemals am Hindernis, wenn ihr:
a) Das Hindernis nicht einschätzen könnt
b) Die Reaktion der Fische nicht kennt
c) Euer Setup nicht an diese Angelei angepasst ist
d) Ihr nicht direkt neben den Ruten sitzt
e) Ihr kein Boot benutzen dürft
Könnt ihr alles das erfüllen, dann wünsche ich euch viel Spass am Hindernis und jede Menge Action.
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So wird aus einer schwierigen Bedingung, eine schöne Erinnerung!
Nur die Dicken!!
Jochen