AW: Boilies und Pallets schuld an schlechten Fängen?
Moin Kalle,
das mit dem "gaaanz ruhig" war auch nicht bös gemeint... :m
Okay, zum Thema...
Aali-Barba schrieb:
... da ich selber nicht zu der Szene gehöre, wollte ich mir bezüglich des Einsatzes von Futtermitteln beim Karpfenangeln ein Bild machen...
Deine Absicht ist ja auch absolut in Ordnung, nur darf man dann nicht nur das herausgreifen, was einen in der eigenen ansatzweise doch etwas vorgefaßten Meinung bestätigt, sondern auch die Gesamtumstände berücksichtigen.
Wenn in einem Posting von mir beispielsweise gestanden hätte: "Ich habe heute mit 8 Kilo Partikeln und 2 Kilo Boilies eine Kante in 2,50m angefüttert und werde das in zwei Tagen nochmal wiederholen, bevor ich in drei Tagen diesen Spot beangeln werde." dann ist das eine Aussage.
Kannst Du die auf Deinen Fall übertragen und sagen, dass JEDER Karpfenangler, also auch die in Deinem Verein am 6 Hektar-Gewässer die selben Mengen anfüttert?
Nein, das kannst Du nicht, weil beide Gewässer völlig unterschiedlich sind, einen anderen Bestand haben, eine andere Wasserfläche, einen anderen Angeldruck usw. usw. - wir reden immer davon, dass die Jungs verantwortungsbewußt und differenziert vorgehen, mangels anderer Anhaltspunkte müssen wir ihnen das aber mal unterstellen.
Aali-Barba schrieb:
... aber nicht jeder Angler (nicht nur Karpfenangler) ist vernünftig und gerade die Jugend ist recht empfänglich dafür, Idolen nachzueifern und das macht sicher auch nicht vor den Anglern halt. Wenn man in der Fachliteratur dazu liest, wie man erfolgreich fängt, dann ist es bei dem Hype, den ich dort entdecke, wohl naheliegend, dass man diese Dinge sicher auch nicht ignoriert.
Das stimmt, darüber haben wir beide ja auch schon gesprochen, das es teilweise unschöne Entwicklungen auch aus der Kommerzialisierung des Ganzen gibt. Wenn man als Jungangler in einer DVD sieht, wie Dieter Martens als eines der Karpfenidole seinen Spot an einem Mecklenburger Natursee mit 3-4 Kilo Boilies, zusätzlich ein paar Pellets und Partikeln vorbereitet, kann das einigen Unbedarften suggerieren, dass das wohl am heimischen Tümpel genau so funktioniert. Oder wenn man Fangmeldungen hört, wo ein Rekordkarpfen auf einem Spot gebissen hat, der mit 4 Kilo Boilies angefüttert wurde.
Aber - und jetzt kommt das große ABER: Ist das in diesem konkreten Fall in Deinem Verein auch so? Einfach zu verallgemeinern und zu sagen, die Jugend schlägt bestimmt total über die Stränge und füttert hier kiloweise, ist schlicht und ergreifend eine Pauschal- und vor allem eine Vorverurteilung.
Warum wird denn im Karpfenforum auf Fragen nach einer Anfüttermenge bzw. einer Anfütterstrategie von uns meist geantwortet, dass es da keine allgemeingültige Angabe gibt und dass man das sowohl von der Gewässergröße, als auch dem Bestand und anderen Faktoren abhängt?
Aali-Barba schrieb:
Der Angelplatz selber ist ja sagen wir mal auf einen bereich beschränkt, meist vor Seerosenfeldern, der so um die 2o qm hat. Und dieser wird befüttert. Ob nun diese 20 qm im Rhein, einem 100 Ha See oder einem 1 Ha See sind, ist für die Futterausbringung beim Angeln erst mal nebensächlich.
Nein Kalle, leider völlig falsch diese Aussage. Denn die von Dir benannten 20qm stellen kein abgeschlossenes Ökosystem dar, sondern befinden sich in einem größeren. Diese unterschiedlich großen Ökosysteme haben auch eine unterschiedliche Anzahl von Futterverwertern usw. usw.
Aali-Barba schrieb:
Ich stelle mir das nun so vor, dass man besagte 20 qm mit besagten 10 Kg mehrmals täglich sozusagen einstreut, um dort einen Futterplatz anzulegen in dem man fischt. Nun werfen aber nicht alle 10 Angler in diese 20 qm, sondern jeder hat sozusagen seine 20 qm, das weiß ich von deren Aussagen, wer da gerade wo seine Köder liegen hat. Also haben wir durchaus die Gefahr im bereich des Möglichen, dass jeder der 10 seine 20 Qm mit je 10 kg mindest einmal am Tag aus streut ...
Von der Grundüberlegung her evtl. richtig, aber es scheitert hier wiederrum am Wesentlichen: Wer sagt Dir, dass es 10 Kilo sind? Wer sagt Dir, dass sie mehrmals täglich eingebracht werden? Und hier kommen wir wieder zu den bloßen Vermutungen, die Du aus den Aussagen z.B. im Anfütterthread gezogen hast. Kann man aber so nicht machen.
Aali-Barba schrieb:
Also liege ich erst mal nich soo falsch, dass ich es eben unabhängig von der Gewässergröße sehe ...
Auf Deine Bitte hin hab ich Dich eigentlich schon in dieser Aussage korrigiert. :m
Man kann Anfüttermengen, Strategien und deren Auswirkungen nicht unabhängig von der Gewässergröße sehen. Macht auch kein Karpfenangler, der überlegt an die Sache herangeht.
Aali-Barba schrieb:
Vielleicht ist es dann eben halt so, dass einfach die Zahl der Angler, die sich auf Karpfen spezialisiert haben, für diese Gewässergröße unangemessen hoch ist und nur die Zahl und nicht das Verhalten des Einzelnen dafür Ursächlich ist.
Die Zahl der Angler KANN unter Umständen zu einem Problem werden, nämlich dann, wenn der einzelne Angler die anderen nicht miteinkalkuliert und stur sein Ding durchzieht. Wäre ein Fehler, weil auch dieser Punkt bei der Anfüttermenge und Anfütterstrategie zu berücksichtigen wäre. Den im Endeffekt geht es beim Anfüttern eigentlich nur darum einen Futterplatz zu etablieren und Vertrauen zu schaffen, damit der Köder genommen wird. Wer Fische satt füttern will, sollte das lieber im Zoo oder im Aquarium tun.
Dass das aber von der Sache her absolut nicht zu Problemen führen muss, wenn mehrere Angler ein sehr kleines und begrenztes Gewässer beangeln, zeigen die legendären kleinen englischen Karpfen Pools. 6 Hektar wären da schon ein traumhaft großes Gewässer, einige der berühmtesten Pools sind dagegen eher Teiche. Hier haben sich die Karpfenangler aber auch angepaßt und ihr Verhalten dem Angeldruck und den Gegebenheiten angepaßt. Warum? Weil sie sonst nicht mehr erfolgreich wären.
Aali-Barba schrieb:
Der Hartmais als solcher und bei dem Eintrag produziert aber sozusagen am Ende auch entsprechende Mengen Ausscheidungen...
Das würde natürliche Nahrung aber auch tun. Ist der natürliche Lauf der Dinge, was rein kommt, kommt auch irgendwann wieder raus. Und mehr als fressen können die Fische ja nicht.
Aali-Barba schrieb:
Stimmt durchaus, aber sehe ich das zum Beispiel an Feeder Futter gemessen, so sind da die normalen gebinde gerade mal ein Zehntel der Gebinde beim Karpfenangeln. Solche großen Gebinde deuten auch auf großen Einsatz hin, ergo liegt es durchaus im bereich des Möglichen, dass der Eintrag dabei also auch um den Faktor 10 höher ist.
Diese Aussage halte ich auch für falsch. Du vergißt dabei nämlich, dass z.B. die besagten Partikel in ihren 25 Kilo bzw. 50 Kilo Säcken ursprünglich nicht für eine Verwertung durch Freizeitangler vorgesehen sind, sondern dass es sich um Tierfutter handelt. Und bei dieser Verwendung sind es doch schon andere Dimensionen.
Aali-Barba schrieb:
Eine Aussage eines Vaters, der dort genau wie sein Karpfenangelnder Sohn fischt, selber aber mehr auf Raubfisch unterwegs ist, dass bei ihm ein ganzer Kellerraum bis unter die Decke mit allen möglichen Sorten von Futter, Boilies Mais und Pellets aller möglichen Arten voll liegt. Also geht es da wohl doch in größere Dimensionen als ein 25 Kilo Sack, weil der billiger ist. Wie gesagt, ein Bild besteht aus sehr sehr vielen Mosaiken und bisher zeigen die allesamt kein gutes Bild.
Ich glaube, dann möchtest Du nicht meinen Keller, meinen Abstellraum und meinen Gefrierschrank sehen. Willst Du mir aufgrund dessen dann unterstellen, dass ich Gewässer sozusagen tot füttere und künstliche Barschberge erschaffe? Wenn ich Dir sage, dass ich Montag mit zwei Freunden wieder ca. 70 Kilo Boilies drehe und die mit ein wenig Einschränkung und Zufütterung von Partikeln und Tigers gerademal bis in den Spätherbst hinein reichen werden? Das wären dann aus Deiner Sicht zwei Aussagen, die aus dem Zusammenhang gerissen durchaus Deine These stützen würden. Wohl gemerkt aber nur, wenn man sie aus dem Gesamtzusammenhang reisst.
Ehrlich gesagt, wird allein der gesamte Aufwand und die Ausrüstung eines typischen Karpfenanglers argwöhnisch und mit einem eher kritischen Blick betrachtet, weil es einfach ungewohnt und unbekannt erscheint. Schaut man dann einmal hinter die Kulissen, ist es plötzlich gar nicht mehr sooo komisch und fremd.
Aali-Barba schrieb:
Der See hat zwei Seiten zu je 600 Metern. Eine am Weg, eine muss begangen werden. Da ich bekennder Faulpelz bin, sah das letzte Jahr so aus, dass ich an der Wegseite gefischt habe und das mit durchschnittlichem bis mäßigen Erfolg und auf der anderen Seite fast tote Hose war. Zu der Zeit saßen dort im letzten Jahr die Karpfenangler. Diese haben nun im Frühjahr die Seite gewechselt. Nun fangen die, die auf der anderen Seite fischen noch mit mäßigem Erfolg und an der anderen Seite ist tote Hose. Also ziehen die übrigen Weißfische wohl sozusagen hinterher, aber wenn sie das tun, muss ja da wohl ein Grund sein, warum sich das Ziehen lohnt. Ürigens ist es eben so, dass die miesen Fänge erst kurz nachdem die Karpfenangler in den Verein kamen, begonnen haben.
Also Anzeichen gibt es genügend, wie Du siehst. Aussagen, die das sogar erklären könnten ebenfalls.
Und jetzt kommen wir ja endlich wieder zum eigentlichen Ausgangspunkt von dem wir uns ja durch die Diskussion ziemlich stark entfernt haben... :m
Denn dein eigentliches Problem sind ja nicht die Karpfenangler, wie Du selber sagst, sondern dass Du bzw. viele andere Vereinsmitglieder über schlechte Fänge klagen. Dass da wahrscheinlich ein Zusammenhang mit der Anfütterstrategie der Karpfenangler und evtl. auch anderer Angler besteht, die bei ihrem Angeln auf ein Anfüttern setzen, haben einige Boardies und ich ja auch bereits geschrieben. Euer Problem ist also nicht, dass die Wasserqualität merklich schlechter ist, euer Problem ist kein eutrophiertes Gewässer mit einem irrsinnigen Algen- und Pflanzenbewuchs, euer Problem ist augenscheinlich auch nicht, dass keine Fische mehr zum Fangen da sind.
Vermutlich haben sich die unzähligen Weissfische wirklich auf die leicht verfügbare zusätzliche Nahrung eingeschossen, zumindest Pellets, kleine Partikel und zerfallene Boilies sind ja auch für diese Fische essbar. Das würde die schlechteren Fänge auf herkömmliche Köder erklären. Wie es sich mit den Raubfischen verhält, vermag ich nicht so recht zu erklären.
Eine gemeinverträgliche Lösung hatte ich auch schon vorgeschlagen: Entweder Begrenzung der Anfüttermenge ungeachtet der Art auf ca. 500 Gramm pro Angler und Tag oder sogar strenger, indem ein Vorfüttern verboten wird, ein Beifüttern BEIM eigentlichen Angeln in der eben genannten Menge pro Tag aber erlaubt ist. Ein Boilieverbot oder ein Verbot "proteinhaltiger" Futtermittel ist dagegen totaler Bullshit, weil völlig sachfremd.
Und das ist es auch, was ich mit meiner Beteiligung an dieser Diskussion vermeiden möchte: Dass aufgrund von Vermutungen, Hörensagen, falschen Schlüssen und ähnlichem eine Verdammung der Karpfenangler sowohl generell als auch speziell bei Euch im Verein stattfindet. Und eigentlich war das lt. Deinem Eröffnungsposting ja auch Deine Absicht, oder Kalle? #h
Ihr habt im Verein ein Problem und wollt das lösen, also muss man sich auch auf das eigentliche Problem konzentrieren und nicht durch sachfremde Erwägungen ein anderes Problem an die Wand malen. Sollte sich in der anstehenden Untersuchung tatsächlich eine wirklich unwahrscheinliche Gefahr für das Gewässer aufgrund des übermäßigen Einbringens von Futtermitteln ergeben - wobei diese Aussage im übrigen eher die Sache von Gewässerbiologen bzw. Chemikern denn von Tauchern ist - nehme ich meine Aussage zurück und sage: Okay, dann haben sich die Jungs das da selbst zuzuschreiben und müssen auch mit den Folgen leben. Aber vorher sollte man auch wirklich versuchen, neutral und unvoreingenommen an die Sache heranzugehen.