Mathias (l.) und Georg angeln häufig gemeinsam an den Bodden. Die Fänge sind nach wie vor sehr gut
Seit Jahren berichten Boddenangler von zurückgehenden Hechtfängen rund um Rügen. Das Forschungsprojekt „Boddenhecht“ um Prof. Dr. Arlinghaus rückt seit letztem Jahr den bislang wenig erforschten Brackwasser-Räubern wissenschaftlich auf die Schuppen. Nun wurden erste Ergebnisse veröffentlicht: https://www.ifishman.de/projekte/boddenhecht/erste-zwischenergebnisse/ Es wird aber deutlich darauf hingewiesen, dass diese Erkenntnisse noch nicht ausreichend gesichert sind und sich bis zum Abschluss des Projekts 2023 noch einiges ändern kann.
Leichte Überfischung
Ein Problem ist, dass es keine gesicherten Daten zu den Entnahmemengen gibt. Klare Aussagen zur Bestandsentwicklung sind so nicht möglich. Anhand der Anlandemengen der Fischer lässt sich aber rekonstruieren, dass der Bestand wohl leicht rückläufig ist
Der Angeltourismus boomt seit der Wende. Mehr als 50.000 Angler fischen mindestens einmal jährlich an den Bodden. Insgesamt kommen sie auf rund 400.000 Angeltage. Die Bereitschaft, Fische zurückzusetzen, hat zwar zugenommen. Die Forscher haben aber ermittelt, dass jeder Angler im Jahr im Schnitt die für ihn bescheidene Menge von zwei Hechten mitnimmt. Das summiert sich so auf, dass die Angler insgesamt mehr entnehmen als die Berufsfischer.
Eine hohe Entnahme bedeutet aber nicht automatisch einen schrumpfenden Bestand. Der nimmt erst dann ab, wenn mehr entnommen wird, als sich reproduzieren kann. Das scheint bei den Boddenhechten derzeit der Fall zu sein, auch wenn die Überfischung offensichtlich noch gering ist.
Markierte Hechte sollen die dringend benötigten Daten liefern (Foto: ifishman.de)
Die erfreuliche Nachricht: Umwelteinflüsse scheinen bei aller Vorsicht in Hinblick auf die derzeitige Datenlage eine untergeordnete Rolle zu spielen. Zwar wurden den Hechten in den 70er und 80er Jahren Zugänge zu wichtigen Laichwiesen verbaut, aber dies hätte sich viel früher negativ auswirken müssen. Wahrscheinlicher ist, dass die Fähigkeit, im Brackwasser zu laichen, zugenommen hat. Dort sind nach wie vor ausreichend Seegraswiesen und Unterwasserpflanzen vorhanden. Auch der Salzgehalt ist nicht überhöht.
Vieles deutet also daraufhin, dass mit einem Bestandmanagement der Hechtbestand nachhaltig gesichert werden kann.
An den Bodden gibt es bereits Schonzeiten, Schongebiete, Mindestmaße und Tagesfangbeschränkungen sowie Regularien der Befischungsformen (Verbot Schleppneztfischerei und Schleppangeln). Die Forscher erwähnen das Instrument der Entnahmefenster, das nach einer aktuellen Projektstudie günstigere Kompromisse erreicht als Mindestmaße. Mit konkreten Empfehlungen halten sich die Forscher allerdings zurück. Dies sei ein politischer Prozesse, Wissenschaft könne nur beraten. Eine Interessengruppe aus betroffenen Fischern, Guides, Anglern, Forschern und Politik wird Vorschläge erarbeiten.
Wirtschaftliche Bedeutung
Die Studie hebt die große wirtschaftliche Bedeutung des Angeltourismus hervor. Am Boddenangeln hängen direkt 400 Arbeitsplätze. Davon werden über 300 von den Angeltouristen geschaffen, obwohl sie insgesamt nur rund die Hälfte der jährlichen Angeltage bestreiten. Insbesondere Gastronomie und Unterkünfte profitieren von den Gästen, aber natürlich auch die Guidingunternehmen sowie die örtlichen Angelläden. Angler kommen auch im Herbst und Winter, wenn die sonstigen Touristenströme deutlich nachlassen. Sie schließen somit eine wichtige Lücke und sichern das Leben von vielen Familien an der Ostseeküste.
In unserem Video seht Ihr neben vielen tollen Hechtfängen auch, wie Hechte kartiert werden.