Angelbericht Nordnorwegen: Sarnes 2004 Teil II

Avetfan

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Der erste Abend und der nächste Morgen in der Unterkunft
Nach unserer ersten Kuttertour hatten wir natürlich alle großen Hunger. Zunächst mussten aber unsere nassen Sachen zum Trocknen aufgehängt werden. Dazu gab es direkt neben dem Haus eine kleine Holzhütte. Da diese aber nicht beheizt war, konnten die Sachen auch nicht wirklich trocknen. Mir war es relativ egal, denn ich hatte schließlich Gustav´s Anzug als Ersatz mitgenommen. Ab dem zweiten Tag nahmen wir dann die Sachen mit in die Unterkunft, was eigentlich streng verboten war.
Für die gemeinsame Angelwoche hatte ich mich freiwillig angeboten, die Essenversorgung nach jedem Angeltag zu übernehmen. Somit war ich immer der Erste vom Boot, konnte das Essen vorbereiten und mir auch als Erster ein Bier schmecken lassen. Zumindest während der ersten drei Tage, denn danach war unser Biervorrat aufgebraucht. Die Anderen versorgten zwischenzeitlich den Fisch, indem er gewaschen und vor den gierigen Möwen geschützt in Netzen zum Trocknen aufgehängt wurde. Außerdem gingen sich die Ersten duschen, der Geschirrspüler musste ausgeräumt, der Tisch gedeckt und die Wohnung aufgeräumt werden. So hatte jeder seine Aufgabe, die während des Aufenthalts auch mal wechselte. Am ersten Abend war das Essen kochen auch noch sehr einfach, denn es gab Erbseneintopf mit Bockwurst und ich glaube es war jedem ziemlich egal, was es zu Essen gab. Nach dem Essen musste ich mich um nichts weiter kümmern und konnte genüsslich duschen gehen. Also hatte ich als Koch so meine Vorteile!
Gemütlich ließen wir den Abend ausklingen und besprachen den nächsten Tag. Gegen 08.00 Uhr war das Wecken angesagt und der Erste sollte auch schon mit der Vorbereitung des Frühstücks beginnen. Danach verschwand einer nach dem anderen im Bett. Ich konnte aber noch nicht schlafen, zu viele Eindrücke hielten mich wach und die Sehnsucht nach meiner Familie. Also schnappte ich mir die Videokamera und filmte unsere Hütte, Boot und die Landschaft. Draußen war es fast taghell und am Horizont konnte man noch immer einige Sonnenstrahlen entdecken. Während dieser Nachtstunden ging die Sonne weder unter noch auf. Anschließend machte ich noch einen kleinen Spaziergang am Wasser. Direkt hinter unserer Hütte befand sich ein altes Haus, das dazu diente alle Dinge zu verstauen, die man wohl gerade nicht brauchte.
Und das scheinbar über Jahre hinweg. So war das gesamte Haus voll mit zum Teil neuen Geräten, Sperrmüll, Schwimmwesten, Holzresten und tausend anderer Dinge - und das alles wild durcheinander. Man kam nur bis zu Türschwelle. In dieser Beziehung sind die Norweger richtige Schlampen. Das das Haus auch dazu diente unser Brot für die Woche zu lagern, erfuhr ich erst im Laufe der Woche. Meine Bedenken zu Ungeziefer zerstreute Kalle, schließlich machten sie es immer so und noch nie gab es Probleme. Naja.
Auch die Fischfilets hingen in Netzen zum Trocknen in einem Vorraum der "Müllhalde". Schließlich war es kalt genug und die Filets ließen sich somit auch viel besser einschweißen. Durch die geringe Restfeuchtigkeit war auch ein besserer Geschmack gewährleistet.
Irgendwann überkam auch mich die Müdigkeit und ich ging zu Bett. Da Detlef in verschiedenen Tonlagen und Lautstärken schnarchte, zog ich es vor, im Wohnzimmer auf der Couch zu schlafen, schließlich hatte ich ein Bettlaken und einen Schlafsack mitgeführt.
Gegen 07.00 Uhr war ich als Erster wach und konnte mir im Bad Zeit lassen. Aber was ich dann im Spiegel sah... Oh Gott, ich hatte Tränensäcke, die Augen waren gelblich verfärbt und von roten Äderchen durchzogen. Bloß gut, dass meine Frau mich so nicht sehen konnte!
Als ich mit den Frühstücksvorbereitungen fertig war, kamen die Anderen auch zu sich, so dass wir gegen 08.30 Uhr frühstückten. Im Anschluss wurde die Toilette im wahrsten Sinne des Wortes belagert. Gott sei Dank war ich ja schon durch, dummerweise konnte ich nur nicht richtig zur Toilette, da ich auf der Hinfahrt ausreichend Gelegenheit dazu hatte. Ich hätte es aber besser weiter probieren sollen, wie es sich hinterher herausstellte.
Jedesmal wenn einer fertig war, wurde ein Zitronenduftspray als Gegenmittel eingesetzt. Billy´s Formulierung lautete: "Es riecht, als hätte jemand auf eine Zitrone gesch..."
Als nächstes wurden die getrockneten Filets von Gerd und Rocky in speziell von Kalle angefertigten Tüten verpackt. Kalle und ich kümmerten uns um das Vakuumverpacken. Da ich ein nun einmal ein Erbsenzähler bin, mussten sich Gerd und Rocky Kritik gefallen lassen, denn die Filets sollten nach meinen Ansprüchen verpackt werden. Das hieß maximal 8 Stücken Filet pro Tüte, die auch noch möglichst flach liegen sollten. Dadurch würden auch weniger Hohlräume beim Einfrieren entstehen und natürlich auch eine leichtere Wiederverarbeitung ermöglichen. Meine Instruktionen wurden ohne Murren und Knurren hingenommen, aber das eine oder andere mal musste ich das Gedächtnis der Beiden auffrischen!
Die fertigen Pakete wurden dann von Rocky und Detlef auf alle sechs Fischkisten (+ eine kleine für Wolfgang Otto) aufgeteilt und tiefgefroren, bevor es zum nächsten Fischzug losging.
Für die Beköstigung an Bord war Billy zuständig, der täglich eine Versorgungskiste mit Speisen und Getränken packte. Gegessen wurden stets belegte Brote, die erst unter Deck geschmiert wurden. Jeder der Hunger hatte, konnte sich dann selbst versorgen. Meistens machte einer aber für alle Stullen, die dann aufgeteilt wurden. Zwar gab es so ziemlich jeden Tag das Gleiche, aber Seeluft machte hungrig. Für das nächste mal sollte die Auswahl erweitert werden, um etwas Abwechslung beim Essen zu schaffen!


Samstag, 22. Mai 2004 - Der erste ganze Angeltag
Los ging's gegen 09.30 Uhr und unser erster Haltepunkt war wieder vor Honningsvåg, wo wir am Vorabend so gut gefangen hatten. Aber Fehlanzeige - nur kleinere Dorsche und einige Steinbeißer. Der Vortag hatte alle wählerisch gemacht und die Erwartungshaltung an die bevorstehende Woche nach oben geschraubt. Zwar waren die kleinen Dorsche so klein auch wieder nicht, genau richtig zum filetieren, aber schnell stand fest, das wir hier nicht weiterangeln wollten, wir machten Jagd auf die großen Fische. Da wir keinen aktuellen Tidenkalender hatten, also nicht genau wussten, wann Ebbe und Flut einsetzten, war es nicht so einfach den Fisch in "Beißlaune" auszumachen, zumal wir an den ersten drei Tagen nur auf Sicht fischten, dass heißt, das wir nur dann eine Drift machten, wenn das Echolot Fisch anzeigte.
Später ignorierten wir die Fischanzeige und orientierten uns anhand des GPS an Tiefenangaben. Dabei suchten wir gezielt Unterwasserberge und Kanten. Und siehe da, Fisch gab es eigentlich bei jedem Halt, sobald es auf dem Untergrund Höhenunterschiede gab. Das Echolot zeigte dann aber meistens keinen Fisch an. Das lag daran, das nur Fische angezeigt werden, wenn diese mindestens 30 cm über Grund schwimmen. Also lagen die Dorsche an solchen Stellen am Grund und da Steinbeißer, Schellfische oder Heilbutt ebenfalls am Grund zu finden sind, gab es eigentlich immer etwas zu fangen, auch wenn kein Fischsymbol auf dem Echolot zu sehen war. Sobald das Echolot Fisch in unterschiedlichen Tiefen signalisierte, konnte man sicher sein, einen Köhlerschwarm gefunden zu haben. Wenn man es nun schaffte den Grund zu erreichen, ohne einen von den gierigen Köhlern am Haken zu haben, hatte man gute Chancen, einen besseren Dorsch zu erwischen.
Das Wetter war relativ ruhig und das Ziel war das Plateau, von dem Kalle und Gerd so viel geschwärmt hatten. Da wir erst mit Einsetzen der Flut da sein wollten, hatten wir ausreichend Zeit.
An Honningsvåg vorbei fuhren wir derweil immer an der Küste entlang und legten hin und wieder einen Zwischenstop ein. Der heilbuttverrückte Kalle ließ nichts unversucht, einen von den großen Plattfischen an den Haken zu bekommen. Mit seiner Schleppangelmontage griff er immer ins Geschehen ein, wenn eine längere Drift bevorstand. Als Köder benutzte er Heringe, die er eigens dafür aus Deutschland mitgebracht hatte. Eigentlich ist das strickt verboten, aber die Einfuhr von Whisky ist es auch und damit war es aus Kalles Sicht wieder in Ordnung. Warum haben wir dann eigentlich keine Kartoffeln mitgenommen?
Während der Anfahrt zum Plateau, die bei Non-Stop-Fahrt schon gute zwei Stunden dauerte, füllte sich unsere Fischkiste nur langsam, aber wir hatten ja noch großes vor.
Während der einzelnen Driften probierte ich viele verschiedene Pilker aus und im Grunde genommen war es egal. Ich erinnerte mich an meine Internetstudien vor Reisebeginn und peppte einen 300 g schweren Rohrpilker mit einem Octopus am Drilling auf. Zusätzlich hing ich noch einen roten Gummi-Mak am oberen Sprengring ein. So bunt garniert ging es mit dem Pilker abwärts auf etwa 55 m Tiefe. Außerdem vollzog ich nur ganz leichte Pilkbewegungen, so das der Pilker sich gerade so am Grund aufrichtete. Zunächst passierte überhaupt nichts, sowohl bei mir als auch bei den anderen fünf Mitstreitern. Plötzlich merkte ich immer wieder, wie ein Fisch am anderen Ende kurz anbiss und wieder los lies. Die Bisse erfolgten immer bei der Aufwärtsbewegung. Dieses Spielchen vollzog sich vier bis fünf mal, ohne das ich den Fisch richtig zu spüren bekam. Also fiel das nächste Heben der Rute etwas höher aus, aber immer noch sachte. Plötzlich gab es einen energischen Anbiss und ich merkte, wie der Fisch kämpfte. Da ich am ersten Tag keine guten Erfahrungen mit dem Kampfgurt gemacht hatte, das Rutenende ist immer wieder herausgerutscht, hatte ich darauf verzichtet. In diesem Augenblick hätte ich aber gern einen gehabt, denn das Rutenende in der Magengegend und tiefer war mehr als unangenehm, zumal sich mein Gegenüber heftigst wehrte. Meine Bremse war etwas härter eingestellt, als im Internet empfohlen wurde. Bei den Pumpbewegungen konnte ich trotzdem nur selten Schnur gewinnen und Detlef meinte noch, ich sollte sie noch fester stellen. Aber eine Regel lautete auch: "Niemals im Drill an der Bremse fummeln!", die ich strikt befolgte. So dauerte es also etwas länger, den Fisch nach oben zu bekommen, aber es machte auch mehr Spaß. Nach drei bis vier Minuten konnte ich endlich etwas mehr Schnur gewinnen und Kalle meinte es steht noch unentschieden. Plötzlich schien der Fisch seine letzten Kräfte zu mobilisieren und begann eine wilde Flucht. Ich schätze, er hatte mir mehr Schnur abgezogen, als ich bis dahin gewonnen hatte. Also war es nicht mehr unentschieden, sondern ich lag hinten! Detlef war sich ab jetzt sicher, wer da an meiner Angel hing. "Das ist ein Heilbutt, das kann nur ein Heilbutt sein." Kalles Kommentar dazu: "Detlef, du hast doch auch noch nie einen Heilbutt gefangen, woher willst du wissen wie ein Heilbutt zieht?"
Ich hatte derweil andere Sorgen, denn das Pumpen war Schwerstarbeit und ich hatte wohl auch noch nicht die richtige Technik und war etwas verkrampft. Trotzdem musste ich in diesem Augenblick an Katja denken, wie sie mir prophezeite, das ich bestimmt vor Kalle einen Heilbutt fangen würde. Ab diesem Augenblick war mir klar, das es tatsächlich ein Heilbutt sein musste, denn auch das Verhalten im Drill wurde im Internet genau so beschrieben.
Die forsche Flucht nach vorn war dann aber wohl doch zu viel für meinen Fisch am Haken und ich konnte nun ausgleichen und auch meterweise Schnur gewinnen. Aber 50 bis 60 Meter Schnur wollen erst mal wieder aufgerollt werden und es war wirklich anstrengend, denn der Fisch wehrte sich immer noch energisch. Man spürte die Kraft des Fisches, mit dem ich über die Schnur und Rute verbunden war, in den Händen durch ständiges zucken und vibrieren. Mittlerweile hatten alle ihre Angeln oben und warteten gespannt, was als nächstes passieren würde und starrten in das Wasser, dahin, wo jeden Augenblick der Fisch erwartet wurde. Detlef stand mit dem Gaff in der Hand rechts neben mir. Ich konnte mich nicht so weit vorbeugen um ins Wasser zu schauen, denn ich durfte in keinem Augenblick die Spannung in der Schnur verlieren. Also hieß es für mich, wie Oliver Kahn immer sagt: "Immer weiter machen, immer weiter machen!"
Dann endlich der Ruf: "Er kommt, es ist ein Heilbutt" Nur noch wenige Meter bis zu meinem ersten Heilbutt. Jetzt konnte ich auch etwas ziemlich Großes Weißes im Wasser erkennen und der Heilbutt wehrte sich auch jetzt noch kräftig. An der Oberfläche angekommen, konnte Detlef ihn beim ersten Versuch gaffen und der Heilbutt lag nun vor mir. Alle freuten sich mit mir und ich war mächtig stolz. Er war 73 cm lang (wie übrigens bis dahin alle meine größeren Fische) und wog fast genau 13 Pfund.
Man hat das Spaß gemacht!
Leider "mußten" wir dann bald weiter. Angespornt von meinem tollen Fang, spürte man plötzlich auch die Unruhe bei meinen Angelfreunden, die mich sicher beneideten. Schade das wir es nicht weiter an dieser Stelle versucht haben. Vielleicht hatten wir eine Stelle entdeckt an der die Heilbutts jagen, denn das war auch ein Ergebnis meiner Internetstudien vor Reisebeginn, das es augesprochene Ruhe- und Jagdplätze von Heilbutts gibt. Daran dachte wohl in diesem Augenblick niemand.
Während unserer Angelwoche fingen wir immer wieder mal einen kleinen Heilbutt, insgesamt wohl 8 oder 9, aber die setzten wir alle wieder zurück. Dabei befanden wir uns eigentlich stets in mittelbarer Nähe meiner Fangstelle. Wohlmöglich habe ich Recht und wir hatten tatsächlich ein Jagdrevier dieser kampfstarken Fische beangelt. Und anstatt es dort gezielt zu versuchen, zog es uns lieber auf das Plateau, um Dickdorsche zu fangen.
Einmal konnte ich beobachten, wie schnell und wendig diese Fische sind. Billy hatte damit zu tun, einen Stein vom Grund zu holen. Ungefähr 2 bis 3 Meter vor der Oberfläche schoss aus der Tiefe ein kleiner Heilbutt nach oben, umkreiste den Pilker samt Stein zwei mal, um dann genauso schnell nach unten abzutauchen. Die Geschwindigkeit in der das geschah, war beeindruckend.

Nach diesem Erfolg blieben wir nur noch kurz an dieser Stelle und setzten unsere Fahrt in Richtung Plateau ohne weiteren Zwischenstop fort. Bis dahin lagen noch etwa zwei Landspitzen und ca. 45 Minuten Fahrt vor uns. Die vorletzte Landspitze war riesig und schirmte den Wind ab. Da wir stets in Ufernähe fuhren und der Wind aus Nord-West wehte, hatten wir auch kaum Wellengang. Als wir aber um diese Landspitze fuhren und wir im Begriff waren, den Porsanger-Fjord in Richtung Barentsee zu verlassen, wurde aus der ruhigen Fahrt schon eine kleine Schaukeltour. Zumindest aus meiner Sicht, die Anderen freuten sich dagegen, wie ruhig doch die offene See sei und wir das Plateau erreichen werden. Also ging's zum ersten mal auf das viel erwähnte Plateau, auf dem im letzten Jahr so viele 20-Pfünder und einige 30-Pfünder gefangen wurden.
Bei der Anfahrt dorthin meldete sich plötzlich mein Magen und ich dachte schon ich wäre seekrank. Aber Irrtum - spätestens jetzt bereute ich es, die Morgentoilette nicht ausgiebiger gestaltet zu haben. Umdrehen kam überhaupt nicht in Frage, mal eben ans Ufer fahren ebenso wenig, denn die steile Küste bat keinerlei Möglichkeit dazu. Mein Magendruck stieg rasend schnell an und es wurde höchste Eisenbahn. Kurzerhand musste ich mit einem Eimer vorlieb nehmen und ging unter Deck. Als nächstes Problem entpuppten sich meine Sachen. Denn ich wollte doch keinesfalls frieren und hatte viel zu viel an, aber auch dieses Problem konnte ich gerade noch rechtzeitig lösen. Weiter will ich nicht darauf eingehen. Klar war nur, das mir das nicht wieder passieren sollte und ich dementsprechend vorbereitet war. So nahm ich beispielsweise vor den nächsten zwei Ausfahrten etwas Trockenhefe ein und ich hatte auch an den Folgetagen keinerlei Schwierigkeiten mehr.
Bei der Fahrt überquerten wir Tiefen von über 300 Metern, so dass sich das Echolot hin und wieder verabschiedete. Unmittelbar vor dem Plateau war es immer noch 170 Meter tief und dann stieg es urplötzlich auf 40 bis 50 Meter an. Aufgrund der Größe des Plateaus waren lange Driften in alle Richtungen möglich. Kaum das wir den Übergang von der Tiefsee ins Flache überfahren hatten, piepte das Echolot unentwegt und die Fischsymbole rissen eigentlich nie ab. Jetzt hieß es herauszufinden, wie wir drifteten und bald wurde das erste Mal auf dem Plateau gestoppt. Das Boot schaukelte ganz schön und eigentlich brauchte man nicht mehr zu pilken, denn der Wellengang reichte aus, um den Pilker ein bis zwei Meter vom Boden anzuheben. Da wir zunächst bei 40 Meter Wassertiefe hielten, versuchten es einige von uns mit ihren leichten Angeln, ich auch. Nur wenige Sekunden nachdem die Pilker im Wasser waren, erfolgten heftige Bisse im Mittelwasser. Ein Erreichen des Grundes war überhaupt nicht möglich. Köhler von 50 bis 60 cm Länge und um die 4 bis 5 Pfund schwer, bissen scheinbar auf alles, was ins Wasser herabgelassen wurde. Egal ob man den Pilker langsam oder schnell führte, pilkte oder auch nur hängen ließ. Den Köhlern schien es egal zu sein. Die schönsten Anbisse folgten bei mir, wenn man so schnell wie es ging den Köder einholte. Irgendwann gab es einen kräftigen Schlag in der Rute und wieder war ein Köhler mehr an Bord.
Was mich aber am meisten überraschte, war die Art und Weise wie sie kämpften. Vom Anbiss bis zum Boot lieferten sie stets einen unglaublichen Drill mit wilden Fluchten. Es machte wahnsinnig Spaß, aber es war auch sehr anstrengend. Man hätte stundenlang Köhler fangen können, wenn man denn wollte. Wir für unseren Teil angelten an diesem Tag einen Großteil des gesamten Köhlerfangs in dieser Woche, um etwas Abwechslung in unsere Fischkisten zu bekommen.
Als es tiefer wurde, musste mit schwereren Gerät geangelt werden. Pilker von 250 g bis 350 g mussten nun herhalten. Hier und da wurden auch Dorsche gefangen, aber noch keine wirklich großen. Unser Problem waren die verrückten Köhler, denn es war fast unmöglich, den Schwarm zu durchbrechen und den Grund zu erreichen. Da Billy wiederum verrückt nach Köhlern war, angelte er meistens mit Beifängern. Da ich auch welche dabei hatte, sollten diese auch zum Einsatz kommen, also nutze ich ein Pilkvorfach mit zwei Beifängern. Ausgerechnet jetzt kam ich tiefer als zuvor, denn irgendwie bissen die Köhler weniger stark. Später hängte ich oft einen sehr großen Gummi-Mak am oberen Sprengring des Pilkers ein und man hatte dadurch tatsächlich mehr Chancen den Grund zu erreichen.
Natürlich biss ausgerechnet jetzt ein 15-Pfund-Dorsch an, denn die großen Dorsche jagten unterhalb des Köhlerschwarms. Auf dem Weg nach oben musste nun meine Pilkmontage an den Köhlern vorbei und es wurde zur Schwerstarbeit, den Dorsch nebst Begleitung nach oben zu bekommen. Mindestens ein Köhler war am Beifänger und der freie Beifänger wurde laufend attackiert. Jetzt fielen mir auch Kalles Worte ein, lieber Beifänger wegzulassen, denn es macht keinen Spaß zwei oder drei Fische mit einmal nach oben zu pumpen. Wie Recht er damit hatte!
Ich für meinen Teil beschränkte mich ab sofort auf einen Beifänger direkt am Pilker.
Da wir nun schon ausreichend Köhler hatten, waren wir auf der Suche nach Stellen, wo es keine oder nicht so viele Köhler gab, aber es war aussichtslos. So probierten wir es weiter. Als wir an eine Stelle kamen, die von 50 bis auf 70 Meter und von dort aus ziemlich steil auf fast 200 Meter Tiefe abfiel, kamen immer größere Dorsche nach oben. Der eine oder andere 20-Pfünder war dabei. Kurz nachdem die 70 Meter erreicht waren, hatte Detlef plötzlich etwas noch größeres am Haken, denn der Fisch nahm ihm Schnur von der Rolle. Da er über eine Rolle mit Zwei-Gang-Automatik verfügt, konnte er den Fisch ohne Anstrengung nach oben befördern. Dazu hatte er die Rute auf die Reling gelegt und ohne Pumpbewegungen nur gekurbelt. Da er schon Dorsche über 50 Pfund gefangen hat und weiß, wie anstrengend es auch anders sein kann, war das sicherlich das Schonprogramm für ihn. Was er dann mit dieser Technik nach oben beförderte, hatte ich noch nie zuvor in Natura gesehen. Bereits in großer Wassertiefe konnte man die weiße Unterseite des Fisches erkennen, der breitlängs langsam nach oben kam. Zum Gaffen stand Rocky bereit. An der Oberfläche angekommen war die ganze Größe des Dorsches zu erkennen und alle jubelten und kommentierten den Fisch auf ihre Weise, während Rocky ihn über Bord zog.
Wahnsinn - ich war völlig platt. Nur Detlef war die Ruhe selbst. Einziger Kommentar war, dass der Dorsch unheimlich lang sei und er schon einige größere Dorsche gefangen bzw. gesehen hätte.
Die Waage zeigte 36 Pfund an bei einer Länge von 1,32 m.
Nachdem es bereits über 120 Meter tief war, setzten wir nochmals zurück und starteten die gleiche Drift noch einmal. Wieder konnten schwere Fische gehakt werden, aber keiner erfolgreich, denn die Dorsche schlitzten aus. So verloren Detlef und Rocky sehr gute Fische. Ich selbst hatte nicht das Glück, einen derart großen Dorsch zu überreden. Billy, neben den ich die ganze Woche stand, hatte da mehr Glück und einen sehr starken Fisch an der Angel. Ich filmte ihn bei seinem Drill. Dieser Fisch zog ihm die Schnur von der Rolle und es dauerte eine ganze Weile bis er zum Gegenschlag ausholen konnte. Auch er wandte die gleiche Taktik wie Detlef an mit dem Unterschied, dass er keine Rolle mit zwei Gängen hatte und hin und wieder pumpen musste. Nur ein einziges mal rutschte ihm die Rute aus dem Kampfgurt und für einen kurzen Augenblick hing die Schnur durch. Als er wieder Spannung aufbaute war der Fisch zwar noch dran, aber nach einem kräftigen Ruck hatte er sich befreien können. Enttäuscht kurbelte Billy nach oben und was wir dann sahen ließ uns alle staunen. Obwohl Billy, wie übrigens alle, mit 40 kg-Wirbeln (Tragkraft) in hoher Qualität angelte, hatte es der Fisch geschafft, den Wirbel komplett aufzubiegen. Unglaublich! Wahrscheinlich in dem Augenblick, als kurz die Schnur durchhing, muss sich der Fisch gedreht und sich der Wirbel irgendwie verkantet haben. Jedenfalls muss es auch ein sehr sehr großer Fisch gewesen sein, der den Pilker von Billy im Maul trägt. Er wird es wohl nicht überleben.
Da der Wind zunahm, die Wellen immer größer wurden und es schon fast 20.00 Uhr war, traten wir die Heimreise an, in der Hoffnung auch am nächsten Tag auf dem Plateau weiterangeln zu können.
Unsere Fischkiste war fast dreiviertel voll mit Dorschen, Köhlern, Steinbeißern und (m)einem Heilbutt.
Auf der Rückfahrt wurde wie gewohnt filetiert. Nur die großen Dorsche nicht, denn sie geben kein schönes Filet ab und schmecken auch nicht so gut. Sie waren für den Verkauf bestimmt, um unseren verfahrenen Diesel zu bezahlen. Auch der Heilbutt wurde noch nicht filetiert, da ich mich damit gern fotografieren lassen wollte. Dummerweise hatte ich am Morgen nur die Videokamera eingepackt und auf den Fotoapparat bewusst verzichtet. Warum ich dann von mir und dem Heilbutt keine Videoaufnahme machen ließ, ist mir bis heute ein Rätsel.
Gegen 22.45 Uhr legten wir wieder in Sarnes an. Jeder hatte seine Aufgabe und wusste was zu tun war. Bevor ich mich in meine Küchenarbeit stürzte, bat ich kurz zum Foto-Shooting, um Detlef mit seinem Rekorddorsch abzulichten, der immerhin den Vorjahresbestwert überboten hatte. Auch ich ließ mich mit meinem Heilbutt fotographieren.
Zum Abendbrot sollte es Fisch geben. Also holte ich mir die fangfrischen Filets vom Steg. Dorsch, Seelachs und Steinbeißer sollte es geben. Da alle hungrig waren, musste es schnell gehen und die marinierten und zum Teil panierten Filets wurden zügig in zwei Pfannen gebraten. Es gab keinerlei Beschwerden und allen hat der Fisch geschmeckt.
Ich bin dann noch kurz duschen und gegen 01.00 Uhr im Bett verschwunden. Detlef, Billy und Kalle schauten noch "Django" - ein Bud Spencer Film - welch eine Ausdauer.
Ich selbst konnte das erste Mal seit unserer Abfahrt wieder richtig schlafen, denn Detlef nahm Rücksicht auf mich und dieses mal schlief er auf der Couch. Gegen 08.00 Uhr wurde ich erst wieder wach und konnte mich an den bereits gedeckten Frühstückstisch setzen. Die sieben Stunden Schlaf wirkten wie ein Wunder, denn ich war gut erholt, nachdem ich am Vortag so schlecht ausgesehen hatte. Selbst die roten Äderchen in meinen Augen waren wieder verschwunden.


Sonntag, 23. Mai 2004 - Der zweite Angeltag
Nach dem Frühstück lief alles ab wie am Vortag, nur etwas langsamer, denn draußen wehte ein frischer Wind und es regnete hin und wieder. Da das Wetter hier oben binnen Minuten wechseln kann, hofften wir also auf Besserung.Interessant war, das der Wind aus einer völlig anderen Richtung kam, als noch am Tag zuvor. Wenn man nach draußen blickte, sah das Wasser recht ruhig aus, sobald man aber vor die Tür ging, blies einem ein heftiger Wind ins Gesicht. Da wir geschützt in einer Bucht lagen, konnten wir nicht sehen, wie hoch der Wellengang auf offener See war. Kalle und die anderen erfahrenen Norwegenfahrer wussten aber, dass wir auf keinen Fall in Richtung Honningsvåg und schon gar nicht zum Plateau fahren konnten.
Das schöne an Sarnes ist, dass es innerhalb des Porsanger-Fjordes überall geschützte Stellen gibt, an denen es sich bei fast jedem Wetter angeln lässt. Und was noch schöner ist, wenn man mit Freunden fährt, die schon öfter hier oben waren und auch wissen wo diese Stellen sind.
Gegen 10.00 Uhr hieß es dann Leinen los und wir fuhren in die entgegengesetzte Richtung vom Vortag. Unser Ziel war der so genannte Kanal, eine kilometerlange Meerenge, die links und rechts durch hoch aufragende Felswände geschützt war. Die Fahrzeit betrug etwas über eine Stunde, wobei ein klares Ziel nicht ausgegeben wurde. Auf der Fahrt legten wir die obligatorischen Zwischenstops ein und wir fingen vorwiegend Steinbeißer, aber so richtig wollte es nicht klappen, wobei man sagen muss, dass wir auch sehr hohe Ansprüche stellten. Denn eine oder zwei Angeln waren eigentlich immer krumm, aber eben nicht alle sechs.
An einer Stelle, sehr nah am Ufer, zeigte unser Echolot jede Menge Fisch an und wir starteten einen Versuch. Nicht die vielen Fische bewogen uns zum Anhalten, sondern vielmehr die vielen Erhebungen unter Wasser. Der Untergrund war unglaublich wellig und die Tiefenangaben schwankten sehr schnell zwischen 30 und 10 Meter.
Das Ergebnis: Köhler im Kleinformat, nur ca. 25 cm lang. Wir fingen einige als Köderfische. Plötzlich gab es viele Hänger gleichzeitig und wir brauchten einige Zeit bis wieder alle Angeln eingeholt waren. Die ersten Pilkerverluste waren die Folge. Nichts wie weg hier.
Unweit der Stelle wurde der Fjord etwas breiter und wir fuhren wieder dicht unter Land. Mittlerweile hatte die Flut eingesetzt und wir drifteten zur Fjordmitte, also vom flachen ins tiefere Wasser. Das Echolot zeigte wieder keinen Fisch an und wir fingen trotzdem Dorsche direkt am Grund. Je weiter wir in die Mitte des Fjordes kamen, desto größer wurden die Dorsche. Bei Tiefen von 50 bis 60 Metern ging es bald so zu wie am Freitag Abend vor Honningsvåg, mit dem Unterschied, dass die Fische hier größer waren und keine Einheitsgröße hatten (6 bis 15 Pfund). Die Dorsche schienen gerade im Fressrausch zu sein, denn sie waren voll mit Krabben.
Ich versuchte es nun mal in höheren Wasserschichten mit dem Bergmann-Pilker plus Beifänger am Sprengring, denn das Echolot zeigte immer mal wieder Fische über Grund an. Und dann rappelte es in der Kiste. Schätzungsweise 10 bis 15 Meter über Grund biss mein bis dahin größter Dorsch und ich musste mich richtig ins Zeug legen. Während ich noch meinen Dorsch nach oben pumpte, sagte ich auch den Anderen, dass sie es im Mittelwasser probieren sollten. Und sofort hatte auch Billy einen schwereren Dorsch am Haken. Ein Blick aufs Echolot brachte dann auch Gewissheit, denn dort waren nun viele große Fischsymbole im Mittelwasser zu sehen.
Da ich noch nie derart große Fische gefangen hatte, haperte es noch ein wenig an meiner Pumptechnik, aber es ging von Tag zu Tag besser. Störend wirkte bei mir nur die hohe Reling, die sehr lange Pumpbewegungen verhinderte. Also musste ich viel öfter die Angel heben und absenken. Während des Drills schaute ich unentwegt ins Wasser und ich wollte sehen, wie der Fisch nach oben kam. Es war immer wieder spannend, zunächst den weißen Bauch und später den ganzen Fisch im Wasser zu erkennen. Bei diesem Dorsch hoffte ich nur, ihn nicht im Bauch gehakt zuhaben, so dass der Fisch quer nach oben kam. Dann nämlich waren selbst kleinere Dorsche unheimlich schwer zu drillen. Und dann konnte ich ihn endlich sehen und war überwältigt - Gaff, ich brauchte ein Gaff - sofort war Kalle zur Stelle, der den Dorsch sicher ins Boot holte.
Als ich meinen Fisch endlich an Bord hatte, war ich unheimlich froh, denn der Dorsch war mein bis dahin größter Fisch, den ich in meinem Leben gefangen hatte. Er war 26 Pfund schwer. Kurz darauf fing ich noch einen 20-Pfünder. Die Anderen gaben sich auch mit Dorschen bis zu 20 Pfund zufrieden und ich dachte daran, dass man mit derart großen Fischen bei uns in der Zeitung erscheint. Hier schien es Normalität zu sein! Nach einer wirklich langen Drift war der Spuk wieder vorbei und wir fuhren an unsere Ausgangsposition, um noch einen Versuch zu starten. Obwohl wir an fast der selben Stelle unsere Drift begannen, verlief die Drift anders als zuvor, aber wir konnten wieder viele Dorsche erbeuten. Die Strömungen schienen wirklich stündlich zu wechseln.
Beim nächsten Versuch war mal wieder Billy der Kapitän und er wählte ein Zielgebiet unterhalb einer Landspitze aus, wo es deutlich stärker strömte und man schwere Pilker brauchte. Nachdem sich einige Hänger einstellten, fuhren wir im zweiten Anlauf an der Spitze vorbei, um an ihr vorbeizudriften, wobei wir wieder vom flachen ins tiefere Wasser trieben. Diese Stelle war nur etwa 10 Minuten von der Stelle entfernt, an der ich meinen größten Dorsch gefangen hatte, aber die Dorsche hier hatten nicht nur eine andere Färbung, sondern waren schlanker und auch viel kräftiger im Drill. Billy nannte sie Strömungsdorsche und diesen Titel hatten sie verdient. Da ich nicht sofort einen schwereren Pilker montierte, bekam ich nach meinem zweiten oder dritten Strömungsdorsch die Quittung. Zunächst dachte ich, es sei viel tiefer geworden. Irrtum: Durch die starke Unterströmung kam mein Pilker nicht am Grund an. Zwar schien die Schnur senkrecht nach unten zu gehen, aber das tat sie nur auf den ersten Metern. Etwas tiefer verlief sie fast parallel zum Meeresboden und mein Pilker schliff kurz über Grund. Ein Hänger war die Folge. Nun mussten zunächst alle ihre Angeln einholen, was schon eine Weile dauerte. Erst jetzt merkte man, wie schnell wir eigentlich trieben - unentwegt zog es mir die Schnur von der Rolle. Nun musste das Boot gestartet und dem Pilker entgegengefahren werden. Da das Boot aber einen relativ großen Wendekreis besaß, zog es mir immer noch Schnur herunter. Als ich endlich mit dem Schnur einholen beginnen konnte, waren mindestens 300 Meter im Wasser und es begann mein härtester Drill in der ganzen Woche, leider aber ohne Fisch. Die Schnur beschrieb unter Wasser einen großen Bogen und das Boot musste laufend die Richtung wechseln. Meter für Meter zog ich die Schnur unter voller Spannung ein - und die Schnur durchpflügte das Wasser, so dass es spritzte. Wenn man glaubte in etwa über dem Pilker zu sein, ließ sich noch immer Schnur einholen. Als ich etwa einschätzen konnte, dass annähernd alle Schnur auf der Rolle war, gab ich das Zeichen nun mit der Hand (natürlich mit Handschuh) zu ziehen und den Pilker abzureißen. Plötzlich gab die Schnur nach und noch immer war ein großer Bogen Schnur draußen. Als ich den Bogen eingeholt hatte, merkte ich auch den Pilker wieder. Also alles dran geblieben. Prima! Dafür war ich total erschöpft.
Als nächstes fuhren wir weiter hinaus, denn wir befanden uns direkt an der Meerenge hinter der sich der Fjord öffnete. Kalle hatte auf dem Echolot ein weiteres Plateau entdeckt und dazu mussten wir noch eine halbe Stunde fahren. Es wehte immer noch ein frischer Wind und wir hatten ziemlichen Wellengang, der immer noch zunahm, als wir den Schutz der Felsen verließen. Die angezeigten Tiefen auf dem Echolot waren fast mit dem anderen Plateau identisch. Es sah also vielversprechend aus und alle hofften auf noch größere Fische. Der einzige Unterschied - diese Stelle lag weit innerhalb des Fjordes (falsch, den wir waren durch den Mageroysund ins offene Meer in Richtung Rolsøya gefahren) gefahren, die andere, vom so erfolgreichen Vortag, war dem Fjord vorgelagert.
Endlich angekommen, legten wir mit dem Angeln so gut es ging los, denn nun mussten wir unser Boot den Wellen aussetzen. Es schwankte sehr stark und ich hatte an meiner Position keinen richtigen Spaß, denn ich war mehr mit dem Festhalten und Aufpassen beschäftigt, als mit dem Angeln. Fisch gab es nur wenig, einige Steinbeißer, kleine Dorsche und Lumb, von denen wir keinen einzigen mitgenommen haben. Später wählte ich meinen Platz neben Detlef in der Bootsmitte, wo ich sitzen konnte. Es war beeindruckend und beängstigend zugleich, wie sehr das Boot schaukelte, so dass sogar Wasser unter der Reling hindurch aufs Boot kam. Gerd und Kalle saßen dabei in der Spitze oder hielten sich an den Aufbauten fest. Nach einer halben Stunde Schaukeltour und kaum Fisch traten wir die Heimreise an, denn es war bereits Abend und wir mussten noch fast zwei Stunden fahren. Sofort wurde mit dem obligatorischen Filetieren begonnen und war wie immer ein willkommener Zeitvertreib.
Für das Abendbrot sollte es Grillfleisch geben, so dass ich relativ wenig vorzubereiten hatte. Nur der mitgebrachte Grill von Kalle machte Schwierigkeiten, denn dieser entpuppte sich als klappriges Gestell als Selbstbausatz. Mit etwas Geduld gelang es aber doch, den Grill zu nutzen, man musste nur äußerste Vorsicht walten lassen, wenn man das Fleisch drehte. Für jeden gab es eine Kammscheibe, eine Putenbrust, eine Bratwurst und Toast. Ausreichend also und alle wurden mehr als satt. Nach dem Essen saßen wir noch kurz zusammen und bei Bier, Rotwein und Whisky werteten wir den Tag aus. Detlef, für den keine alkoholischen Getränke außer Wein in Frage kamen (so seine Auskunft bei unserer letzten Vorbesprechung), entpuppte sich nicht nur als genüsslicher Weintrinker, sondern auch das eine oder andere Bier mundete ihm. Auch dem Whisky stand er aufgeschlossen gegenüber. Billy, der Biertrinker schlechthin ließ es sich natürlich nicht nehmen, Detlef dafür aufs Korn zu nehmen und wir hatten damit so unseren Spaß.
Kurz vor dem schlafen gehen wurde die Parole für den nächsten Tag ausgegeben. Natürlich war das Plateau das Ziel, aber das Wetter müsste stimmen. Der kleine Hakon meinte, das Wetter wird noch einen Tag so bleiben, bevor es besser wird. Das stimmte uns hoffnungsvoll für die verbleibenden vier Angeltage.


Montag, 24. Mai 2004 - Der dritte Angeltag
Am Montag Morgen war ich wieder der Erste aus den Federn und ging erst mal in Ruhe duschen, denn am Vorabend hatte ich dazu keinerlei Motivation. Gegen 07.30 Uhr begann ich mit den Frühstücksvorbereitungen, bevor ich noch einen kleinen Spaziergang am Wasser einlegte....
Kalle hatte derweil mit dem Toasten oder besser gesagt mit dem Trocknen der Toastscheiben begonnen. Obwohl es auch einen Toaster gab, legte er das Brot auf ein Backblech, um es bei Umluft und 200° C zu toasten. Als Ergebnis gab es dann warme durchgetrocknete Toastscheiben. Für die Folgetage übernahm ich dann diesen Teil beim Frühstück...
Der Regen war nur von kurzer Dauer, aber der Wind war noch genauso stark wie am Vortag, so dass wir wieder nicht aufs Plateau konnten. Gerd, Kalle, Rocky und Billy hatten in den Vorjahren eine sehr gute Steinbeißerstelle gefunden, die nun heute unser Ziel war, denn schließlich liefert der Steinbeißer ein hervorragendes Filet. Wieder ging es gegen 10.00 Uhr los und ich war wie an jedem Tag der Letzte, der das Haus verließ.
Nach 15 Minuten Kutterfahrt war klar, dass die Steinbeißerstelle nicht angefahren werden konnte, da uns die Wellen gegen die Felswände drücken würden. Also wichen wir, wie am Vortag, auf den Sund aus, wo ich meinen Rekorddorsch erbeuten konnte. Deshalb war ich im Grunde genommen froh darüber, zumal wir dort kaum Wellengang hatten. Als wir an die Stelle kamen, an der wir am Vortag eine ausgeprägte Unterwasserstruktur entdeckt hatten, konnten wir ein imposantes Schauspiel miterleben, das sich dort wohl Tag für Tag wiederholt. Wir fuhren sehr dicht unter Land und das Echolot zeigte auch noch massenhaft Fisch an, als plötzlich das Wasser zu kochen schien. Das Wasser kräuselte und drehte sich und es war keine Strömungsrichtung zu erkennen. Detlef und ich dachten einen Felsen direkt vor unserem Boot auszumachen, der sich aus dem Wasser zu erheben schien. Aber das Echolot zeigte noch mehr als 10 Meter an. Ich hatte ein mulmiges Gefühl im Magen. Dann dachte ich als nächstes an einen großen Schwarm Kleinfisch, aber es waren keine zu erkennen. Kalle angelte dabei und fing kleine Köhler, wobei sich aber das Boot zu drehen begann. Langsam kamen wir nun dahinter was sich hier abspielt. Die Flut hatte eingesetzt und die Wassermassen strömten nun über die Vielzahl von Untiefen, über denen wir uns just in diesem Augenblick befanden. Durch die starke Strömung und die Unterwasserlandschaft wurde das Wasser derart verwirbelt, das sich sogar kleinere Strudel bildeten. Nur 50 Meter weiter vom Ufer schien das Wasser zu stehen, aber dichter an Land strömte es gewaltig. Das Boot konnte zwar problemlos fahren, aber man merkte förmlich, das es schwerer war den Kurs zu halten, was Gerd dann später auch bestätigte. Zwar gab es hier Unmengen an Fisch, aber die Hängergefahr war zu groß, was wir am Vortag ja bereits schmerzlich an dieser Stelle erfahren mussten. Also ging's noch 15 Minuten weiter an die Stelle vom Sonntag, an der wir so gut Dorsch gefangen hatten.
Wir starteten unsere Drift gezielt und hofften ähnlich wie am Vortag zu driften, aber Fehlanzeige. Wieder mussten wir feststellen das jede Drift anders verläuft und man entweder durch die Strömung, den Wind oder in Kombination der beiden Komponenten driftet, was ein gezieltes Driften für uns fast unmöglich machte. Während der gesamten Woche ist es Gerd als Kapitän am besten gelungen das Boot in Position zu bringen.
Eigentlich spielte es eine untergeordnete Rolle, denn Fisch haben wir immer gefangen. Nur wenn wir Stellen mit großen Fischen gefunden hatten, war es natürlich das Ziel, eine Drift zu wiederholen.
Jedenfalls fingen wir auch wieder sehr gut und unsere Fischkiste war am Abend wieder mehr als halb voll, aber es waren keine 20-Pfund Brocken dabei.
Auf der Heimfahrt entdeckte Kalle auf der Seekarte ein Wrack, das er am Vortag vergebens gesucht hatte. Nach kurzer Abstimmung war klar, das wir das unbedingt ausprobieren wollten, auch wenn der Seegang nicht sehr vielversprechend war. Schließlich hatte man beim Wrackangeln gute Chancen richtig große Fische zu erbeuten. Am Wrack angekommen, bestand die Schwierigkeit nun darin, es auch auf dem Echolot zu finden, um wirklich genau darüber zu angeln. Kurzum es ist uns nicht gelungen. Trotzdem versuchte Kalle es auf gut Glück. Kurz darauf fing er einen kleinen Dorsch in 100 Metern Tiefe. Da der Wellengang doch zu hoch war, traten wir die Heimreise endgültig an.
Zum Abendbrot wollte ich frischen Fisch grillen, was bei allen großen Anklang fand. Denn, wenn nicht hier wo sonst, kann man so viel guten Fisch fangen und essen.
Dazu habe ich die fangfrischen Filets gut gewürzt und in Aluminiumfolie eingewickelt auf den Grill gebracht. Dadurch wurden die Filets sozusagen im eigenen Saft gekocht, was sie überaus schmackhaft macht. Leider stellte sich meine Kombination der verschiedenen Fischsorten als nicht so glücklich heraus. Zwar hatte ich den Dorsch separat gegrillt, was auch noch völlig unkritisch war, aber darüber hinaus habe ich Steinbeißer- und Seelachsfilets zusammen gegart. Nun brauchte der Steinbeißer aber erheblich länger als der Seelachs. Nun gut - dem Geschmack tat es keinen Abbruch, aber der Seelachs war etwas "Übergar". Ohne Nachzufragen wurde mir dann von allen bestätigt, das es prima geschmeckt hat. Und da es mir auch geschmeckt hat, konnte ich davon ausgehen, das es auch ernst gemeint war.
Nachdem alle geduscht waren gab, es die obligatorische Tagesauswertung in gemütlicher Runde, bevor alle ins Bett verschwanden. Da Detlef den einen oder anderen Whisky getrunken hatte und er nur schnarcht, wenn er etwas getrunken hat, verbrachte ich meine zweite Nacht vorsorglich auf der Couch und war damit auch wieder der Erste am nächsten Morgen.
 

schlot

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AW: Angelbericht Nordnorwegen: Sarnes 2004 Teil II

Klasse Bericht!
Sehr ausführlich geschrieben. #6

Teil 3 u. 4 zieh ich mir später rein. :q
 

IngoS

Member
AW: Angelbericht Nordnorwegen: Sarnes 2004 Teil II

Ich hatte noch keine Zeit Deinen ausführlichen Bericht zu lesen, aber ich habe ihn mir schon mal ausgedruckt. Da wir Ende Mai zum 3.Mal nach Kamoyvaer fahren, werde ich sicher einiges Interessante in Deinem Bericht finden.
 
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