Angelbericht Nordnorwegen: Sarnes 2004 Teil I

Avetfan

New Member
Norwegenurlaub 2004


Anfang März 2004 sprach mich Kalle an, ob ich nicht Lust hätte mit nach Nordnorwegen zu kommen. Kalle & Co. fahren schon seit einigen Jahren zum Nordkap, um große Dorsche, Steinbeißer, Seelachse, Schellfische und Heilbutts zu angeln. Dabei sprach er immer wieder vom Angeln auf dem Plateau in der Barentsee und hoffentlich kommen wir in diesem Jahr dahin. Was er damit meinte, verstand ich erst, als wir in Norwegen angekommen waren.
Nach vier Jahren Norwegenabstinenz erfüllte mir meine Frau einen lang ersehnten Traum und "stellte mich 10 Tage frei". Ich fühlte mich nicht sehr wohl bei dem Gedanken, meine Familie so lange allein zu lassen. Ich selbst brauchte noch zwei Tage bis ich Kalle zusagte.


Die Reisevorbereitungen
Bevor es am 19. Mai 2004 endlich losging, lagen fast zehn Wochen Vorbereitungszeit dazwischen und da ich Kalle nicht mit meinen 1000 Fragen zum Angeln am Nordkap nerven wollte, belas ich mich ausreichend im Internet auf einschlägigen Seiten, wie z.B. im Angelerbord. Was mir noch fehlte, war eine ausreichend starke Rute und eine Multirolle. Um die Kosten dafür nicht in die Höhe zu treiben, lieh ich mir eine Rolle von Detlef, ebenfalls ein erfahrener Norwegenangler. Die Rute ersteigerte ich mit einigen Problemen bei ebay zum Preis von, denn die Lieferung erfolgte erst kurz vor Reisebeginn.
Kleinstmaterial besorgte ich mir hier und da und etliche Mittagspausen verbrachte ich in den Angelabteilungen. Zwar hat mir Kalle immer wieder angeboten, dass er über alles ausreichend verfügt, aber man will sich ja nicht nur aushalten lassen. Außerdem hatte ich von meinem ersten Norwegentrip mit Gustav noch allerhand Brauchbares, so dass ich gut gerüstet war. Zwei Wochen vor Reisebeginn empfahl mir Kalle einen Angelkatalog und ich bestellte doch noch Drillinge und Sprengringe, die ich später auch dringend brauchte.
Erstaunlich während der ganzen Vorbereitungszeit fand ich, wie gelassen meine Familie meine Aktivitäten am Wochenende hinnahm, denn ich weiß nicht mehr, wie oft ich meine Angelsachen ein- und wieder ausgepackt habe. Um ganz sicher zu gehen, musste ich meine Ausrüstung auch noch Kalle vorführen.
Meine Reisetasche hatte ich dagegen relativ zügig gepackt.
Die letzten Tage auf Arbeit verliefen äußerst stressig, denn ich hatte viel zu tun und auch noch viele Termine. Außerdem wollte ich nach meiner Rückkehr keinen vollen Schreibtisch vorfinden, so dass ich dann wirklich urlaubsreif war.
Da auch noch im Haus und im Garten einige Dinge zu erledigen waren und ich auch noch keine Sachen gepackt hatte (abgesehen von den Angelsachen) nahm ich kurzfristig am 18. Mai Urlaub.


Die Abreise
Der Abreisetag war auch noch Arbeitstag für mich, denn ich wollte für den halben Mittwoch nicht einen vollen Urlaubstag verschwenden. Die wenigen Stunden in der Bank wollten einfach nicht vergehen und ich habe auch nichts Großes mehr angefangen. Ehrlich gesagt konnte ich mich überhaupt nicht konzentrieren, denn dazu war ich viel zu aufgeregt. Also beschränkte ich mich auf Ablagetätigkeiten, Pflege meines Terminkalenders, Telefonate usw.
Endlich war es so weit, die Abreise stand kurz bevor und eigentlich war meine Vorfreude schon seit längerem verflogen. Die Trennung von meiner Familie lag mir schwer im Magen.
Ich hatte große Angst davor, dass etwas Unvorhergesehenes passieren könnte und ich nicht da bin.
So kam es wie es kommen musste und ich litt unter Magenkrämpfen und Durchfall. Dafür bin ich wohl einer der ersten, die innerhalb von 24 Stunden in Schweden, Finnland und Norwegen unter freiem Himmel gek... haben.

Auch die Abfahrt verlief nicht reibungslos. Eigentlich sollte uns die Schnellfähre nach Trelleborg bringen, aber der starke Wind lies ein Auslaufen nicht zu. Die Fährlinie TT-Line rief deshalb Kalle an, dass auf der großen Fähre drei Doppelzimmer auf der Fähre reserviert worden sind. Einziger Nachteil - die Abfahrt verzögerte sich für uns um einige Stunden.
Um 20.00 Uhr wurde ich von Gerd und Billy von zu Hause abgeholt. Der Abschied verlief kurz und schmerzlos, zumindest äußerlich. Von innen war ich ziemlich aufgewühlt, was mir mein Magen auch bestätigte.
Auf dem Weg zu Kalle stieg unterwegs noch Detlef zu. Nachdem nun alles verstaut war, setzten wir uns mit zwei Transportern in Richtung Rostock in Bewegung, wo wir gegen 21.30 Uhr eintrafen. Die Fähre lief dann um 23.00 Uhr aus. Vor der Fähre trafen wir noch eine andere Angelgruppe, die sich die Lofoten als Ziel gesetzt hatten. Es wurde noch etwas gestichelt, wer wohl mehr fangen würde, wobei wir aus meiner Sicht klar die besseren Chancen hatten. Auf der Fähre gab es noch ein Bier zur Nacht und danach konnten wir noch ca. 4 bis 5 Stunden schlafen. Schlaf, den wir dringend brauchten, denn nach der Ankunft in Trelleborg gegen 06.00 Uhr lagen 30 Stunden Autofahrt vor uns. Die ersten Kilometer in Schweden nahm ich unter die Achse. Es waren dann wohl fast 600 km!


Die Fahrt nach Sarnes am Porsanger-Fjord in Norwegen:
Eigentlich muss man sagen, dass die Fahrt bei weitem nicht so schlimm war, wie ich es erwartet hatte. Kalle, Rocky und Gerd hatten unsere beiden Fahrzeuge so präpariert, dass jeweils einer während der Fahrt bequem schlafen konnte. Detlef entpuppte sich als hervorragender Schläfer... Ich fuhr mit Rocky und Detlef im neuen IVECO. Die ersten 1.500 km gingen relativ flott durch Schweden, da ein Großteil der Strecke Autobahn war. Eigentlich wurde nur zum Tanken gestoppt und hier und da gab es noch einen Kaffee. Während ich zunächst sämtliche Tankkosten des Ivecos übernahm, war Billy für die Verpflegung zuständig. Auf der Rückfahrt sollte dann alles aufgerechnet werden, was auch anstandslos klappte.
In Finnland ging es etwas langsamer voran. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt in Finnland 90 km/h und die Straßen sind gut ausgebaut. Nur eine Vielzahl von Rentieren versperrte uns hin und wieder den Weg und man musste höllisch aufpassen. Auf der gesamten Hinfahrt habe ich nur wenig schlafen können, als es mir dann doch geglückt war, verpasste ich ein tolles Erlebnis, denn alle Anderen hatten das Glück, eine Elchkuh mit zwei Jungtieren in Finnland zu sehen. Pech gehabt! Insgesamt habe ich wohl auf der Hinfahrt nur zwei Stunden schlafen können.
Fast mit der Grenze zu Norwegen ging auch die Vegetation zurück, und es gab plötzlich keine Bäume mehr. Das hatte aber den Vorteil, dass man die Rentiere früher sehen konnte.
Auf den Bergen lag immer noch Schnee und die Inlandsfjorde waren zugefroren. Hier und da lag auch etwas Schnee im Straßengraben oder dicke Eisschollen an den Flussufern. Das Vorankommen wurde durch die kurvenreiche Strecke erschwert. Hinzu kam auch die Müdigkeit, denn wir sind auch die Nacht durchgefahren, da es ab Mittelschweden auch nicht mehr dunkel wurde. Nach ca. 26 Stunden erreichten wir gegen 08.30 Uhr Alta, wo wir uns mal wieder einen Kaffee schmecken ließen. Da ich noch immer unter Magenbeschwerden litt, bekam mir der Kaffee nicht sonderlich gut. Im Gegenteil! Vielleicht wäre es an dieser Stelle ratsam gewesen einen Tee zu trinken, zumal ich sonst kaum Kaffee trinke.
Der Blick aufs Wasser und die Gewissheit es fast geschafft zu haben, ließen den Aufenthalt relativ kurz ausfallen. Kalle gab eine mutige Prognose ab und schätzte die Fahrzeit auf etwas über eine Stunde. Das nächste Verkehrsschild klärte uns aber auf, dass das nicht ganz stimmen konnte, denn es waren noch rund 250 km zu bewältigen. Aus einer Stunde wurden dann fast drei.
Unsere letzten Fahrkilometer führten stets am Wasser entlang und wir hatten tolle Sichten auf die atemberaubende Fjordlandschaft. Rocky´s Blick galt aber der Straße und bewußt oder unbewußt fuhr er immer schneller, so daß wir ihn etwas bremsen mußten. Schließlich wollten wir heil ankommen. Hier und da gab es einige Fischerhäuser und dann endlich sah Rocky das, wonach er bereits lange gesucht hat. Auf den hohen Holzgerüsten hingen die ersten Dorsche, die zu Stockfisch verarbeitet wurden. Demnach war der atlantische Dorsch bereits im Fjord und wir freuten uns über diese Erkenntnis. Jeden von uns krippelte es um so mehr in den Fingern!
Endlich in Repvåg angekommen gab es dann noch eine kurze Besprechung mit dem Vermieter Hakon und einen Kaffee. Die Anlage erinnerte von außen stark an Skihütten, wie ich sie in Tschechien kennengelernt habe, und lag direkt am Wasser. Einziger Unterschied war, dass sie auf eine riesige Steganlage gebaut waren. Gemeinsam mit Gerd umrundete ich kurz das Haus. In einem kleinen Nebengebäude waren gerade einige Angler damit beschäftigt, ihren gefangenen Fisch zu filetieren. Ohne ein Wort mit ihnen zu wechseln, meinte Gerd im weggehen noch zu mir "Sonderlich groß sahen die Dorsche nicht aus"! Auch mir war das sofort aufgefallen.
Im Restaurant der sehr großen Unterkunft hingen allerlei Fischfanggeräte an den Wänden, althergebrachte wie auch neuzeitliche. Auf einer Kreidetafel waren die größten Fänge der Angler vom Vortag notiert worden. Die erreichten Größen waren für meine Verhältnisse atemberaubend und in mir stieg die Lust endlich angeln gehen zu können.
Als Hakon dann noch von zwei 40 kg-Heilbutts erzählte, die ein Schotte in der Woche vor uns gefangen hatte, hielt es uns nicht auf unseren Plätzen. Da alle, außer mir, schon einmal hier waren, fiel dieser Aufenthalt also sehr kurz aus und ich hatte keine Zeit die Anlage, die ich bisher nur aus dem Internet kannte, näher zu betrachten. Motiviert von Hakon´s Worten ging es bei mittlerweile strömenden Regen weiter nach Sårnes zu einem der nördlichsten Angelreviere der Welt. Wenn man den Ausführungen von Kalle und Gerd Glauben schenken durfte, ging es beim Angeln nicht mehr darum wie viel man fängt, denn viel fängt man sowieso, sondern wie groß die Fische sind. Ich hatte da so meine Zweifel. In Sårnes sind wir gegen 12:30 Uhr angekommen und unsere Unterkunft wurde gerade bezugsfertig. Just in Time also!
Jetzt ging alles ziemlich schnell, die Autos wurden binnen einer Stunde entladen und die Zimmer bezogen. Während wir uns noch um das Verstauen der Lebensmittel und Ähnliches kümmerten, ließen sich Gerd und Billy vom kleinen Hakon ins Boot einweisen. Der Bootseigentümer hieß zufällig auch Hakon, war aber deutlich kleiner als der Hakon aus Repvåg. Gerd musste sogar Hakon beweisen, dass er auch wieder anlegen kann, also drehte Gerd einige Runden vor unseren Augen.
Ich teilte mir ein Zimmer mit Detlef, Kalle mit Gerd und Rocky mit Billy.
Kaum das das Boot wieder am Steg lag, wurde damit begonnen, die Angelgeräte fertig zu machen. Jeder hatte mindestens zwei Angeln dabei. Der Heilbuttjäger Kalle wohl noch die eine oder andere mehr. Ich selbst hatte ebenfalls zwei Angeln, den Angelkoffer und einen Eimer mit den Pilkern dabei. Nachdem alle Angeln fertig waren, wurde sich umgezogen, der Kutter beladen und los ging es gegen 14.30 Uhr. Mit solchen Nebensächlichkeiten, wie Essen, wurde sich gar nicht erst aufgehalten...

Das Boot war ein altes Fischerboot aus Südnorwegen, Baujahr 1960. Es hieß "Stine" und sah richtig urig aus. An Deck befanden sich noch allerhand Aufbauten, die eindeutig dem Fischfang zuzuordnen waren. Außerdem gab es eine fest montierte quaderförmige Zinkwanne auf der linken Seite, in der der gefangene Fisch gesammelt wurde. Die Abmessungen betrugen 1,30 x 1,30 bei 80 cm Tiefe. Laut Hakon passten dort etwa 500 Kilogramm Fisch hinein. Das Fahrerhaus war über den Schornstein des Dieselmotors beheizt. Unter Deck gab es in der Spitze des Bootes eine Kajüte, wo unsere Angelkisten, Proviant und Sachen verstaut wurden, so dass nichts im Wege stand. Außerdem gab es im Bauch des Schiffes noch einen großen Laderaum, in dem Plastikstühle untergebracht waren, von denen wir auch Gebrauch machten. Alles in allem war das Boot genau richtig für unsere Bedürfnisse und wir hatten alle ausreichend Platz an Deck.
Kurz nachdem wir abgelegt hatten, begannen alle damit sich auf dem Boot einzurichten. Gerd und Kalle postierten sich in der Bootsspitze, Rocky und Detlef in der Mitte, Billy saß in der Regel auf der Treppe des Fahrerhauses und ich stand am Heck des Bootes. Dadurch hatte ich einen Aktionsradius von fast 180°, denn ich konnte auch zur Steuerbord- und Backbordseite angeln. Außerdem konnte ich das Echolot einsehen und war also immer bestens über Fischanzeigen und Tiefenangaben informiert. Nur die Reling am Heck war etwas zu hoch geraten, aber im Laufe der Woche habe ich mich daran gewöhnt.
Detlef, der schon seit mehreren Jahren nach Norwegen zum angeln fährt, zeigte mir noch eine Prozedur, die er immer am ersten Angeltag vollzieht, ehe er mit dem Angeln beginnt. Dazu kramte er aus seiner Angelkiste einen Flachmann heraus, goss einen Schluck in die See und wünschte uns eine gesunde Wiederkehr und natürlich reichlich Fisch.


Der erste Testausflug am 21. Mai
Da ich mir bis dahin nicht vorstellen konnte, dass soviel Fisch vorhanden ist und man hier oder da mal anhält um auch welchen zu fangen, habe ich erst mal alles auf mich wirken lassen. Die Kulisse rings herum war schon beeindruckend, der wieder einsetzende Regen eher weniger. Eigentlich konnte ich es noch nicht fassen hier zu sein und meine Gedanken waren auch bei meiner Familie.
Zu dem schlechten Gewissen gesellte sich auch die Angst davor, nicht seefest zu sein. Zwar wurde ich bei meiner ersten Ostseetour nicht seekrank, aber die Ostsee ist nun nicht unbedingt mit dem Nordatlantik zu vergleichen.
Nun war es soweit, das Boot wurde zum ersten Halt gestoppt und entsprechend postiert. Die Probedrift begann. Von den Eindrücken überwältigt, nahm ich mir die Videokamera und filmte die fünf Angler, denn es regnete nun nicht mehr. Ich wollte sehen, wie lange es dauert bis einer einen Fisch fängt. Die Pilker sausten nach unten und nur einen kurzen Augenblick später, rief erst Gerd, dann Kalle, dann Billy und irgendwann hatten alle schon ihren ersten Fisch am Haken, aber nur sehr kleine Dorsche. Auch ich startete meinen ersten Versuch und hatte nach kurzer Zeit auch einen kleinen Dorsch. Die Größe der Fische erinnerte mich stark an meinen ersten und wohl auch letzten Ostseeturn mit Gustav im April. Na wenn das mal kein schlechtes Omen ist, dachte ich so bei mir.
Unser erfahrener Kapitän Gerd setzte das Boot um und wir fuhren in Richtung Honningsvåg. Als auf dem Echolot die ersten Fische erschienen, stoppte er, drehte das Boot in den Wind und unsere erste richtige Drift bei 40 Metern Wassertiefe begann. Geangelt wurde zunächst mit den leichten Ostseeruten. Schon im Vorfeld sprach Billy von "Parteisekretäre fangen". Was er damit meinte, ließ nicht lange auf sich warten - Tangdorsche mit einer herrlichen roten Färbung, alle um die 6 Pfund schwer. Auch die Anderen fingen nach und nach Fisch. Ich konnte bei dieser Drift sogar meinen allerersten Steinbeißer fangen und ich hatte keine Ahnung, wie man derartige Fische vom Haken befreit. Aber zwei bis drei kräftige Schläge auf den Hinterkopf des Fisches und jegliche Gegenwehr war gebrochen. Trotzdem hatte ich höllischen Respekt vor dem furchteinflößenden Gebiss. Auf jeden Fall war ich froh darüber, Gustav´s Rat befolgt zu haben, und eine Kombizange im Koffer mitgeführt zu haben. Die Zange entpuppte sich im Laufe der Woche als echter Schlager, denn sie gab nicht nur bei den Steinbeißern Hilfestellung, sondern auch bei fest sitzenden Haken.
Als es dann hieß, wir fahren weiter, war ich sehr überrascht, denn die Fische bissen doch nicht schlecht. Aber scheinbar noch nicht gut genug! Also fuhren wir etwas die Küste entlang und nach kurzer Fahrt stoppten wir bei etwa 50 m Wassertiefe. Billy war zu dem Zeitpunkt Kapitän und war plötzlich völlig aus dem Häuschen. Seine Worte überschlugen sich und man konnte dem entnehmen, dass das Echolot voll Fisch war. Da die Anzeige auf dem Echolot immer zeitverzögert erschien, ist Billy zunächst ein Stück über den Schwarm hinweggefahren, so dass wir unweigerlich dort hinüberdriften mussten. Als das Boot in Position lag, ging`s sofort mit dem Angeln los, aber es passierte zunächst nicht viel. Nach und nach stellten sich die ersten Dorsche bei uns vor, keine Riesen, aber deutlich besser als die heimischen Ostseedorsche, wie ich sie erlebt habe. Dann ging es von einer Sekunde zur anderen Schlag auf Schlag und alle Angeln waren krumm. Die Fische wurden größer und sie bissen wie besessen. Vermutlich hatte die Flut schon eingesetzt, was die Beißlaune der Fische zu beflügeln schien. Ich selbst konnte es beinah nicht fassen, wie schnell die Fische bissen. Kaum war der Pilker auf dem Grund angekommen, brauchte man nur leicht zu pilken und schon war der nächste Dorsch "verhaftet". Immer wieder wurde nach einem Gaff gerufen, um die größeren Fische an Bord zu holen. Selbst das Gaffen der Fische machte mir Spaß. Stets ging der Blick ins Wasser und man war jedes mal aufs Neue gespannt darauf, wie groß der Dorsch wohl sein mochte. Es war einfach fantastisch. Klar das wir alle zu diesem Zeitpunkt unsere Ostseeruten zur Seite gestellt hatten. Zwar hätten diese wohl dafür ausgereicht, aber keiner wollte sich auf einen langen Drill einlassen. Schließlich war es der erste Tag und zum "Spaß haben" hatten wir noch die ganze Woche vor uns. Innerhalb einer halben Stunde wurden unzählige Dorsche gefangen und während dieser Zeit hätte ich mir Gustav an meiner Seite gewünscht! Aber vielleicht kann ich ihn doch motivieren mit mir gemeinsam nach Norwegen zu kommen.
Plötzlich stellten sich vermehrt Hänger ein und wir mussten die Stelle verlassen, da wir uns bereits in unmittelbarer Nähe eines Fischernetzes befanden. Eine neue Drift brachte zwar auch Fisch, aber der Schwarm schien weitergezogen zu sein. An dieser Stelle versuchten wir es während der Woche noch mehrmals, aber ohne nennenswerte Erfolge.
Mittlerweile waren wir ziemlich erschöpft und es war der richtige Moment um aufzuhören. Also traten wir die Heimreise an. Insgesamt wurde unsere Fischkiste fast halb voll, und somit waren ca. 200 kg Fische an Bord. Kalle und Gerd versäumten es auch nicht, mich danach zu fragen, ob ich mir nun vorstellen konnte, dass die Fischkiste auch mal voll wird. Na klar konnte ich mir das vorstellen, zumal wenn man bedenkt, das der erste Ausflug nur zum Testen war und wir "nur" 5 Stunden geangelt haben.
Die Rückfahrt wurde dazu genutzt, den gefangenen Fisch zu filetieren - eine ziemlich blöde Arbeit - aber immerhin waren wir beschäftigt und bis zu unserer Ankunft mit allen Fischen fertig.
Dabei erwies sich eine Arbeitsteilung als äußerst praktikabel. Billy musste fahren, Gerd, Kalle und Rocky haben filetiert. Detlef und ich haben die Filets auf Gräten und Würmer kontrolliert, gehäutet und portioniert. Hunderte von Möwen begleiteten das Boot während des Filetierens. Diese Prozedur begleitete uns die ganze Woche und verkürzte die Fahrzeit bis zum Liegeplatz.
Unsere Obermieter dagegen wandten eine andere Taktik an. Der gefangene Fisch wurde von ihnen erst am Liegeplatz versorgt. Dazu mussten zunächst die Fische vom Boot auf den Steg gehievt werden, ziemlich mühselig, insbesondere bei Ebbe, wenn fast 3 Höhenmeter überwunden werden mussten. Nach dem Filetieren wurden die Fischreste wieder in Kisten verstaut und aufs Boot gebracht. Wenn man bedenkt das nach einem anstrengenden Angeltag auch noch ein bis zwei Stunden filetieren vor einem liegen - grauenhaft.
Wir für unseren Teil mussten lediglich die fertigen Filets mit frischem Wasser abspülen und in mehreren Netzen über Nacht zum Trocknen aufhängen.
Als wir am Steg anlegten, waren unsere Obermieter gerade damit beschäftigt, zu filetieren und wir staunten nicht schlecht. Ein nach unseren Schätzungen 12 bis 15 kg schwerer Heilbutt lag auf dem Filetiertisch, wie ich fand unheimlich groß. Leider wussten sie nicht (ich auch nicht), wie man einen Plattfisch filetiert, aber Kalle - und so musste Kalle Hilfestellung leisten. Armer Kalle, nun war er noch heißer als vorher und er meinte, wenn diese Glatzen einen Heilbutt fangen, muß es ihm doch noch eher gelingen.
 
Oben