Moin in die Runde,
weil ich hier begeistert mitlese - das ist wohl der beste Mittelmeerthread ever, Glückwunsch an alle, die ihn durch ihre Berichte möglich machen!!! - möchte ich auch mal was schreiben und mein Mini Scherflein beitragen. Ein bisschen was Interessantes dürfte auch für die alten Hasen dabei sein, immerhin ein Palo-Köder, der so im Thread noch nicht vorkommt (wenn es auch schwierig ist, das bei so einem Mammut-Thread mit Sicherheit zu sagen).
Gaaaaaanz früher, zu Beginn meiner Angellaufbahn, war ich bei diversen Strandurlauben mit den Eltern eifrig am Stippen auf Lippfisch&Co; herausragende Fänge waren da große Hornhechte in Istrien und ganz beachtliche Meeräschen nachts in mallorquinischen Häfen, zwischen den Ankerseilen herausgezwirbelt (oder auch nicht...). Dann kam gaaaaanz lange nur Norwegen, bis dann schließlich mit zwei Filiussen im Schlepptau wieder das Mittelmeer interessanter wurde. Eines Sommerurlaubs vor etwa 20 Jahren war ich, soweit ich mich erinnere, auf A.... Angelreisen (
nun, ich will nicht sagen "hereingefallen", aber irgendwie...), also "angesprungen" und hatte für die ganze Family Ebrodelta gebucht. Die Landschaft ist ja nicht soooo der Brüller (wobei das Hinterland, die Berge, nett sind), und überwiegend von Reisfeldern und einiger Industrie geprägt.
Zum Boot gab es eine Kurzanleitung dazu, die im Wesentlichen besagte, dass Palometta (das war der Zielfisch - es wurden tatsächlich jeden Tag ein paar ordentliche Exemplare gelandet) entweder mit lebender Meeräsche (ja, das war noch die nicht-so-gute alte Zeit...) am Schwimmer zu beangeln sei, wobei man sich die Fische (ebenfalls... so war das wohl früher) mit einem Drilling, der in Blei eingegossen war, aus den Schwärmen im Mündungsgebiet mit Pilkbewegungen herausriss. Die Äschen standen so gestapelt, dass das tatsächlich mit einem einzigen Wurf erledigt war. Oder man schleppte einen kleinen Barrakuda (ca. 30-40 cm), der an einer Simpel-Stahlvorfachmontage mit einem Einzelhaken durch die Kiefer und einem Drilling irgendwo im Schwanzbereich gesichert wurde (bin mir nicht sicher, ob außerdem noch eine Fixierung mit Draht erfolgte; das Stahlvorfach mit dem Drilling wurde meiner Erinnerung nach 1-mal um den Barrakuda geschlungen; das Ganze ohne weitere Beschwerung). Nach dem Fischen wurde der Barrakuda einfach wieder eingefroren.
Einige Zeit fischte ich gemeinsam mit einem vor Ort kennengelernten Angelkollegen, und wir hatten tatsächlich einige Male Palomettas unmittelbar am Boot, die sich unsere Meeräsche von nahe besahen, dann aber nicht zufassten. Diese Art hat wirklich ein ganz anderes Verhalten als Makrelenartige, die sich ja sonst eher blindwütig auf den Köder stürzen (oder eben nicht). Die Palometta scheint tatsächlich zu beobachten und zu überlegen. Auch die einheimischen Berufsfischer bringen der Art ziemlichen Respekt entgegen und erzählten mir, wie eine Palometta ruhig abwartet, wenn sie an einer Langleine hängt, und auf eine günstige Gelegenheit zum Freikommen wartet, während sich der Bluefish durch Dauerkampf selbst umbringt. Einmal machten wir mit dem Boot Halt, um eine Motoryacht vorbeizulassen, die zwei größere Kunstköder (da bin ich mir nicht mehr sicher) schleppte. Die Yacht passierte, und wir konnten die Köder oberflächennah vorbeiziehen sehen - und tatsächlich biss eine große Palometta, genau vor unserem Bug und wurde auch gelandet... Klar, dass wir ziemlich angefixt waren.
Kurz gesagt - wir fingen nichts, der andere Angler war wieder abgereist, und die zwei Wochen neigten sich dem Ende zu. Ich zog einsam meine frühmorgendlichen Bahnen mit dem Barrakuda im Schlepptau (der irgendwann natürlich ersetzt werden musste... auf dem Fischmarkt gab es keine, aber es gelang mir tatsächlich einen in passender Größe bei einer Hafenangelei selbst zu fangen) und verbrannte Sprit. Tja, und so kam der vorletzte Tag, ich schleppte parallel zum Strand auf die Ebromündung zu und bog gerade bei den Markierungsbojen seewärts ab, als fast meine Rute aus der Halterung geflogen wäre. Mein erster Gedanke war, dass ich die Kurve falsch angesetzt und eine der Bojen mit meinem Barrakuda erwischt hätte... aber nein, es war die ersehnte Lichia. Es folgte ein phantastischer Kampf, der Fisch raste nach unten, bis Bläschen aus dem Schlammboden aufstiegen, dann zog er wieder ins Weite... ich war gleichzeitig beschäftigt, bei ziemlicher Dünung und Mündungswellen das Boot unter Kontrolle und von den Bojen wegzuhalten... und nach dem Gaffen fiel auch schon der Haken aus den harten Kieferplatten... unheimlicher Dusel, endlich entschneidert, Anglerehre gerettet...!
Nun, der letzte Tag brachte dann noch ein paar Bisse von Bluefishes, die mir allerdings nach gewaltigen Sprüngen das Stahlvorfach kappten.
Ich habe hier mal das alte Foto abgelichtet... man erkennt wohl, was gemeint ist
Irgenwann demnächst muss ich auch mal wieder zum Angeln ans Mittelmeer; klar, viel schwieriger als Norwegen (obwohl ich mich da über die letzten Jahre ganz aufs Uferangeln bzw. "Rockfishing" konzentriert habe, das ist auch nicht so trivial), aber die Arten, die man fangen kann, sind einfach super spannend. Was ich vielleicht auch lohnend und für einen "Neu-Anfänger" bei einem Kurzurlaub umsetzbar fände, wäre ein Wintertripp zur Kopffüßer-Pirsch (Tipss willkommen!). Nicht wirklich vorstellen kann ich mir noch mal so einen Masochismus-Tripp, bei dem man tagelang erfolglos auf einen Traumfisch hofft...
Gruß,
Stefan