Immer das neueste Tackle fischen und ständig auf Firmenkosten in den geilsten Revieren der Welt angeln - so stellen sich viele das Leben als Teamangler vor. Die Realität sieht aber anders aus. Wir sagen Euch, was ein Teamangler wirklich macht und was von ihm erwartet wird.

Google spuckt rund 155.000 Ergebnisse aus, wenn man nach dem Begriff „Teamangler“ sucht. In Zeiten von Facebook, Instagram und Youtube ist die Zahl der Angler, die im Auftrag einer Firma ans Wasser gehen, sprunghaft gestiegen.
Teamangler Johannes Dietel fing diesen Hecht auf der WPC
In einem Forum werden unter dem Titel „Inflation der Experten“ über 250 Personen aufgelistet, die ihr Können zu vermarkten versuchen. Kein Wunder, dass eine der häufigsten Fragen, die ich als Angeljournalist gestellt kriege ist: "Wie werde ich Teamangler?" Ist ja auch geil: Immer das neueste Tackle fischen und in den geilsten Revieren der Welt angeln. Doch die Realität sieht anders aus.
Johannes Dietel kenne ich seit über 15 Jahren. Gemeinsam haben wir die ersten Schritte in der Angelbranche gemacht. Der 48-jährige lebt seit rund 18 Jahren seinen Traum. Er ist von Beruf – ja was eigentlich? Teamangler? Berufsangler? Egal - er ist jedenfalls einer der ganz, ganz wenigen hier in Deutschland, die tatsächlich vom Angeln leben können.


Traumjob Teamangler?
Teamangler Dietel mit Barsch.jpg
Hört sich nach Traumjob an, oder? „Definitiv ja“, sagt der Wahlberliner. „Aber Angeln allein reicht nicht. Dafür zahlt einem niemand was.“ Johannes steht seit einigen Jahre bei Shimano unter Vertrag. Die Firma ist ein Schwergewicht auf dem internationalen Angelmarkt. „Meine Aufgaben sind breit gefächert“, sagt Johannes. „Als Markenbotschafter bin ich auf Messen unterwegs, fülle den Shimano-Blog und stehe für Filme zur Verfügung. Darüber hinaus schreibe ich einen Teil der deutschen Katalogtexte.“ Neuerdings betreibt er auch sehr erfolgreich seinen eigenen Youtube-Kanal. Außerdem schreibt er regemäßig für Angelmagazine und betreibt sein Raubfisch-Forum www.barsch-alarm.de Ihr seht: Wenn Ihr als Teamangler Erfolg haben wollt, müsst Ihr breit aufgestellt sein und sehr fleißig sein.
Natürlich gehört auch das Angeln dazu, denn Ihr müsst ja über etwas berichten können. Bei Johannes - der davon lebt - kommen rund 120 Angeltage im Jahr zusammen. Ihr müsst Spaß daran haben, neue Produkte zu testen und vorzustellen. Heißt, im Zweifelsfall auf Bisse zu verzichten, um gute Film- oder Fotoaufnahmen zu bekommen. Oder auch mal Methoden und Köder zu testen, obwohl sie nicht gleich Erfolg bringen. Das ist nicht jedermanns Sache und Ihr müsst Euch ernsthaft fragen, ob Euch das der ganze Aufwand wert ist.

Verdienen Teamangler Geld?
Teamangler Dietel mit schönem Barsch.jpg
Bei der Frage lacht Johannes – und schweigt. Über Geld spricht er nicht. Mir persönlich ist aber kein Teamangler bekannt, der allein von der Firma soviel Geld bekommt, dass er davon leben kann. Meist gibt es außer ein bisschen Tackle gar nichts! Die Vorstellung, dass Firmen Teamangler einstellen dafür ein Gehalt zahlen, ist falsch! Wer also tatsächlich vom Angeln leben möchte, muss ein Sammelsurium an Tätigkeiten ausüben: Zum Beispiel Guiding, Artikel schreiben, etc. Das Teamangler-Dasein kann dabei höchstens ein Baustein sein.
Das bestätigt Frerk Petersen, Geschäftsführer von Zebco Europe (Quantum, Black Cat, Rhino, Browning, etc.). In ganz Europa hat er rund 400 Teamangler unter Vertrag, die die Firma in der Öffentlichkeitsarbeit und der Produktentwicklung unterstützen. Fast alle machen dies aus Leidenschaft und nicht, um Geld zu verdienen. Sie erhalten vergünstigte Einkaufsmöglichkeiten und mitunter auch ein gewisses Budget, für das sie sich mit Angelgerät eindecken können. Dies ist auch bei den anderen Firmen so – nur in sehr seltenen Ausnahmefällen wird ein kleiner Obolus gezahlt. Das macht deutlich: Die Tätigkeit als Teamangler kann höchstens ein Baustein auf dem Weg zur finanziellen Unabhängigkeit sein.
Die Möglichkeiten in der Angelbranche überschätzte auch Johannes anfangs. Der studierte Kommunikationswissenschaftler entschied sich nach dem Studium gegen die Karriere in einer PR-Agentur und für den schwierigen Weg in seinem Hobby. „Mir war klar geworden, dass mein Leben zu kurz für einen Schreibtisch-Job ist.“ Zunächst bewarb er sich bei den Geräteherstellern. „Ich dachte, da stecken große PR-Abteilungen mit mehreren Angestellten dahinter“, erinnert er sich. Die Realität sah und sieht anders aus. Also ging Johannes den Weg der Selbstständigkeit. Das war nicht immer einfach, doch bereut hat er den Schritt nie. „Ich darf Dinge erleben, über die ich im Agentur Alltag höchstens geschrieben hätte. Man muss aber breit aufgestellt sein, um über die Runden zu kommen.“ Also schreibt Johannes für Angelmagazine, gibt Seminare, betreut Angelreisen, betreibt die Community barsch-alarm.de und ist Teamangler bei Shimano. Ein Acht-Stunden-Job sieht definitiv anders aus. Angeln allein reicht eben wirklich nicht


Teamangler: Die wichtigsten Fragen

1. Welche Aufgaben hast Du als Teamangler?
Hersteller haben das Ziel, ihre Produkte zu verkaufen. Um das zu erreichen, verpflichten sie Teamangler. Die Aufgabe der Teamangler besteht also vor allem darin, die Produkte zu bewerben. Neudeutsch würde man wohl auch "Influencer" sagen. Das Bewerben kann auf viele Weisen geschehen. In Heft-Artikeln, Videos und Instagram und Facebook zeigen sie, wie man mit den Ruten, Rollen und Ködern möglichst erfolgreich dicke Fische fängt. Häufig sind auch eine gewisse Anzahl von Messeauftritten in den Vereinbarungen enthalten. Nur wenige Teamangler wirken übrigens aktiv an der Produktentwicklung mit.

2. Was verdienen Teamangler?
Meistens gar nichts! In der Regel erhalten die Teamangler ein gewisses Freibudget im Jahr und können darüber hinaus zu vergünstigten Konditionen einkaufen. Spesen für Messeauftritte werden in der Regel übernommen, aber Tagessätze gibt es dafür meistens nicht. Wenn Du also Teamangler werden willst, solltest Du das aus Freude und Überzeugung tun. Geld verdienen wirst Du damit eher nicht!

3. Was musst Du können, um Teamangler zu werden?
Eine Grundvoraussetzung ist, dass Du regelmäßig schöne Fische fängst. Das alleine reicht aber noch lange nicht! Du musst bereit sein, Deinen anglerischen Erfolg und Dein Wissen zu teilen. Dafür musst Du vor allen Dingen gute, ansprechende Fotos machen. Außerdem musst Du gerne und gut kommunizieren. Heißt, Du musst auf Messen mit den Menschen sprechen, Du musst Dich schriftlich gut ausdrücken können. Heutzutage ist es immer wichtiger, dass Du auch vor der Kamera drei Sätze geradeaus sprechen kannst;) Wenn Du dann auf Youtube, Facebook oder Instagram schon eine gewisse Zahl an Followern hast, macht Dich das für die Firmen besonders interessant.

4. Für wen kommt die Tätigkeit als Teamangler in Frage?
Zuerst musst Du von den Produkten der Firma, die Du vertreten willst, wirklich überzeugt sein. Ich glaube, dass man sehr schnell merkt, ob Du eine Rute, Rolle oder Köder nur anpreist, weil es Teil Deiner Aufgabe ist oder ob Du wirklich dahinter stehst. Merke: Der gute Ruf ist schnell ruiniert, das Internet vergisst nichts! Deine Aussagen, Fotos, Videos bleiben immer erhalten. Außerdem musst Du Spaß daran haben, mit anderen Anglern zu sprechen und Dein Wissen zu teilen. Ein dickes Fell, um blöde Kommentare in den Sozialen Medien wegzustecken, hilft. Wenn das auf Dich zutrifft, Du außerdem gerne Fotos und/oder Filme vom Angeln machst, kannst Du Dir überlegen, Dich als Teamangler zu bewerben.

5. Wie bewerbe ich mich als Teamangler?
Jetzt wird's knifflig, denn nur selten suchen die Firmen über Ausschreibungen/Anzeigen nach Teamanglern. Und eine Inititiativbewerbung bringt meistens nichts. Denn wie mir einige Marketing-Verantwortliche berichten, kommen so viele Anfragen rein, dass die mit dem Sichten nicht hinterherkommen. Erfolg versprechender ist es, wenn Ihr durch gute Arbeit auf Euch aufmerksam macht. Schreibt Artikel mit guten Fotos für Angelzeitschriften wie RUTE & ROLLE oder Plattformen wie ANGLERBOARD. Ihr habt einen guten Youtube-Kanal oder seid auf Facebook und Instagram aktiv? Wunderbar! Das ist ein Pfund, mit dem Ihr wuchern könnt. Meist werden die Marketing-Verantwortlichen über kurz oder lang auf Euch aufmerksam. Denn so viele gute Angler, die Ihr Wissen auch noch ansprechend vermitteln, gibt es nicht ...