30 Jahre auf dem Markt! Der frühere Chefredakteur Matthias Six warf zusammen mit Elmar Elfers einen Blick auf die bewegte Zeit Eures Angelmagazins RUTE & ROLLE.

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Elmar (links) arbeitete viele Jahre mit Matthias zusammen

Ich wusste, wenn ich etwas aus der Zeit vor meinem ersten Praktikum 1999 bei RUTE & ROLLE erfahren möchte, dann muss ich meinen langjährigen Chef Matthias besuchen. Und so sitze ich Ende August in seinem Garten und wir schwelgen in Erinnerungen. „Angefangen habe ich beim Jahr Top Special Verlag am 1. September 1993. Die Stammmannschaft bestand aus Chefredakteur Heinz Förster, Michael Szameit und Rainer Korn. Siegi Stümke kam 1. Januar 1994 dazu.“ Matthias fährt weiter fort und erzählt mir, dass seine angeljournalistischen Anfänge beim Jahr Verlag bei der AngelWoche starteten. Dort war er am Ende stellvertretender Chefredakteur. Bei RUTE & ROLLE musste er wieder als Redakteur beginnen. Am 1. März 1998 rutschte er dann an die Spitze und bekleidete das Amt des Chefredakteurs bei R&R bis 31. März 2015. Dazu übernahm er noch von Januar 2014 bis zum Ende den Posten des Verlagsleiters. „Wir haben viel bewegt. Lass mich überlegen: 1994 entstand Kutter & Küste als Sonderheft und der Tag der Meerforelle erblickte das Licht der Welt. Bis zu 600 Angler kamen zu Beginn nach Fehmarn! Ich vermisse die Veranstaltung mit den Lesern und Freunden der Redaktion.“ Er seufzt und nimmt einen Schluck Kaffee.

Sonderhefte

Weiter geht die Zeitreise. 1994 startete das R&R-Team mit Sonderheften. Hecht, Karpfen, Norwegen, Bootsangeln, Spinnfischen, Gummiköder und andere entstanden aus Sonderteilen in R&R, die zur besseren Übersicht noch mal zusammen herausgegeben wurden. Verschwistert war der Verlag zudem auch mit dem russischen Magazin aus Moskau Rybolov und ein reger Austausch fand mit Chefredakteur Andrey Golovanov statt. „Ach ja, 1997 ging die Homepage von R&R an den Start – als erstes deutsches Angelmagazin waren wir online vertreten.“

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Na, wer hat noch eines der alten Sonderhefte?

Die Anfänge

Mich interessiert, wie der Anfang Eures beliebten Angelmagazins aussah: „Jetzt schauen wir ganz weit zurück: 1990 kaufte Axel Springer im Zuge der Wiedervereinigung den ,Deutschen Sportverlag‘ aus Ost-Berlin. Neben Fußball- und Schach-Titeln gab es noch das Heftchen ,Der deutsche Angelsport‘ mit damals rund 160.000 Abonnenten.“ Eine heute schier unglaubliche Zahl. Und wie kam es zum legendären Namen? „Im Springergebäude saßen Journalisten der Bild und von anderen Magazinen sowie Mitglieder der Verlagsleitung zusammen und überlegten, was man so zum Angeln braucht. Und irgendeiner rief ins Brainstorming: ,Rute und Rolle‘. Großes Gelächter und der Titel war geboren. Harald Schmidt erwähnte in einem Programm damals sogar das Magazin in dem er sagte: ,Springer hat jetzt auch ein neues SM-Heft namens Rute & Rolle.‘ Super Werbung!“
Die Redaktion blieb der Alliteration treu und es folgten Kutter & Küste, FISCH & FLIEGE, FISCHE & FJORDE und JIG & JERK. Alle Sonderhefte entstanden aus Sonderteilen im Monatsmagazin. Gerade das Thema Norwegen ging mit FISCHE & FJORDE durch die Decke. Das bekamen natürlich auch die Mitbewerber spitz und weitere Titel oder Sonderhefte kamen auf den Markt. „Wenn ich so zurückblicke, gefällt mir heute noch JIG & JERK richtig gut. Es war ein frisches und anderes Layout, das ich damals mit dem früheren Layouter Tom Weber-Ude zusammengebastelt habe. Die direkte Zielgruppenansprache kam auch bei den Firmen sehr gut an. Interessanter Hintergrund: Jetzt waren Hersteller sogar bereit, Anzeigen nur für dieses Objekt zu gestalten.“ Wir schwelgen in Erinnerungen und ich bin erstaunt: „Du weißt ja noch echt viel. Und das in Deinem Alter“, witzle ich. „Es war ja auch eine lange Zeit und irgendwie sind es meine Babys. Im Herzen trage ich RUTE & ROLLE. Wobei aufgrund meines fischereilichen Interesses FISCH & FLIEGE sich auf Platz eins bei den Titeln positioniert.“ Ich habe nach dem Weggang von Siegi mit Matthias F&F zusammen erstellt und wir waren auf vielen Dienstreisen gemeinsam unterwegs. Spanien, Alaska, Schottland und auch Grönland bereisten wir. Doch gleich zu Beginn von Matthias´ Zeit bei RUTE & ROLLE erlebte er eine schier unglaubliche Reise nach Südafrika. Leider haben wir nicht mehr im redaktionellen Umfeld oder im Internet die Ausgabe gefunden, in der dieser Trip veröffentlicht wurde.

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Deutscher Angel Sport - das Vorgänger-Magazin von RUTE & ROLLE

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Farbfotos gab es damals nicht

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Glücksfund bei ebay. Elmar ersteigerte die letzte Ausgabe vom DAS

Heftentwicklung

Ich habe meinem alten Chef natürlich aktuelle Ausgaben mitgebracht. Wir blättern gemeinsam die Hefte durch und reisen noch einmal weit zurück. „Die digitale Fotografie machte vieles einfacher. Früher arbeiteten wir selten mit doppelseitigen Aufmachern. Der Schwerpunkt lag viel mehr auf dem Text. Selbst kurze Meldungen musste ich mehrmals schreiben. Chefredakteur Heinz Förster gab zu meiner Zeit folgende Ansage: Jeder Artikel beginnt mit einem kurzen Lauftext und dann werden noch mindestens drei Kästen plus dem eigentlichen Infokasten untergebracht.“ Heute vermisst Matthias manchmal die tiefgründigen Texte, erfreut sich aber an den qualitativ hochwertigen Fotos in den Angelmagazinen.
Wie sah es eigentlich mit der Technik aus? „Ich habe 1988 noch mit einer IBM Kugelkopfschreibmaschine angefangen und die Grafiker erstellten mit Klebelayout die Hefte,“ erinnert sich Matthias. Computer und Software waren ja nicht mit dem heutigen Standard vergleichbar. „Die Layouter drehten durch, als Apple Grafikprogramme rausbrachte. Da wurde alles ausprobiert und Regenbogenfarben oder Artikeltitel in Schlangenlinien erstellt. Aus heutiger Sicht sah das furchtbar aus. Bunt, wild und überlagert“, lacht Matthias.
Ohne die schnelle Informationsmöglichkeit durchs Internet, legten die Redakteure früher viel Wert auf lokale Nachrichten. Es gab einen sogenannten Ausschnittdienst, der aus allen deutschen Lokalzeitungen Meldungen sammelte, die Fischerei und Umwelt thematisierten. Praxis- und Angeltechnik-Artikel wurden mehr und der Newsbereich minimierte sich aufgrund der Möglichkeiten, sich im Netz zu informieren. Wobei aber auch der Leser den Wechsel zur mehr Themen rund um Köder, Techniken und Fische wollte. Das wurde bei den R&R-Leserumfragen deutlich. „Ich persönlich fand es schade und so manch ehemaliger Kollege belächelte mich. Mir kam einfach der Magazincharakter abhanden. Und das ganze Drumherum des Angelns fehlte und fehlt mir. Heute zielen die Inhalte fast nur auf Zentimeter und Kilos ab. Dass aber zum Beispiel ein schöner Sonnenaufgang, Vögel am Himmel, jagende Kleinbarsche und das Zusammensein mit Freunden beim Fischen ebenfalls zu einem tollen Angeltag gehören, sehen viele, gerade junge Angler, in der heutigen Zeit nicht mehr. Es sind leider zu viele ,Angelautomaten‘ unterwegs. Alles, was nicht Technik oder Praxis ist, rutscht ins Netz. Dadurch verlieren für mich die Hefte ein wenig an ihrer früheren Identität.“

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Matthias fand noch alte Papierbilder aus vergangenen R&R-Jahren. Einige wurden auch in R&R abgedruckt

Immer wieder Umzüge

Der erste Redaktionssitz war 1993 in der ABC-Straße in Hamburg. Von dort ging es direkt rüber zu Springer. Dann Auslagerung der Sporttitel in die Nebendahlstraße. Dort blieb die Redaktion bis zum Verkauf 2001 an die Möller Neue Medien Verlag Gmbh (Druckerei und Verlag in Ahrensfelde bei Berlin). Die Räume kenne ich auch noch. 1999 startete mein erstes Praktikum hier in Wandsbek. Damals noch dabei: Siegi Stümke, Rainer Korn, Tobias Norff, Markus Krall und Sven Klöer.
Die Pläne für das Gebäude in der Nebendahlstraße sahen so aus, dass Bild-Online einziehen sollte und R&R neue Räume brauchte. Matthias blieben damals nur drei Woche Zeit. „Da perlte mir der Schweiß von der Stirn. Ganz neue Räume in Hamburg, für eine komplette Redaktion, schnellstmöglicher Umzug. Dann kam unser Lithograph, Klaus Dreyer, ins Spiel. Aufgrund einer Verkleinerung seiner Firma wurde Platz im Heidenkampsweg frei.“
Matthias erster Gang mit einem Maurer endete in einem großen Raum ohne Wände. Der Plan: Hinten zwei Räume, einer mit Grafik und auf der anderen Seite das Fotostudio, dann eine Großraumredaktion, eine kleine Küche vor den Toiletten und um die Anzeigenabteilung unterzubringen, wurde noch der Flur geteilt und zwei Räume geschaffen. Die Skizze entstand in einer guten Stunde und die darauffolgenden Tage wurde Hand angelegt. Der Umzug war eine Punktlandung. Nachts vor dem Einzug trocknete noch die Farbe. Die Räume nutzte die Redaktion von 2001 bis 2009. Dann folgte der letzte Umzug in den Hellgrundweg. 330 Quadratmeter wurden für die Bedürfnisse angepasst: Fotostudio, Anzeigenabteilung, Konferenzraum und so weiter. Matthias erhielt jetzt das erste Mal sein eigenes Zimmer. Vorher saß er immer zusammen mit den anderen Kollegen im Großraumbüro. „Tja, das waren heiße Zeiten, wenn Wechsel anstanden. Aber eigentlich wollten die Berliner (so nannten wir den Verlag in Ahrensfelde) uns am liebsten in den ,blauen Würfel‘ (Gebäude auf dem Druckereigelände) holen. Das konnte ich erfolgreich abwenden.“ Ende 2015 zog die Mannschaft ins Homeoffice und seit April 2017 gehören wir zum MuP Verlag aus München. Das Team arbeitet weiterhin von zu Hause, die Titel sind geblieben und zum Portfolio gesellten sich das ANGLERBOARD und unser YouTube-Kanal ANGLERBOARD TV.

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Na, alle Gesichter erkannt? Christian, Tobias, Jesco und Elmar in den Räumen im Hellgrundweg

Steuer in der Hand

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Siegi kann nicht nur mit der Fliegenrute umgehen. Hier war er beim jährlichen "Redaktionswochenende" erfolgreich

Ich frage Matthias nach den ehemaligen Weggefährten. Klar, dass er auch dazu einiges erzählen kann. Chefredakteure waren Peter David, dann übernahm der stellvertretende Chefredakteur Schnitzer von der „Welt“, darauf folgte Heinz Förster und anschließend Matthias. Später hielten Tobias Norff und Arnulf Ehrchen als Doppelspitze die Magazine im Fahrwasser. Arni übernahm nach Tobis Ausscheiden die Führung. Dann holten die Berliner Georg Baumann ins Team. Nach seinem Weggang im September 2020 rutschte ich auf den Posten.
Und wie entwickelte sich die Redaktion personell? Volontariate sind ja im Special Interest-Bereich selten. Tobi kam mit 16 direkt von der Schule dazu, dann Markus Krall, Sven Klöer, Arnulf Ehrchen und ich. Danach stießen Christopher Paschmanns, Jesco Peschutter, Christian Siegler und Timo Keibel zu uns. Ein verkürztes Volontariat absolvierte Carsten Scharf, da er kurz vor Ende eine Stelle als Lehrer erhielt. Ziel war eigentlich die Unterstützung von Siegi bei FISCH & FLIEGE. Und die Anzeigenabteilung? „Alles begann mit Bernd Kruse und Christine Höhn. Im Heidenkampsweg kam Ruth Kuon dazu und nach Bernds Weggang Holger Bente. Kurzzeitig war noch Ariane dabei, deren Nachname mir aber entfallen ist.“ Nach Matthias Wechsel zum Blinker unterstützten Patrick und Dennis Virkus die Anzeigenabteilung, Holger Bente wurde Online-Manager. Den Kleinanzeigenmarkt übernahm Hartmut Mautsch anstelle von Ruth Kuon und Cord Schumann rutschte auf den Stuhl des Anzeigenleiters.
Heute hält Tobias Aistleithner den Kontakt zu den Anzeigenkunden, Rebecca Hoffmann ist für den Online-Bereich verantwortlich und Ratchaniwan Klautke ist beim Layout federführend. Für die redaktionellen Inhalte in den Magazinen und auf dem ANGLERBOARD sind Jesco Peschutter, Timo Keibel, Christian Siegler und ich verantwortlich.
„Ja, es hat sich viel in den 30 Jahren getan und verändert. Viele Stationen der Redaktion und noch mehr Namen, die Magazine schauen auf eine bewegte Vergangenheit. Bleibt gesund, fangt was und habt weiterhin viel Spaß mit dem R&R-Team“, beendet Matthias unsere Zeitreise. Dem ist auch von meiner Seite nichts hinzuzufügen.

Hinweis: In der aktuellen Ausgabe 01/21 findet Ihr ein Gewinnspiel im Rahmen der Jubiläumsseiten. Hauptpreis: eine Reise für vier Personen nach Norwegen!